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Ausgeträumt

Ausgeträumt

Titel: Ausgeträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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und sah, daß mein Glas noch unberührt war. Ich änderte das. Die Guten sterben alt, dachte ich. Dann saß ich nur noch da.
»Hey, Jenkins«, sagte jemand, »deine Freunde sind ja alle weg. Wo sind sie denn hin, deine Freunde?«
Es war der dräuende Typ. Der war immer noch da.
»Was trinkst du?« fragte ich ihn.
»Cola-Rum.«
Ich winkte den Kellner an den Tisch. »Zwei Cola-Rum«, sagte ich. »Eins für mich und eins für den da.«
Die Drinks kamen. Der Kerl trank seinen in der Nische, und ich blieb mit meinem am Tisch.
Jetzt hörte ich die Sirenen. An dem Tag, wo du sie nicht mehr hörst, kommen sie wegen dir.
Ich trank aus, ließ mir die Rechnung geben, zahlte mit Kreditkarte, gab 20 % Trinkgeld und verzog mich.

28
    Im Büro legte ich am nächsten Tag die Füße auf den Schreibtisch und genoß eine gute Zigarre. Ich fand, daß ich ein voller Erfolg war. Ich hatte einen Fall gelöst. Zwei Klienten verloren, aber einen Fall gelöst. Nur war die Tafel noch nicht blank. Der Red Sparrow stand noch drauf. Die Sache mit Cindy Bass. Hal Grovers und Jeannie Nitro, die Außerirdische. Meine Gedanken wanderten zwischen Cindy und Jeannie hin und her. Eine angenehme Beschäftigung. Jedenfalls besser, als auf Wildenten ansetzen und drauf warten, daß sie endlich losflattern.
    Dann kam ich auf Probleme und wie man im Leben damit fertig wird. Leute, die Probleme lösten, hatten gewöhnlich eine Menge Beharrlichkeit und einiges Glück. Wenn man lange genug dranblieb, stellte sich das Glück oft von selbst ein. Die meisten verstanden es nicht, auf das Glück zu warten, und gaben irgendwann auf. Nicht Belane. Der machte nicht schlapp. Der war erste Sahne. Zu allem bereit. Vielleicht ein bißchen faul. Aber raffiniert. Ich zog die obere rechte Schublade auf, holte die Wodkaflasche raus und genehmigte mir einen Hit. Auf den Sieg. Der Sieger macht Geschichte, und die reizenden Jungfrauen himmeln ihn an …
    Das Telefon klingelte. Ich nahm ab. »Belane.«
    »Denk nur nicht, daß du mich los bist«, sagte die Dame am anderen Ende. Es war Lady Death.
»Sag mal, Baby, können wir nicht ’n Deal machen?«
»Das hat es noch nie gegeben, Belane.«
»Ist doch kein Grund. Tun wirs einfach.«
»Nichts zu machen, Belane.«
»Na gut. Wie wärs, wenn du mir ein Datum gibst, verstehst du … einen T. T.«
»Was ist das denn?«
»Todestag.«
»Wozu soll das gut sein?«
»Damit ich mich drauf einstellen kann, Lady.«
»Das sollten Menschen sowieso.«
»Tun sie aber nicht, Lady. Sie vergessen es. Sie ignorieren es. Oder sie sind einfach zu dumm, um daran zu denken.«
»Das kümmert mich nicht, Belane.«
»Kümmert dich überhaupt was?«
»Mein Job.«
»Mich auch, Lady. Mein Job.«
»Na bitte. Gut für dich, Dicker. Ich wollte dir mit diesem Anruf nur sagen, daß ich dich nicht vergessen habe …«
» Vielen Dank, Lady. Damit hast du mir echt den Tag versüßt.«
»Bis später, Belane …«
Sie legte auf.
Immer ruiniert dir jemand den Tag. Wenn nicht das ganze Leben. Ich drückte die Zigarre aus, setzte meinen Derby auf, schloß das Büro ab und fuhr mit dem Lift nach unten. Vor dem Gebäude blieb ich stehen und sah ihnen zu, wie sie alle herumliefen. Mir wurde flau im Magen. Ich ging einen halben Block und setzte mich in der Pinte da unten – The Eclipse – an die Bar. Ich mußte meinen Grips anstrengen. Ich hatte Fälle zu lösen und wußte nicht, wo ich anfangen sollte. Ich bestellte mir einen Whiskey Sour mit einem Bier hinterher. Eigentlich hätte ich mich am liebsten irgendwo hingelegt und ein paar Wochen geschlafen. Alles setzte mir zu. Früher war es noch aufregend gewesen. Nicht sehr, aber wenigstens ein bißchen. Interessiert euch wahrscheinlich nicht. Drei Ehen, drei Scheidungen. Zum Sterben geboren. Und darauf gefaßt. Und jetzt? Nichts zu tun, als Fälle zu lösen, die kein anderer wollte. Nicht für sechs Dollar die Stunde. Ganz am Ende der Bar saß einer, und ich wußte einfach, daß er mich angaffte. Bis auf den Barkeeper und mich war niemand im Lokal. Ich trank aus, beorderte den Barmann zu mir und bestellte nochmal dasselbe. Er hatte eine Menge Haar im Gesicht.
»Dasselbe, hm?« sagte er.
»Ja – aber diesmal stärker.«
»Für den gleichen Preis?«
»Tun Sie Ihr möglichstes«, sagte ich.
»Wie soll ich das verstehn?«
»Das wissen Sie nicht?«
»Nee.«
»Na, dann denken Sie mal drüber nach, während Sie meinen Drink machen.«
Er schob ab.
Der Typ am Ende der Bar machte sich jetzt bemerkbar. Er winkte mir zu und schrie: »Wie

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