Ausgeträumt
aus dem Ascher, brannte ihn an, machte einen Zug und würgte.
Dann griff ich nochmal zum Telefon und wählte Célines Nummer.
Am anderen Ende läutete es viermal, dann hörte ich seine Stimme.
»Ja?«
»Sir, sie haben eine Zwei-Pfund-Schachtel Pralinen und eine Reise nach Rom gewonnen.«
»Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber kommen Sie mir ja nicht dumm!«
»Hier ist Nick Belane …«
»Dann nehm ich die Pralinen.«
»Wir treffen uns morgen mittag um halb drei bei Musso’s.«
»Warum?«
»Laß dich einfach blicken, Frenchy, und du bist deine Probleme los.«
»Geht die Rechnung auf dich?«
»Ja.«
»Dann komm ich.«
Er legte auf.
Niemand sagte noch »Wiedersehn«. Nicht in unserer Welt. Ich beäugte die Flasche Sake. Und machte mich darüber her.
27
Es war viertel vor zwei. Ich hatte bei Musso’s einen Tisch ergattert und einen Wodka-Seven vor mir stehen. Celine und Lady Death sollten sich in wenigen Minuten zum erstenmal begegnen. Zwei meiner Klienten. Die Geschäfte gingen gut. Die Frage war nur, wohin sie führten.
In der Nische auf der anderen Seite saß einer, der mich anstarrte. Es gibt Leute, die starren einen an wie Kühe, und es ist ihnen gar nicht bewußt. Ich trank einen Schluck, und als ich das Glas absetzte, starrte er immer noch herüber. Ich geb ihm zwei Minuten, dachte ich, und wenn er bis dahin nicht aufgehört hat, knöpf ich ihn mir vor.
Nach einer Minute und fünfundvierzig Sekunden stand er auf und ging auf meinen Tisch zu. Ich tastete nach der Waffe im Schulterhalfter. Steckte. Der beste Riemen, den ein Mann haben konnte. Der Kerl sah aus wie ein Parkwächter. Oder ein Zahnarzt vielleicht. Er hatte einen häßlichen Schnurrbart und ein falsches Lächeln. Oder war es ein falscher Schnurrbart und ein häßliches Lächeln? Am Tisch blieb er stehen und sah dräuend auf mich runter.
»Hör zu, Mann«, sagte ich, »tut mir leid, aber ich hab keine losen Münzen dabei.«
»Ich will Sie nicht anbetteln«, sagte er. Er machte mich nervös. Er hatte Augen wie ein toter Fisch.
»Wo drückt denn dann der Schuh?« erkundigte ich mich.
»Haben sie dich aus dem Motelzimmer geschmissen?«
»Nee«, sagte er, »ich wohn bei meiner Mutter.«
»Wie alt bist du?«
»Sechs’nvierzig.«
»Ist ja krank.«
»Nee, sie isses. Kann das Wasser nicht mehr halten. Gummiwindeln und der ganze Scheiß.«
»Oh«, sagte ich, »das tut mir leid.«
»Mir auch.«
Er dräute weiter vor sich hin.
»Tja«, sagte ich, »ich weiß nicht, was ich da machen kann.«
»Sie können nichts machen.«
Ich trank mein Glas aus.
»Ich hab Sie bloß …«, sagte er, »… was fragen wollen.«
»Na gut, dann tu’s doch.«
»Sind Sie nicht Spike Jenkins?«
»Wer?«
»Spike Jenkins. Aus Detroit. Sie ham im Schwergewicht geboxt. Ich hab Ihren Kampf gegen Tiger Forster gesehn. Einer der größten Fights, die ich je erlebt hab.«
»Wer hat gewonnen?« fragte ich.
»Tiger Forster.«
»Ich bin nicht Jenkins. Geh zurück und hock dich wieder hin.«
»Sie verarschen mich wirklich nicht? Sie sind nicht Spike Jenkins?«
»Nie gewesen.«
»Na, ich will verdammt sein …«
Er drehte sich um, ging zurück in seine Nische und hockte sich hin. Wie ich ihm gesagt hatte.
Ich schaute auf die Uhr. Punkt halb drei. Wo blieben die beiden?
Ich winkte den Kellner heran und bestellte noch mal dasselbe …
Fünf nach halb kam Celine. Er blieb einen Augenblick stehen und schaute durchs Lokal. Ich spießte meine Serviette mit einer Gabel auf und winkte damit. Er kam an den Tisch und setzte sich.
»Ich nehme einen Scotch mit Soda«, sagte er. Sein Timing war gut. Der Kellner brachte gerade meinen zweiten Drink. Ich gab die Bestellung an ihn weiter.
Ich trank meinen Wodka runter und fühlte mich seltsam unbeteiligt. Als ginge mich alles nichts an – Lady Death, Celine, der Tod. Der Beruf hatte mich ausgelaugt. Ich hatte keinen Ehrgeiz mehr. Das Leben war nicht nur absurd, es war pure Knochenarbeit. Wenn man sich nur vorstellte, wie oft man in einem Leben frische Unterwäsche anzog. Erschreckend. Ekelhaft. Stupid.
Auf einmal stand der Kerl aus der Nische wieder da. Diesmal wollte er was von Celine.
»Hey, der Typ da bei Ihnen am Tisch – ist das nicht Spike Jenkins?«
Celine schaute zu ihm hoch. »Wenn Sie heile Eier behalten wollen, Sir, dann gehn Sie bitte schnellstens weg.«
Der Kerl verzog sich.
»Also«, sagte Celine, »warum bin ich hier?«
»Ich werde dich mit Lady Death bekannt machen.«
»Aha. Der Tod ist also eine Lady, wie?«
»Manchmal …«
Sein Drink kam.
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