Ausgeweidet (German Edition)
nicht zugetraut.
»Danke für das Kompliment.«
»Oder war es Ihre Frau?«
›So klopft man also die Familienverhältnisse ab.‹ In diesem Moment klingelt das Telefon.
»Die Waffen von Frau Wagner sind hier«, lässt Flemming verlauten.
Sichtlich erleichtert, seinen unliebsamen Gast wieder loszuwerden, bittet Clemens sie, ihm zu folgen.
»Sehr schön, dass es bei Ihnen doch so zügig zugehen kann. Und danke auch für den Kaffee, den Sie mir nicht angeboten haben. Beim nächsten Mal gern, heute muss ich aber sofort im Anschluss an unsere Transaktion zum Flughafen. Eine Bekannte von mir, Mia, kommt aus Rom zu Besuch.«
»Wann kommt sie denn an?«, fragt Clemens aus Rainer Höflichkeit.
»In zwanzig Minuten.«
»Das schaffen Sie spielend. Bis Ihre Freundin ihr Gepäck hat und durch den Zoll ist, dauert es mindestens noch eine halbe Stunde.«
»Nein, mein Lieber. Sie kommt mit einer Privatmaschine, und der Fahrdienst steht auch schon bereit.«
Clemens kann sich erneut ein Lächeln nicht verkneifen.
Trotz der Eile öffnet Erika Wagner die Tasche und mustert ihre Gewehre. »Wie sehen die denn aus! Herr von Bühlow, da hätte ich Ihren Leuten aber deutlich mehr Sauberkeit zugetraut. Jetzt kann ich die Waffen wieder reinigen. Und die technische Überprüfung, die ich offensichtlich machen muss, stelle ich Ihnen auch in Rechnung.« Clemens betrachtet die Waffe, die Erika Wagner ihm direkt vor die Nase hält. Ihre Aufregung kann er nicht nachvollziehen und schweigt. Doch die Taktik greift nicht. Während sie den Empfang der Waffen quittiert, ergießt sich ein wahrer Redeschwall über ihn.
»Man würde doch erwarten können, dass Polizisten, die im Umgang mit Waffen geübt sind, für die gepflegten Waffen anderer mehr Sorgfalt aufbringen. Ich erwarte eine Entschädigung für diesen schlampigen Umgang, und auch dafür, dass Sie mich, eine Unschuldige, verdächtigt haben. Auch wenn diese Anekdote meinem Ruf einen Hauch Abenteuer verleiht.«
Clemens reißt der Geduldsfaden.
»Noch sind Sie nicht aus dem Rennen«, erwidert er scharf.
Doch damit kann er die selbstbewusste Frau in keinster Weise beeindrucken. Sie packt ihre Gewehre zusammen, dreht sich um, verlässt wütend das Büro und knallt die Tür so fest zu, dass Flemming zusammenzuckt.
»Was war das denn?«
»Darf ich vorstellen: Erika Wagner, Jägerin aus Leidenschaft.« Schon verlässt Clemens mit den Worten: »Mist, schon so spät«, das Büro. Schnell schnappt er sich seinen Mantel, läuft die Treppe herunter und nimmt zwei Stufen auf einmal. Auf dem Hof steigt er in seinen Porsche. Als er auf die Straße einbiegt, sieht er Erika Wagner schimpfend in ihr Taxi steigen.
»Du warst auch schon mal pünktlicher«, begrüßt ihn Maria Esser, die auf der Parkstraße auf und ab gegangen ist und verfroren aussieht. Auf dem Weg zu Freiherr von Clausen erzählt Clemens von seinem Gespräch mit Kreutz, dem filmreifen Auftritt von Erika Wagner und von seinem Kontakt zum Express . Maria, die auch die Tageszeitungen durchgesehen hat, ist ebenfalls beunruhigt.
»Dass die nicht kapieren, dass sie unsere Ermittlungen erheblich gefährden, und dann noch das Foto von Sieglinde Frank. Auch wenn in der Bildunterschrift ihr Name nicht erwähnt und das Bild verpixelt ist, kann auch der Dümmste den Zusammenhang herstellen.«
»Das wird Konsequenzen haben, da kannst du sicher sein. Pia Cremer wird juristische Schritte einleiten.« Clemens fingert eine Zigarette aus seiner Packung, und Maria kurbelt das Fenster herunter. Nachdem er einen langen Zug genommen hat, versucht er, nicht nur Maria, sondern auch sich selbst zu beruhigen:
»Kreutz, Cremer und Mönnekes werden die Wogen hoffentlich glätten und zu einem zufriedenstellenden Ergebnis kommen. Hauptsache, wir können ermitteln, ohne dass eine Hysterie ausbricht.«
Bis zu Freiherr von Clausen brauchen sie eine halbe Stunde, denn er wohnt in einer kleinen Villa in Wittlaer im äußersten Norden von Düsseldorf am Max-Clarenbach-Weg mit direktem Blick auf den Rhein. Von Clausen öffnet mit einer Serviette in der Hand die Tür. Überrascht begrüßt er den unangemeldeten Besuch und bittet beide herein. Er frühstücke noch, denn mit seniler Bettflucht habe er nichts am Hut, bemerkt er schmunzelnd. Er genieße es schon seit Jahren, abends spät ins Bett zu gehen und morgens länger zu schlafen. Der Freiherr macht auf Anhieb einen sympathischen Eindruck, obwohl ihn eine gewisse Arroganz umgibt. Er ist etwa 1,85 Meter groß,
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