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Ausgeweidet (German Edition)

Ausgeweidet (German Edition)

Titel: Ausgeweidet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Lamberts , Annette Reiter
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schlank, ein gut aussehender 80-Jähriger, braun gebrannt, mit schlohweißem, dichtem Haar.
    Nachdem sie am Esstisch Platz genommen haben und durch die Panoramascheibe auf den Rhein blicken, fragt Maria, ob er hier allein wohne. Er lächelt traurig.
    »Meine Frau ist vor fünf Jahren gestorben. Seitdem lebe ich allein. Frau Bleibtreu, meine Haushälterin, kommt jeden Morgen, macht Frühstück, kauft ein und kocht.«
    Auf den Sonntag angesprochen, bestätigt er die gemeinsame Jagd mit Erika Wagner und zwei Freunden. Sie waren früh aufgebrochen, brachten fünf bis sechs Stunden im Wald zu und aßen anschließend in einem Restaurant zu Mittag. Danach waren sie wieder zurück nach Düsseldorf gefahren.
    »Ist Ihnen an Erika Wagner etwas aufgefallen?«
    »Worauf wollen Sie hinaus, junger Mann?«, pariert von Clausen.
    »War sie wie immer oder eher nervös?«
    »Ich würde sagen, wie immer, sehr konzentriert, sehr professionell, liebenswürdig. Ihr bisweilen bissiger Humor verschlägt einem immer noch die Sprache. Diesmal war sie zwischenzeitlich zornig auf sich selbst. Sie kann weder beim Kartenspielen verlieren, noch kann sie es hinnehmen, wenn sie danebenschießt.«
    »War das diesmal der Fall?«, fragt Maria nach.
    »Ja. Ich kenne sie als exzellente Schützin, doch Sonntag wollte ihr nichts gelingen. Wissen Sie, das ist ja nicht der Rede wert, das kann jedem geübten Jäger passieren, aber in unserem Alter setzt einem das schon zu. Man denkt dann gleich, es liegt am Alter, dass man Fähigkeiten verliert; das macht manche traurig und Erika eben wütend.«
    »Machen Sie solche Jagdausflüge häufig?«, will Clemens wissen.
    »Früher waren wir aktiver. In den letzten Jahren haben wir es reduziert und gehen drei- bis viermal im Jahr gemeinsam auf die Jagd. Warum wollen Sie das wissen?«
    Von Clausen ist keineswegs naiv. Als Geschäftsmann hat er sich früher immer offen und gesprächig gegeben. Wenn sein Gegenüber dann die Einschätzung gewonnen hatte, es ließe sich leicht mit ihm verhandeln, überrumpelte er ihn und zwang ihm seine Strategie auf. Clemens erklärt von Clausen kurz, dass sie sich gerne ein umfassendes Bild von der Persönlichkeit Erika Wagners machen wollen, und dazu gehören auch ihre Aktivitäten als Jägerin. Ehe von Clausen das Wort ergreifen kann, fragt Maria schon:
    »Wer legt die Termine fest?«
    »Wir besprechen das meist direkt nach der Jagd beim Essen.«
    »Und wer regte die letzte Jagd an?«
    »Das kann ich Ihnen nicht mehr sagen, vielleicht war es Erika. Ich erinnere mich, dass sie meinte, im November müssten wir uns nochmals aufmachen, da der Dezember ihr zu kalt werden könnte.«
    Der Hauptkommissar hat noch eine Frage zu den Waffen. Er selbst sei ja kein Jäger, deshalb möge von Clausen bitte die unqualifizierte Frage entschuldigen, aber nach welchen Kriterien suche der Jäger die Waffe für die jeweilige Jagd aus?
    »Das kommt ganz darauf an, was man bejagen will, ob beispielsweise Federwild, Rotwild oder Schwarzwild. Dann hat jeder Jäger natürlich auch seine Lieblingswaffe.«
    »Und was wollten Sie Sonntag schießen?«
    »Schwarzwild, dafür braucht man eine Büchse.«
    »Was für Waffen hat Frau Wagner?«
    »Sie wollen es aber ganz genau wissen, jetzt sagen Sie nicht, das sei nur Routine.«
    »Wir müssen leider oft Fragen stellen, die abwegig erscheinen, aber nur so können wir ein Puzzleteilchen nach dem anderen zusammensetzen«, erklärt Maria.
    Der Gesichtsausdruck von Clausens bleibt amüsiert, er nimmt der Hauptkommissarin diese Ausrede keineswegs ab, und das soll sie auch sehen.
    »Mit absoluter Gewissheit kann ich das nicht sagen. Soviel ich weiß, hat sie zwei Flinten und eine Büchse. Das reicht vollkommen aus. Lieber Qualität als Quantität, denn wir sind Jäger aus Leidenschaft und keine Waffennarren.« Der Freiherr wirkt nun doch etwas ungehalten, erhebt sich und gibt so zu erkennen, dass das Gespräch beendet ist.
    Auf der Rückfahrt zeigt sich Maria enttäuscht von der Befragung, doch Clemens wirkt zufrieden. Immerhin haben sie einiges über Erika Wagner erfahren.
    Die Kollegen sind mittlerweile bis auf Sonja Melchior wieder eingetroffen. Sie hat sich per Handy gemeldet und braucht noch Zeit für die Befragung von Sentas Freundin Jutta Schmittmann, da die Unterredung mit Pascal Schmitz vom Petit Salon mehr Zeit in Anspruch genommen hat als gedacht. Bevor Clemens alle zur Besprechung bittet, schaut er bei Kreutz vorbei, der gerade von der Pressekonferenz kommt. Die

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