Ausgeweidet (German Edition)
geholt hat. Sie schüttelt den Kopf, er schiebt sich eine Handvoll davon in den Mund.
Schwarzbachtal. Während der gesamten Fahrt zurück nach Düsseldorf wird kein Wort gesprochen. Florian fährt, und Christian sitzt neben Michael Schneider auf dem Rücksitz. Christian auf der Heide betrachtet ihn, Schneider sieht nach vorne. Immer wieder zuckt sein rechtes Augenlid. ›Komisch, den Tick hatte er bei der ersten Befragung noch nicht.‹ Obwohl die Temperaturen im Auto eher kühl als warm sind, läuft Schneider der Schweiß hinunter. Immer wieder fährt er sich über das Gesicht und wischt sich dann den Handrücken an der Hose ab. Er wirkt sehr blass, und seine Augen sind von tiefen, dunklen Rändern umgeben.
Trotz des ruhigen Verkehrs brauchen sie eine halbe Stunde bis zum Präsidium. Auf der Heide ist sichtlich erleichtert, als er Clemens und Rainer Steinbeißer sieht, die am Eingang warten. Zuvor haben sich die beiden kurz abgesprochen, denn sie wollen die Befragung zusammen durchführen. Steinbeißer schaut kurz auf seine Armbanduhr und nickt Clemens zu. Inzwischen dürfte der Parkplatz im Schwarzbachtal in helles Licht getaucht sein.
Die Befragung von Schneider ist das reinste Desaster. Obwohl Steinbeißer und von Bühlow ihn geschickt in die Mangel nehmen, bleiben ihre Fragen unbeantwortet. Die einzige Aussage, zu der er sich hinreißen lässt und die er immer wieder mechanisch wiederholt, lautet:
»Ich liebe Spaziergänge in der Nacht im Wald.«
Steinbeißers Handy klingelt. Umständlich fischt er es aus der ausgebeulten Hosentasche seiner Jeans und verlässt den kleinen Besprechungsraum. Die Spurensicherung informiert ihn: Der Wagen gehört dem vermissten Richard Hausmann und scheint schon mehrere Tage auf dem Parkplatz zu stehen. Sonst gibt es noch keine Erkenntnisse.
Mit angespanntem Gesichtsausdruck kehrt Steinbeißer zurück. »Herr Schneider, ich muss Sie davon in Kenntnis setzen, dass sich die Verdachtsmomente gegen Sie verdichten. Ihnen wird zur Last gelegt, an der Entführung von Richard Hausmann beteiligt zu sein.«
Doch auch diese Anschuldigung veranlasst Schneider zu keiner Reaktion. Entnervt und müde lässt Steinbeißer Schneider in Gewahrsam nehmen.
»Verstehst du das?«, fragt er kurz darauf Clemens.
»Zwei Fälle, in denen ein und dieselbe Person sich verdächtig macht. Könnte sein, dass hier irgendein Zusammenhang besteht.«
»Auf jeden Fall lasse ich morgen, nein, heute bei Sonnenaufgang den Wald mit Spürhunden absuchen. Ist doch kein Zufall, dass der Wagen da steht und Schneider sich mitten in der Nacht dort herumtreibt.«
»Was ist eigentlich in dem Rucksack, den Schneider bei sich hat?«, fragt Clemens.
»Nichts, leer. Schlüssel, Geldbörse und andere persönliche Gegenstände haben die Kollegen in seiner Jacke gefunden.«
»Merkwürdig, ein leerer Rucksack. Würde das nicht bedeuten, dass er etwas in den Wald gebracht hat?«
Es ist schon vier Uhr morgens, als von Bühlow nach Hause geht. Am liebsten würde er noch irgendwo ein kühles, frisch gezapftes Pils trinken, doch auch im Szeneviertel Hafen sind längst alle Bars und Restaurants geschlossen. Vielleicht ist ja noch ein Schluck im Kühlschrank. Ein Glas würde ihm helfen, zu entspannen und die genügende Bettschwere zu bekommen.
18.
Donnerstag früher Morgen Schwarzbachtal. Fünf große Scheinwerfer leuchten das Terrain am Parkplatz aus. Gleichzeitig formieren sich eine Hundertschaft der Polizei, alle mit langen, dünnen Eisenstangen ausgestattet, und sechs Hundeführer mit ihren Flächensuchhunden. Schon bald werden sie in langer Reihe in den Wald hineingehen und systematisch das Gebiet absuchen. Hauptkommissar Steinbeißer hat mit dem Einsatzleiter alles abgesprochen. Sie haben sich darauf verständigt, zusätzlich einen Hubschrauber mit Wärmebildkamera und Spezialscheinwerfern einzusetzen.
Die aufgehende Sonne taucht den schwarzgrauen Himmel in ein bizarres Licht. Die Nebelschwaden verwandeln die Luft in einen feuchten Schleier. Die letzten Wochen waren für die Jahreszeit außergewöhnlich warm, doch seit wenigen Tagen ist es nachts deutlich kühler geworden. Raureif bedeckt den Boden, und die meisten Männer und Frauen des Suchtrupps haben Handschuhe übergezogen. Ungeduldig warten sie auf ihren Einsatz.
Als die Truppe endlich abmarschiert, steigt hinter ihnen der Polizeihubschrauber auf. Die Situation wirkt gespenstisch. Der Lärm der rotierenden Flügel zerreißt die Stille. Der konturlose, dunkle Koloss
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