Ausgeweidet (German Edition)
Erbarmen.«
»Nein, nein. Wir würden uns sehr freuen«, erwidert Irma, die sichtlich Gefallen an dem gut aussehenden Hauptkommissar gefunden hat.
Clemens kann sich ein Grinsen nicht verkneifen, auch wenn ihm gerade nicht nach einem charmanten Geplänkel zumute ist.
Die Kommissare verabschieden sich. Clemens bittet Frau Wagner, am nächsten Tag ins Präsidium zu kommen.
Sie schüttelt den Kopf: »Sie geben wohl immer noch nicht auf. Sie sind ein schlechter Verlierer, junger Mann, daran sollten Sie arbeiten.«
Schon biegt Vittorio mit dem Menü um die Ecke.
»Was denkst du?«, fragt Maria.
»Ich war mir so sicher. Aber wenn Schoeller uns morgen nichts bieten kann, dann müssen wir von vorn anfangen.«
21.
Samstag früher Morgen Polizeipräsidium. Kurz vor sieben betreten Maria und Clemens das Präsidium.
»Ich bin mal gespannt, wie die Befragung von Erika Wagner heute verläuft«, begrüßt Maria Clemens.
»Mich interessiert vielmehr, ob Schoeller uns etwas Neues sagen kann«, erwidert Clemens. »Kommst du mit?«
Der Pförtner wünscht wie immer einen guten Morgen und betätigt den Summer. Clemens stößt die Tür aus bruchsicherem Glas auf und lässt Maria den Vortritt.
Schon steuert er auf die Aufzüge zu, die zu den Labors fahren. Nachdem sie ihren Code eingegeben haben und sich die schwere Tür geöffnet hat, kommt Schoeller ihnen bereits entgegen.
»Zu euch wollte ich gerade.« Offensichtlich hat er die ganze Nacht durchgearbeitet.
»Hast du was gefunden?«, fragt Clemens sichtlich angespannt.
»Nichts. Im Haus haben wir nichts Außergewöhnliches finden können. Was aber merkwürdig ist: Wir haben alles Mögliche entdeckt, was Jäger so brauchen, bloß kein Jagdmesser. Im Heizungsofen sind Spuren von verbrannter Folie, sonst nichts. Der Kamin war auch gereinigt. Die Rückstände zeigen nur Asche von verbranntem Holz. Im Kofferraum haben wir eingetrocknete Blutreste gefunden. Aber ich muss euch enttäuschen: Tierblut. Den Garten sind wir auch abgegangen, er ist ja überschaubar. Auch hier nichts.«
»Wir haben also keine Anhaltspunkte?«, fragt Clemens nach, der es nicht glauben kann, dass die ganze Aktion zu nichts geführt haben soll.
»Nein, keine«, bedauert Schoeller.
»Mist!«
Während sie mit dem Aufzug nach oben fahren, murmelt Clemens: »Dass ich so danebengelegen habe, ich kann es nicht glauben.«
»Wir müssen irgendetwas übersehen haben. Dein Täterprofil ist auf jeden Fall überzeugend.«
»Oder noch schlimmer, wir interpretieren die Fakten falsch.« Clemens verzieht den Mund. »Ich war wirklich zu ungeduldig. Ich wollte den Erfolg erzwingen.«
Kaum haben sie den Aufzug verlassen, läuft ihnen Otto Kreutz über den Weg.
»Was ist nur los mit euch?«, begrüßt er seine Hauptkommissare.
»Da hast du ganz schönen Bockmist gebaut. Frau Cremer ist ziemlich verärgert. Wir können nur hoffen, dass die Presse nichts davon erfährt.«
»Vielleicht brauchen wir etwas Abstand«, versucht Clemens, Kreutz zu besänftigen.
»Ja, vielleicht. Und lasst mir jetzt die Wagner in Ruhe, die hat übrigens einflussreiche Freunde. Es reicht mir schon, dass der Polizeipräsident mir im Nacken sitzt.«
Kurz vor acht kündigt der Pförtner Erika Wagner an. Clemens lässt es sich nicht nehmen und holt sie bei den Aufzügen ab. Sie ist wie ausgewechselt, begrüßt ihn freundlich und erklärt auch sogleich, sie wolle die Angelegenheit endgültig hinter sich bringen, deshalb sei sie so früh.
Das Gespräch ist deutlich entspannt und konstruktiver als gestern, bringt aber keine neuen Erkenntnisse, außer dass sie ihr Messer bei der letzten Jagd verloren hat und sich noch kein neues besorgen konnte. Erika Wagner sprüht nur so vor Charme und Witz und erzählt einiges über die Annehmlichkeiten eines Seniorenalltags, wenn die Gebrechen sich noch im Rahmen halten und keine finanziellen Sorgen existieren, aber Hinweise oder Ungereimtheiten gibt es nicht. Zum Abschied reicht sie den beiden die Hand.
»Es wäre schön, wenn wir uns erst wiedersehen, wenn Sie den Mörder haben und sich bei mir entschuldigen. Bis dahin wünsche ich Ihnen eine erfolgreiche Spurensuche.«
»Das nennt man wohl eine gelungene Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses zwischen Polizei und Bürgern.« Maria grinst über das ganze Gesicht. »Pass bloß auf, dass sie nicht öfter vorbeikommt und ihre Hilfe anbietet.«
Clemens lächelt gequält. Die ältere Dame hat wirklich ein erstaunliches Interesse an der Polizeiarbeit
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