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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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gemacht habe, weil der Dealer ihm das Zeug aufgedrängt hatte. Der Motivationstrainer hatte das Coke nicht einmal erworben – es war ihm zum Genuss zur Verfügung gestellt worden. Der Anwalt lud sogar den Oppositionschef in den Zeugenstand. Der CDU-Mann bestätigte Kirschs einwandfreien Leumund. Der Psychotrainer wurde freigesprochen.
    Doch kein Manager wollte danach noch seine Kurse buchen. Der Politikerfreund tat, als kenne er Kirsch nicht mehr. Der erstklassige Anwalt verschlang alle Ersparnisse. Als Motivator war Kirsch unten durch.
    Der Psychologe arbeitete seitdem auf einer halben Stelle bei einem kirchlichen Verein in der Drogenberatung.
    Das Protokoll endete wie üblich: Nein, ich kenne Gernot Hövel nur aus den Medien. Nein, dass er unerlaubte Betäubungsmittel konsumiert, ist mir nicht bekannt.
    Bruno klingelte. Er hatte sich telefonisch angekündigt. Kirsch öffnete.
    Der Psychologe bot Kaffee und Eierlikör an. Bruno verzichtete und stellte seine Fragen.
    Die beiden Beamten, die ihn am vergangenen Sonntag aufgesucht hatten, hatten Kirsch nicht unter Druck gesetzt, sondern ihn korrekt behandelt. Sie hatten keine illegalen Angebote unterbreitet.
    Bruno fragte sich, ob er das H-Wort aussprechen solle. Er fragte: »Fiel Ihnen an den beiden etwas auf?«
    Kirsch schenkte sich einen Eierlikör ein. »Nö. Außer dass Richie zugenommen hat.«
    »Richie?«
    »Der Große mit dem Schnauzbart.«
    »Sie kennen Markus Seberich?«
    »Wir sind auf dasselbe Gymnasium gegangen. Wir spielten beide in der Schulband. Ich hab ihn später mal als Bodyguard gesehen. Das muss in der Zeit nach dem Herrhausen-Attentat gewesen sein, als auch ein gewisser Oppositionspolitiker, der mich damals noch grüßte, ’nen Leibwächter verpasst bekam.«
    »Haben Sie heute noch oder wieder Kontakt zu ihm – ich meine, zu Seberich?«
    »Nein, aber damals, vor sieben, acht Jahren sind wir ’n paar Mal um die Häuser gezogen.«
    »Hatten Sie den Eindruck, dass er Kokain konsumiert? Damals oder heute? Sie sind doch Fachmann auf dem Gebiet.«
    »Richie war clean. Er trank höchstens mal ’n paar Bierchen zu viel. Und am Sonntag fiel mir auch nichts auf. Wieso fragen Sie das?«
    »Haben er oder der andere Beamte Ihnen gegenüber Äußerungen gemacht, die auf eine Beteiligung am Handel mit Kokain schließen lassen?«
    »Um Gottes willen!«
    »Oder mit Heroin?« Das Wort war raus.
    »Was ist in Ihrer Behörde los, dass Sie den eigenen Mitarbeitern so was unterstellen?«
    Er hatte es geahnt: Jeder der Johnnys aus den Protokollen war ein Griff ins Klo. Auch der ehemalige Motivationstrainer machte keine Ausnahme.
    Bruno beschwor Kirsch, dass er mit niemandem über seinen Besuch reden dürfe. Dass er Bruno anrufen solle, falls Pommer oder Seberich sich noch einmal meldeten.
    Der Psychoklempner schwelgte noch einmal in den Siebzigern. Die Schulband. Songs von Led Zeppelin und Deep Purple, die sie nachgespielt hatten.
    »Richie spielte die Lead-Gitarre. Sein Spitzname kommt nämlich gar nicht von der letzten Silbe seines Nachnamens, sondern von Richie Blackmore. Er konnte jedes Solo von ihm nachspielen, zumindest die langsamen Stellen. Als wir uns vor sieben, acht Jahren wieder sahen, hatte er seine Stratocaster längst an den Nagel gehängt. Aber er spielte immer noch wie ein Teufel. Im Weißen Bären war er der Luftgitarrenkönig.«
    Der Gitarrist.
    Bruno fiel der Abend in Pommers Keller ein. Seberich, wie er Speed King auf einer imaginären Gitarre begleitete – das Walross hatte sich den Kopf gestoßen und Eierkartons eingedellt.
    Hannahs Nachricht von der Maserati-Fete: Koksdealer Schott hatte sich über Bruno aufgeregt. Wenn dieser Bulle noch einmal Ärger macht, muss ich den Gitarristen verständigen.
    Markus ›Richie‹ Seberich führte gemeinsam mit Pommer den Drogenring an, dem Schott als Zwischenhändler diente. Als die beiden am 26. November Michael Helmer auf einem Parkplatz nahe der Rennbahn stellten und erschossen, hatte Helmer sich nicht gewehrt. Er konnte nicht ahnen, dass ausgerechnet seine Auftraggeber ihn umbringen würden.
    Max und Richie – die Drahtzieher in beiden Mordfällen.
    »Sie sehen blass aus«, bemerkte Kirsch. »Wollen Sie nicht doch ’n Likörchen?«
    Beim Aufstehen stieß Bruno gegen den Tisch. Kirschs Kaffeetasse klapperte, der Schnapsbecher kippte um. Bruno entschuldigte sich und rannte aus der Wohnung.
    Er erreichte Benedikt auf dessen Handy.
    Der Kriminalrat war zurück im Präsidium. Er kopierte Unterlagen

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