Ausgezählt
weiter.
Vielleicht war es Karen. Bruno legte sich Sätze zurecht. Er war nicht im Grunde ein guter Kerl. Seine Frau war zynisch und kaltschnäuzig. Wir haben uns Illusionen gemacht. War Liebe eine Illusion? Vielleicht. Aber es lebte sich gut damit, solange beide an sie glaubten.
Die Stimme seiner Mutter war in der Leitung. Sie wollte wissen, ob er am Wochenende zu Besuch kommen würde. Bruno schnauzte sie an und knallte den Hörer hin.
Er stellte den Anrufbeantworter auf Bereitschaft. Gestern hatte ihm Ariane Klee zum zweiten Mal aufs Band geheult, dass Fred sie schlecht behandle und sie niemanden habe, mit dem sie reden könne.
Bruno kaufte ein und bereitete sich ein spätes Frühstück mit allen Schikanen. Als er satt war, telefonierte er. Er verabredete sich mit Ariane und wollte seine Mutter besänftigen, doch dort war besetzt.
Schließlich wählte er Pommers Nummer und erfuhr, dass Max und Richie die ersten zwei Kandidaten auf der Liste ausgehorcht hatten. Dezent, ohne die Pferde scheu zu machen. Zugleich mit Nachdruck – was Bruno aus den Akten in Erfahrung gebracht hatte, machte die Johnnys gefügig. Sie plauderten und würden gegenüber Dritten stillhalten.
Hinweise auf Hövel hatten die Kollegen noch nicht bekommen.
Bruno machte sich auf den Weg nach Lohausen.
Am dritten Tag nach dem Mord war die Absperrung des Tatorts aufgehoben worden. Kein Flatterband mehr – von außen war der Nagelsweg 39 nun wieder ein Haus wie jedes andere in der Nachbarschaft. Die Blütenpracht der Magnoliensträucher im Garten war explodiert, als wolle die Natur beweisen, dass das Leben weiterging.
Bruno schloss den Saab ab. Er war neugierig.
Die junge Frau wartete an der Eingangstür. Sie trug einen Anorak über einem einfachen Baumwollkleid mit Blumenmuster.
»Tut mir Leid, dass ich dich damit belästige, aber ich …«
Ariane begann zu weinen. Bruno nahm sie in den Arm.
»Ich hab niemanden mehr«, schluchzte sie.
Er fühlte sich hilflos. Er konnte ihr die Trauer nicht abnehmen. Nach einer Weile löste sie sich von ihm. »Entschuldige, Bruno.«
»Schon gut.«
Sie entdeckte Wimperntuscheflecken auf seiner Jeansjacke und rieb mit Taschentuch und Spucke. Bruno ließ sie gewähren. Ariane bat noch einmal um Verzeihung. Sie beklagte sich über Fred.
»Wo steckt dein Bruder?«, fragte Bruno.
»In Thailand. Er ist zurückgeflogen zu seiner Familie. Zur Beerdigung will er wieder da sein. Noch sind die Eltern und Stefanie nicht freigegeben. Aber scheiße ist es schon, dass Fred mich gerade jetzt allein lässt.«
Vielleicht hatte er von dem Heroin gewusst, dachte Bruno. Vielleicht hatten Fred und Silberkuhl es gemeinsam in die Statue gepackt. Die Mordermittler hätten Arianes Stiefbruder nicht ausreisen lassen dürfen, auch nicht für wenige Tage.
Die junge Frau bereitete in der Küche Tee. Bruno musste an die Leiche ihrer Mutter denken, die hier gelegen hatte. Er berichtete über die Statue. Dass er und Fred den Vishnu aus Kambodscha geholt hatten. Dass Silberkuhl am Mittwochvormittag in Klees Laden aufgetaucht war. Die Fingerabdrücke des Einkäufers auf der Schere.
Von all dem hatte Ariane noch nichts gehört. Bruno fragte sich, warum Fred ihr nichts erzählt hatte. Sicher nicht, weil er sich wegen der Affäre mit Karen schämte.
Fred bei seiner Familie in Thailand. Das bedeutete, dass Karen nicht mit ihm zusammen war.
Ariane war enttäuscht, dass die Tätersuche nicht Brunos Baustelle war. An Silberkuhl hatte sie keine Erinnerung. In all den Jahren hatte Heinz Klee den Namen nie erwähnt. Auch das Palumbo war ihr kein Begriff.
Das Mädchen stieg die Treppe hoch und betrat das Arbeitszimmer ihres Stiefvaters. Bruno folgte zögernd.
»Setz dich doch«, forderte Ariane ihn auf und wies auf den Sessel. Bruno zog es vor, stehen zu bleiben. Erst jetzt wurde sich Ariane der Flecken auf dem Leder bewusst – der Platz, an dem der alte Klee gestorben war.
Sie biss sich auf die Lippen. Ihre Augen schimmerten. »Ach Scheiße, Bruno! Tut mir Leid. Ich bin ganz durcheinander!«
Sie widmete sich der Post, die sie aus dem Briefkasten genommen hatte. Nach einer Weile sagte sie: »Weißt du, was völlig crazy ist? Am Tag vor ihrem Tod haben sie ein Auto bestellt. Ich konnte es zum Glück noch rückgängig machen. Stell dir vor, Bruno! Ein Lexus für fast vierzigtausend Euro. Dabei waren sie so gut wie pleite!«
Bruno fühlte sich wie elektrisiert. Die Klees haben von dem Heroin gewusst. Sie haben es in ihren Besitz
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