Ausgezählt
hielt die piepsstimmige Angestellte für Thanns Nachfolger.
Name: E-b-e-r-h-a-r-d
Vorname: T-h-o-m-a-s
Noch mehr Dokumente, in zahllosen Ordnern zusammengefasst. Das Umfeld seines alten Partners war ausführlich durchleuchtet worden. Bruno staunte, was die Schnüffler alles unter die Lupe genommen hatten, um Ebi die unterstellte Korruption nachzuweisen: Freunde, Verwandte, Ebis Steuererklärungen, Aktiengeschäfte, sogar die Klamottendeals. Thanns Leute hatten alle Einsätze überprüft, zu denen Brunos Partner während seiner letzten drei Wochen gefahren war. Bruno las Querverweise – die Schnüffler hatten auch seine und Karens Bankkonten durchforstet. Der ganze Aufwand war ergebnislos geblieben. Keine Klärung, woher das Geldbündel stammte, das Ebi bei seiner Ermordung mit sich führte. Knapp vierzehntausend nach neuer Währung.
Erinnerungen: der letzte Tag mit Ebi, die Stunden vor der Schießerei.
Eine Ruhestörung – die Geburtstagsparty eines schmierigen Kleindealers.
Bruno kehrte zurück zu den allgemeinen Daten.
Name: K-a-s-i-m-i-r
Weil Bruno nicht gleich der Vorname einfiel, sprang zuerst ein Frank Kasimir auf den Bildschirm, der vor acht Jahren auf der Autobahn nach Köln eine Fahrerin geschnitten hatte, die sich genötigt fühlte, ihn anzeigte und Recht bekam.
Der Nächste im Alphabet war Herbert Kasimir.
Bruno rief sich die Situation ins Gedächtnis: ein Einsatz, der den Kollegen Müller-Kaiserswerth mal wieder überfordert hatte. Ein halbes Dutzend aufgekratzter Gäste auf einer Nachmittagsparty. Zwei aufgetakelte Schnepfen aus Minsk mit Touristenvisum. Pornokassetten und billiger Sekt. Der möchtegern-coole Anzugträger mit Goldkettchen, der den Gastgeber gespielt hatte. Das Koks, das Ebi in Kasimirs Wohnung gefunden hatte.
Bruno studierte Aussagen, Aktennotizen, Prozessunterlagen der Süchtler, die den Fall übernommen hatten. Die Drogenmenge, die Ebi gefunden hatte, betrug knapp das Doppelte von dem, was üblicherweise als Eigenbedarf galt. Die Staatsanwaltschaft klagte auf Handel mit verbotenen Betäubungsmitteln. Das Gericht erkannte auf Bewährungsstrafe, weil Kasimir bis dahin nicht aufgefallen war.
Noch einer, der bis zum 26. November unerkannt geblieben war.
Bruno begann zu begreifen, woher die Scheine stammten, die sein Partner bei sich gehabt hatte. Ebi hatte gewusst, wo er suchen musste. Er hatte nicht nur Koks gefunden. Der schmierige Dealer hätte ihn niemals wegen Diebstahls belangen können – Kasimir wäre sonst nach der Herkunft der siebenundzwanzigtausend Mark befragt worden. Die Kohle hätte vor Gericht als Beleg für einen schwunghaften Rauschgifthandel gegolten und Kasimir wäre zu einigen Jahren Knast verdonnert worden an Stelle der Bewährungsstrafe.
Ebi hatte Drogengeld unterschlagen.
29.
Im Foyer lief Bruno dem Zitronenfalter in die Arme. Kriminalrat Geißler trug einen Trenchcoat über dem Arm. Der Leiter der Kriminalgruppe vier war auf dem Sprung nach Hause zu Frau und Kindern.
»Wegmann, Sie suche ich! Wo stecken Sie den ganzen Tag? Ich hab mindestens ein Dutzend Mal bei Ihnen anrufen lassen.«
Der Gruppenleiter lotste Bruno ein Stockwerk höher, wo sein Büro lag. Er schloss auf, knipste die Deckenlampe an und warf den Mantel über einen Stuhl.
»Was ich Sie fragen wollte: Was macht der Sport?«
Es war kalt in dem engen Raum. Ein Regal mit Aktenordnern. Auf einem Sideboard Dutzende von Oldtimerminiaturen aus Blech. Geißler setzte sich hinter den Tisch und ließ Bruno davor Platz nehmen. Neben der Lampe parkte ein Mini-Straßenkreuzer in Rosa. Heckflossen und groteske Schnauze. Kinderspielzeug.
»Ich habe gehört, Sie waren mal Deutscher Meister.«
»Nein, nur Niederrheinmeister. Das ist ein Jahr her. Ich habe aufgehört zu boxen.« Bruno fragte sich, was der Zitronenfalter bezweckte.
»Aber Sie trainieren und halten sich fit?«
»Das ist etwas anderes.«
Geißler legte die Fingerspitzen aneinander, als wolle er beten. »Bald ist es ein halbes Jahr her, dass Ihr Partner diesem Amokläufer zum Opfer fiel.«
Die alte Leier.
»Und da wir noch einen weiteren hervorragenden Amateurboxer in unseren Reihen haben, ist der Polizeipräsident auf eine Idee gekommen, wie wir der Sache gedenken und zugleich den Hinterbliebenen etwas Gutes tun könnten. Sie kennen den Kollegen Janosch?«
Thorsten Janosch war damals ebenfalls Niederrheinmeister geworden, im Schwergewicht. Bruno hatte ihn kämpfen sehen. Ein ungehobelter Kraftbolzen, der die Halbdistanz
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