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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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den Sendersuchlauf und landete beim Dudelfunk.
    Regen setzte ein. Alle paar Sekunden musste Bruno den Scheibenwischer antippen, um erkennen zu können, was sich vor der Kneipe tat.
    Ein cremefarbener Mercedes rollte in die Lücke neben ihm. Türenschlagen. Ein junger Bursche, der sich umsah, bevor er die Straße überquerte. Bruno erkannte tiefe Narben auf einer Gesichtshälfte – Lauffer, der junge Schläger aus dem Fitness-Studio, der trotz seines Lederschätzchens ohne Anzeige davongekommen war. Das Narbengesicht stiefelte schnurstracks in die Kneipe.
    20 Uhr – die Nachrichten. Bruno blieb sitzen, als er mitbekam, dass es in der ersten Meldung um den Staatskanzleichef ging.
    Er drehte die Lautstärke auf.
    … teilte der Regierungssprecher am Nachmittag mit. Der Ministerpräsident bedauere Hövels überraschenden Wechsel in die freie Wirtschaft und werde schon morgen einen Nachfolger für die Leitung der Staatskanzlei vorstellen. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten …
    Nichts als Überraschung und Bedauern. Keine Kokaingerüchte. Sie hatten gehandelt, ohne das Ergebnis der Sonderermittlung abzuwarten.
    Bruno fragte sich, was das für ihn selbst bedeuten würde.
    Er stieg aus. Ein Fiesta spritzte ihn nass. Bruno betrat die Kneipe.
    Fünf Holztische, über jedem eine bräunliche Kugellampe, die kaum Licht spendete. Das ältere Paar saß am Tresen und plauderte mit dem Wirt. Der Mann mit der Mütze hielt sich an einem Spielautomaten fest und fütterte ihn mit Centstücken.
    Von den Männern in Mänteln war nichts zu sehen. Von Lauffer keine Spur.
    Die Zecher an der Theke diskutierten den Mordfall Klee. Bruno spitzte die Ohren. Er setzte sich an einen Tisch in ihrer Nähe und stellte fest, dass das Pärchen und der Wirt nur die Meldungen der Boulevardpresse wiederkäuten – keiner von ihnen schien die Familie des Antiquitätenhändlers persönlich gekannt zu haben.
    Bruno bestellte einen Kaffee. Die Reaktion des Schürzenträgers ließ darauf schließen, dass das hier selten vorkam. Die Zecher beklagten unterdessen das Versagen der Parteien. Gerade in Düsseldorf treibe das Verbrechen schreckliche Blüten. Der Kannibale von Heerdt, der Saunamord in Pempelfort vor zwei Jahren. Und im letzten Herbst dieser Amokläufer.
    Außer dem Eingang gab es nur die Tür zu den Toiletten.
    Bruno trat den Weg an, den Blick des Wirts im Rücken. Ein gekachelter Flur, nackte Glühbirnen an der Decke, Klosteingeruch. Türen mit D und H. Eine Besenkammer voller Putzkram. Am Ende zwei Stufen und eine Tür mit der Aufschrift privat. Bruno rüttelte – verschlossen.
    Als er zurückkam, dampfte der Kaffee auf seinem Tisch. Der Daddelautomat klingelte. Der Typ, der ihn fütterte, trug Pantoffeln. Der Wirt und das Rentnerpaar analysierten jetzt die Misere der Fortuna.
    Bruno zog Handy und Notizbuch aus der Jackentasche. Er schaltete das Mobiltelefon ein. Das Batteriesymbol blinkte, aber noch hatte der Apparat genug Saft. Bruno gab die Nummer ein, die Heinz Klee zuletzt gewählt hatte.
    Bruno verbarg das Gerät unterhalb der Tischkante. Das Display leuchtete. Ein Pfeil zeigte an, dass die Verbindung aufgebaut wurde.
    Brunos Blick suchte das Kneipentelefon und fand es an der Wand hinter dem Tresen – ein alter Apparat mit Wählscheibe. Eine Linie löste den Pfeil auf dem Display des Handys ab. Jetzt musste es irgendwo klingeln.
    Der Wirt zapfte Pils. Das Pärchen schwieg sich an. Der Pantoffelträger ließ sich von den Blinklichtern am Daddelkasten hypnotisieren. Das Telefon hinter dem Tresen blieb stumm.
    Ein zweiter Festnetzanschluss. Irgendwo hinter der Tür am Ende des Flurs.
    Bruno hob das Handy ans Ohr. Seine Finger zitterten.
    »Ja, hallo?« Eine knorrige Stimme, die Bruno bekannt vorkam.
    Er antwortete nicht. Das Handy piepste leise in Abständen. Es quengelte nach dem Ladegerät.
    Die Stimme wurde ungehalten: »Wer ist da?«
    Bruno wartete. Der andere brach die Verbindung ab.
    Insgesamt fünf Worte eines Mannes, der älter und schwerer geklungen hatte als der Taxifahrer. Nicht Lauffers Stimme.
    Bruno schlürfte Kaffee. Auch in der folgenden Stunde ließ sich das Narbengesicht nicht blicken. Die beiden Mantelträger blieben ebenfalls verschwunden. Bruno fand eine alte Ausgabe des Blitz und blätterte durch den Sportteil. Schließlich bezahlte er.
    Er setzte sich ins Auto und observierte die Kneipe weiter. Nebenan lag der Hauseingang, durch den man in die darüber liegenden Wohnungen gelangte. Eine Gaslaterne sorgte für halbwegs

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