Ausgezählt
traut uns nicht.«
»Sieht so aus.«
»Ich hab gehört, du weigerst dich, den Benefizboxkampf zu bestreiten.«
»Ich mach nicht den Deppen für eine Show, bei der es nur in zweiter Linie um die Hinterbliebenen der Opfer geht. Du hast doch gesagt, dass Lara finanziell auf festem Boden steht, oder?«
»Es wär trotzdem ’ne Geste.«
»Mit mir in der Rolle des Buhmanns. Nein, danke. Ich hab das Boxen aufgegeben.«
»Du wärst die Verpflichtungen gegenüber Engel los.«
»Keine Angst. Ich spiel nicht den internen Schnüffler. Ich war selbst mal Opfer dieser Wichser. Und du weißt, wie ich über Helmers Tod denke.«
»Du hast Recht, Champion. Gibt’s Neuigkeiten in Sachen Alibi?«
»Hab ich dir das zu verdanken?«
Der Kahle wartete am Ende des Blocks auf den Pudel. Es schien, als habe die Töle ihn an der Leine statt umgekehrt.
Max antwortete: »Auf der Kommissariatsleitersitzung hab ich erfahren, was dieser Glatzkopf mit dir treibt. Richie und ich haben unseren speziellen Charme spielen lassen. Man schwärzt seinen Partner nicht ungestraft an.«
»Danke, Max.«
»War doch selbstverständlich.«
36.
Die Datentante strahlte Bruno an. Sie hatte knallroten Lippenstift aufgetragen und zupfte ihre Dauerwelle zurecht. Bruno nahm am zweiten Computer Platz.
Eigene Nachforschungen. Bruno loggte sich ein.
Durch den Einbruch bei Wachtendonk hatte Silberkuhl versucht, das Heroin in seinen Besitz zu bringen, das er im Leib der alten Statue von Kambodscha nach Deutschland geschmuggelt hatte. Ein Fehlschlag, vermutete Bruno. Als Silberkuhl den Vishnu öffnete, war nichts mehr drin außer billigem Gips. Die Klees hatten das Rauschgift bereits an sich gebracht.
Das Ehepaar plante größere Anschaffungen. Ein Auto, teure Möbel. Sie erzählten ihrer Tochter von einer eisernen Reserve für Krisenzeiten. Bruno vermutete, dass die zugespachtelte Fläche im Rücken der Figur den Händler vermutlich schon vor zwölf Jahren hatte stutzig werden lassen. Klee war Kunstexperte. Er hatte nachgesehen, als die Statue frisch aus Asien eingetroffen war, und dabei die Manipulation seines Einkäufers entdeckt. Aber Klee war Laie im Rauschgiftgeschäft. Er wusste mit dem Fund nichts anzufangen.
Brunos These: Der Antiquitätenhändler bewahrte das Heroin in seinem Safe auf. Erst als seine Schulden überhand nahmen, überwand er die Scheu und versuchte, den Stoff zu versilbern. Er geriet an Profis. Besagte Profis töteten die Klees. Silberkuhl kam den Tätern dabei in die Quere und war als Sündenbock willkommen.
So konnte es gewesen sein.
Daraus folgte Hypothese Nummer zwei: Die Mörder hatten das Heroin an sich gebracht und würden es in den nächsten Tagen auf den Markt bringen. Einhundert Kilogramm, so die Schätzung der Mordermittler. Vermutlich unverschnitten. Dreißig Euro kostete das Gramm derzeit auf der Straße. Dort war der Stoff bereits fünfmal gestreckt. Bruno rechnete hoch und landete mit einer vorsichtigen Schätzung bei rund fünfzehn Millionen Euro Verkaufswert.
Eine solche Menge würde den Markt in Turbulenzen versetzen. Bruno sagte sich, dass er den Stoff aufspüren musste, um auf die Täter zu stoßen. Die Unbekannten, die Heinz Klee gefoltert und dessen Frau und Stieftochter abgeschlachtet hatten. Die Silberkuhls Fingerspuren auf die Gartenschere gebracht und den Schmuggler im Rhein versenkt hatten.
Bruno surfte durch die Daten. Er schleppte Akten und schluckte Staub. Neue und alte Fälle. Keine Ausländer. Keine abgefuckten Straßenjunkies. Ausschließlich Personen, die in besseren Kreisen verkehrten. Ordentliche Leute. Eigene Johnnys, die nicht auf der Informantenliste der Drogenfahndung standen.
Heroin statt Koks.
Eine eigene Sonderermittlung in Sachen Klee, die Bruno allein durchziehen würde.
Die Aktenlage war dünn. Ordentliche Leute fixten nicht. Bruno kam auf nicht mehr als drei Namen. Junge Banker und Werber, die im Dunstkreis des Hauptbahnhofs überprüft worden waren. Magere Ausbeute, keine cleveren Leute – Bruno spürte, dass er einen Holzweg eingeschlagen hatte.
Er schaltete den Computer aus und trug den letzten Ordner in die Kriminalaktenhaltung zurück. Seine Augen brannten. Er wischte sich staubigen Schweiß von der Stirn.
Die Angestellte machte ebenfalls Feierabend. Eine Leinentasche mit Katzenmotiv baumelte von ihrer Schulter. Sie wartete auf ihn an der Tür.
Ihr Versuch, der Piepsstimme einen dunklen Klang zu geben, misslang gründlich. »Mein Gott, Bruno! Sie schuften ja wie ein
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