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Auslegware

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Titel: Auslegware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ashan Delon
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Freundin zusammengezogen ist und bald heiraten will. Abgesehen davon ist es mir scheißegal, wer oder was er ist. Verflucht noch mal Holger, wer hat denn dir das Hirn verdreht, dass du deswegen so einen Koller kriegst?“
    Ich war eigentlich nur wütend darüber, dass sie Marius abstempelten, ohne ihn genauer zu kennen. Dafür war mir jede Lüge recht. Gerüchte konnten einen Menschen ruinieren, seelisch wie gesellschaftlich. Das hatte Marius trotz allem nicht verdient. Ich verstand auch nicht, warum Andrea und Holger so ein Aufhebens um ihn machten.
    „Ich sag's ja nur“, knurrte Holger unbeeindruckt, drehte sich um und stakste breiten Schrittes wie ein Bauarbeiter davon.
    Etwas perplex blieb ich zurück, während das Eiweiß aus dem Karton auf den Asphalt des Parkplatzes tropfte.
    Mein Rührei für das Abendessen konnte ich vergessen.
     
    Holgers Verhalten verunsicherte mich. Ich hatte ihn weder für homophob noch für voreingenommen gehalten. Das Verhältnis zu ihm war nicht sehr persönlich, dennoch stets offen und freundschaftlich gewesen. Diese Seite an ihm kannte ich noch nicht. Aber ich kannte ihn ja auch erst seit drei Jahren. In dieser Zeit sämtliche Facetten eines Menschen kennenzulernen, war unmöglich, zumal wir uns noch nie privat getroffen und ausgetauscht hatten. Manche Ehepaare entdeckten auch nach fünfzig Jahren noch Neues an sich.
    Kopfschüttelnd fuhr ich in meine Wohnung. Eigentlich wollte ich den Abend mit einer Tüte Chips vor dem Fernseher verbringen, doch ich entschloss mich gegen zehn Uhr, auszugehen. Ich warf mich in ein paar schicke Klamotten und machte mich auf in die Innenstadt. Vielleicht konnte ich doch noch jemanden aufgabeln, den ich flachlegen konnte, obwohl ich wenig davon überzeugt war, dass mir ausgerechnet an diesem Abend das Glück hold war, einen leidenschaftlichen Bottom zu finden.
    Mein Weg führte mich zu einem Lokal, in welchem sich Gleichgesinnte trafen, sprich Homosexuelle, das ich zuletzt vor über einem Jahr betreten hatte. Seit dem Zeitpunkt, an dem ich die Schnauze voll hatte, als Auslegware angesehen zu werden. Ein beklemmendes Gefühl beschlich mich, als ich in das bekannte Gesicht des Türstehers blickte, der mich nach meinem Ausweis fragte. Aus Besuchen in der Vergangenheit wusste ich, dass er das nicht wegen meiner vermeintlichen Ähnlichkeit mit einem pubertierenden Teenager tat, der sich verbotenerweise in ein Gay-Lokal schmuggelte. Das war seine ganz persönliche Masche. Er kannte die Stammbesucher beim Namen, ließ sich aber jedes Mal aufs Neue die Ausweise zeigen. Ein bulliger, hundert Kilo Macho, der seine Macht über die Gäste aufs Vollste auskostete. Ich ließ ihm die Freude und präsentierte ihm die Plastikkarte. Zeitgleich wurde mir ganz mulmig zumute.
    Würde ich heute wieder unten oder mit dem Gesicht an der Wand landen?
    Wie bei meinen letzten Besuchen?
    Entgegen zu damals, wusste ich heute, woran es lag – zumindest weitgehend. Warum genau mich das Schicksal immer ins Parterre einer sexuellen Handlung verbannte, konnte ich noch immer nicht sagen. Vermutlich lag es einfach daran, dass ich zu weich wurde, wenn das Blut erst einmal in die unteren Körperregionen gewandert war. Dass ich dann alles mit mir machen ließ, nach dem Motto: Hauptsache Sex. Wer mit wem schien in diesem Moment außerhalb meines Horizontes gewandert zu sein.
    Doch damit war Schluss. Ein für alle Mal.
    Heute war ein guter Tag dafür.
    Vollgepumpt mit Testosteron, mit welchem die Begegnung mit Marius meinen Kreislauf überschwemmt hatte, wild entschlossen, den Spieß umzudrehen, betrat ich den Klub und wurde sofort von dem alten Flair eingenommen. Der Duft von Männerschweiß, einer perfiden Mischung aus allen möglichen Sorten und Nuancen von Parfüm und einer geradezu penetranten Note von Sex und Verruchtheit empfing mich. Mir stockte für einen Moment der Atem, als ich die vielen Männer sah, die sich an diesem Abend versammelt hatten, um eines zu finden … Sex.
    Um nichts anderes ging es hier. Um die Erfüllung fleischlicher Gelüste.
    Heute mehr denn je hielt ich es für eine Lüge, wenn Männer behaupten, sie würden sich nur aus Langeweile, um jemanden zum Quatschen oder zum Tanzen zu finden oder einfach nur, um in Gesellschaft zu sein, in einen solchen Klub begeben. Die Blicke, mit denen man sich gegenseitig abschätzte, gingen eindeutig weiter. Sie durchdrangen die wohl ausgesuchten Klamotten bis zur Haut, scannten die Proportionen und wägten ab, ob es ein

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