Ausradiert: Thriller (German Edition)
drei Metern Entfernung sah er einen schmalen dunklen Spalt, was bedeutete, dass die Tür zwei oder drei Zentimeter weit aufstand. Hatte er sie so zurückgelassen? Das sah ihm nicht ähnlich. Und der Spaten, der an der Schuppenwand lehnte? Absolut nicht ähnlich. Er kniete sich hin, ließ seine Hand über das Blatt gleiten, spürte die feuchte Erde.
Nick stand an der Tür, berührte sie fast, lauschte. Er hörte nichts, spürte niemanden. Er trat ein, schaltete die Taschenlampe ein, leuchtete durch die Dunkelheit, sah nur Schuppensachen: Gartengeräte, Farbtöpfe auf Regalen, den Außenbordmotor an seinem Wandhaken, Angeln, Köderschachteln, ein Schmetterlingsnetz. Er löschte das Licht.
Nick kehrte zur Hütte zurück, legte seine Hand auf die Motorhaube des Mustang, wie er es gleich zu Beginn hätte tun müssen: Sie fühlte sich kühl an. Er ging herum zu der Holzkiste neben der Hüttentür, hob den Deckel. Außer Eichen- und Kiefernscheiten war nichts darin. Er schloss den Deckel, als ihm ein Gedanke kam: Bewahrte er hier nicht die Axt auf, direkt auf dem Holzstapel? Er sah noch einmal nach. Nicht da.
Nick nahm den Pfad zum Steg, vertrocknete Kiefernnadeln, starr und hart, knirschten unter seinen Füßen. Die Brise wühlte den See zu zahllosen Facetten auf, und das Mondlicht fand sie alle. Der Mond stand jetzt höher, leuchtete ein wenig heller. Das Dingi war verschwunden.
Doch als er näher kam, erkannte Nick, dass er sich getäuscht hatte. Das Dingi war nicht verschwunden, es war nur nicht mehr dort, wo er es zurückgelassen hatte, auf dem Steg, sondern schaukelte daneben auf dem Wasser. Sofort verließ er den Pfad, umkreiste das, was der ehemalige Besitzer den Picknickplatz genannt hatte, ein Dreieck, gebildet von drei Eichen, die aus dem Wald hervorragten. Von hier konnte er erkennen, dass die Ruder bereits in den Halterungen befestigt waren und …
Er spürte eine plötzliche Bewegung hinter sich, drehte sich schon um, aber zu langsam, als ihn etwas Schweres im Rücken traf. Er ging zu Boden, die Taschenlampe flog ihm aus der Hand, und blieb mit dem Gesicht nach unten reglos auf dem harten Untergrund liegen.
Dann war das schwere Ding über ihm. Nick drehte sich um, versuchte es zumindest, aber bekam keine Luft, und seine komplette rechte Körperhälfte war nutzlos geworden. Starre Stahlringe klickten um seine Handgelenke, fesselten sie vor seinem Körper aneinander, und ein Sack oder eine Haube wurde über seinen Kopf geworfen.
»Diesmal nicht, Kumpel.«
Nick kannte die Stimme. Tommy.
Tommy hob ihn ohne Anstrengung hoch, ohne das leiseste Grunzen, warf ihn über seine Schulter, machte sich auf den Weg. Nick, der von Schmerzen gepeinigt mit dem Kopf nach unten über Tommys breitem Rücken hing, spürte, dass sie sich bergab bewegten, zum Wasser. Er versuchte Tommy in die Eier zu treten, oder irgendwohin, aber seine Beine reagierten nicht.
Holzplanken knarrten nahe Nicks Kopf. Der Steg. Unter ihrem Gewicht senkte er sich um ein oder zwei Zoll. Tommys Hand glitt um Nicks Taille, suchte Halt. Seine Finger gruben sich tief in Nicks Fleisch, und jetzt grunzte Tommy, und Nick flog durch die Luft. Er landete hart auf dem Rücken, im Dingi, so hart, dass die reale Welt zusammenschrumpfte und verschwand. Er atmete.
Die reale Welt kehrte zurück, begleitet von plätschernden Geräuschen, entspannend und heiter. Nick konnte nichts sehen, aber er hörte die Ruder in den Halterungen quietschen, spürte, wie das Dingi durch das Wasser glitt. Nach einer Weile verstummte das Quietschen, und das Wasser bremste sie, eine schwere Hand, die gegen die Planken drückte. Nick spürte, wie Tommy aufstand, das Boot leicht ins Schwanken geriet, und dann wurde die Kapuze mit einem Ruck über seine Ohren gerissen.
Nick lag auf dem Rücken, mit dem Kopf zum Bug, die Hände vor dem Körper gefesselt. Der Mond stand direkt über ihm hoch am Himmel, ein rötlicher Planet nicht weit entfernt von seiner unteren Sichelspitze. Mars, Gott des Krieges. Tommy setzte sich wieder auf die Ruderbank. Er hielt die Axt in den Händen.
»Nicky«, sagte er. »Jetzt machen wir es richtig.«
Nick sagte nichts.
Tommy schaute sich um. Auf dem See war es ruhig, nichts außer dem Klang der handbreiten Wellen, die gegen den Rumpf plätscherten. Die Brise drehte sie langsam herum. Tommys blondes Haar schimmerte weiß im Mondlicht.
»Wie du Lara Deems erledigt hast«, sagte er, »das zählt auf dem Konto jedes Menschen als
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