Ausradiert: Thriller (German Edition)
einen Unterschied macht das?« Er ließ sie den gereizten alten Mann hören. »Entschuldigung«, sagte er in einem Tonfall, von dem er hoffte, dass er mehr dem seinen glich.
»Keine Ursache«, sagte Elaine. »Hauptsache, die Arterie ist repariert, stimmt’s? Es geht dir gut.«
»Hundert Prozent besser«, bestätigte Nick. »Es sieht viel schlimmer aus, als es ist. Ich werde bald entlassen und bin schneller wieder an der Arbeit, als du dir vorstellen kannst.«
Elaine berührte seine Hand. Ihre war wärmer, beinah heiß. »Ich wünschte, ich könnte dir helfen, dich an den Anruf zu erinnern.«
»Warum?«
»Würde es deine Genesung nicht beschleunigen?«
»Sie verläuft schon sehr schnell«, sagte Nick. »Ich werde von Tag zu Tag kräftiger.«
Elaine beugte sich vor, blitzende Zähne, schimmernde Haut, leuchtende Augen, als hätte sie eine eigene kleine Sonne in ihrem Inneren. War sie immer so vital gewesen? Wenn ja, warum fiel es ihm erst jetzt auf? Die Antwort schien offensichtlich. Er spürte die Macht dessen, was mit ihm geschah: Er verblasste, entmaterialisierte sich, und trotz seiner Intelligenz und physischen Stärke gab es nichts, was er dagegen tun konnte. Natürlich funktionierte es so, Intelligenz und Kraft erodierten, während sie mit dir in diesen letzten Kampf hinkten.
Elaine senkte ihre Stimme. »Hasst du mich noch?«, fragte sie. Er spürte die Vibration ihres Atems in der Luft.
»Ich habe dich nie gehasst. Warum sollte ich?«
»Wegen dem, was zwischen uns gewesen ist.« Ihr Blick wanderte wieder zu den Verbänden um seinen Kopf, und sein neuer Sinn vermittelte ihm eine Vorstellung dessen, was sie als Nächstes sagen würde. »Du hast jene Tage nicht auch vergessen, oder?«
»Mhm«, antwortete er.
»Ich habe in letzter Zeit darüber nachgedacht«, sagte Elaine.
»Worüber?«
Sie beugte sich vor. »Wie intensiv sie waren.«
»Ach ja?« Ihre Köpfe befanden sich dicht nebeneinander, die Luft von Blumenduft geschwängert.
»Was kann ich tun, um dir zu helfen?«, fragte sie.
»Ich brauche keine Hilfe.«
Sie drückte seine Hand, nicht fest, aber es war die linke, und der Druck trieb die Kanüle ein wenig tiefer in sein Fleisch; die transparente Kappe war leicht zu übersehen. »Es ist nicht falsch, sich auf jemanden zu stützen, wenn man ihn braucht«, sagte sie. Wieder ein Klopfen an der Tür. Elaine ließ ihn los. Die Tür öffnete sich, und der Motorradpolizist erschien.
»Der Bürgermeister«, sagte er.
Elaine erhob sich. »Nick, das ist Tommy. Tommy, Nick.« Die Männer nickten einander zu. »Nick hat mir alles beigebracht, was ich über Ermittlungsarbeit weiß«, erklärte sie.
»Ich erinnere mich an den Film«, sagte Tommy.
Elaine bückte sich, küsste Nick auf die Stirn; ihre Lippen waren so heiß wie ihre Hand, vielleicht heißer. In Tommys Gesicht zuckte ein Muskel. »Gute Besserung«, wünschte Elaine. Dann waren sie fort.
»Danke für deinen Besuch.« Nick war müde. Er legte sich zurück, die Blumen fielen hinunter, aber er hatte nicht die Kraft, deswegen etwas zu unternehmen. Nett von ihr, ihn zu besuchen. War es möglich, dass sie noch immer etwas für ihn empfand? Warum hatte sie die Intensität jener Tage erwähnt? Und was war damit? Er hatte ihr erzählt, er würde sich erinnern, aber stimmte das? Er dachte zurück. Der schwere Blumenduft schläferte ihn ein.
Petrov befand sich allein in Cindy Mottons Schlafzimmer, als Elaine Kostelnik hereinkam. »Hi«, sagte sie. »Ich bin der Neue.«
Sie schüttelten sich die Hände. Petrovs alter Partner hatte gekündigt, die Leitung der Polizei in irgendeiner kleinen Stadt in Idaho übernommen. Sein damaliger Boss, der später wegen Unterschlagung von Beweismaterial angeklagt wurde, hatte ihm Elaine geschickt.
Sie sah sich in Cindy Mottons Schlafzimmer um. Es gab nicht viel zu sehen: Die Spurensicherung hatte fast alles mitgenommen – Bettzeug, Vorhänge, Kleidungsstücke, Bettvorleger, Telefon. »Nummer drei einer Serie?«, fragte sie.
»Wenn er keinen Klon hat.«
»Ein Er?«, fragte Elaine. »Sind Sie sicher?«
»Frauen tun so was nicht.«
Elaine hatte ihm einen Blick zugeworfen, Konflikt von Beginn an. Mit seinem alten Partner hatte es jahrelang gedauert. Aber dann überraschte sie ihn. »Ich bin ebenfalls dieser Meinung«, sagte sie. Ihr Blick wanderte zu Cindy Mottons kahler Matratze, blau mit silbernen Stickereien.
»Soll ich Ihnen etwas zeigen?«, sagte er. Er wies auf die Stelle, an der die Kissen gelegen
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