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Ausradiert: Thriller (German Edition)

Ausradiert: Thriller (German Edition)

Titel: Ausradiert: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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der Menge Blut konnte er nicht sicher sein.
    »Hältst du mal die Leuchte hoch, Nick?«, bat der Fotograf.
    Petrov hob die Leuchte. Die Bewegung musste ein paar Moleküle freigesetzt haben. Er konnte Elaines Geruch riechen, an sich selbst, von der vorhergehenden Nacht.
    »Was hältst du von den Lakers?«, fragte der Fotograf.
    Petrov verließ den Raum. Er wanderte durch Nicolette Levys Apartment. An den Wänden hingen gerahmte Filmplakate – Frühstück bei Tiffany, Dr. Schiwago, Das Fenster zum Hof, Der gelbe Rolls-Royce, Die Waffen der Frauen. Auf dem Tisch im Wohnzimmer stand eine Schale mit M&Ms; daneben ein Fotoalbum, auf dem in lila Tinte »Weihnachten, Maui«, stand. Petrov streifte Handschuhe über, schlug das Album auf.
    Nicolette mit riesiger Sonnenbrille, eine Ukulele zupfend; mit einem Papagei auf der Schulter; in einem winzigen Bikini; einem noch winzigeren; in einer Bar mit anderen Gästen lachend, ein hübscher junger Mann beugte sich zur Seite, um sie besser sehen zu können. Danach weitere Bilder von dem hübschen jungen Mann und Nicolette – beim Schnorcheln, Tennisspielen, eng umschlungen tanzend, einander mit schäumenden blauen Cocktails zuprostend. Petrov blätterte zur letzten Seite. Ein Foto fiel heraus. Er hob es auf. Kein Foto, eine Postkarte, die Rückseite leer; eine Postkarte, die nichts mit Maui zu tun hatte: Die Anatomiestunde des Dr. Tulp.
    Er hatte sie schon früher gesehen. Wo? Die Antwort stellte sich umgehend ein: zwischen den Rezepten in der Küchenschublade von Cindy Motton, Opfer Nummer drei. Auch auf deren Rückseite hatte keine Botschaft gestanden, aber ganz ohne Zweifel gab es eine Botschaft. Das Nächste, was Petrov wusste, war, dass er aus dem Haus rannte.
    Elaine und ein anderer Polizist kamen ihm entgegen, Spurensicherungskoffer in den Händen.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    Keine Zeit für Erklärungen.

    Nick wachte auf. Nicht im Bett – und deshalb hatte er eine ganze Nacht Carmustintherapie von seiner Scheibe in der Matratze verpasst –, sondern auf dem Sofa im Wohnzimmer. Warum? Teilchen und Stücke von gestern vermischten sich in seinem Verstand: die Königin von England bei einem Trinkwettbewerb; Elaine, die ein blutiges Papiertuch hielt; Billies Lippen auf seiner Wange. Die unmittelbare Vergangenheit verknüpfte sich in seinem Verstand zu einem lockeren, fehlerhaften Muster. Er erinnerte sich, dass er Arbeit zu erledigen hatte, was genau, war noch auf dem Weg in sein Bewusstsein. Aber das machte nichts, er hatte alles aufgeschrieben. Wo? In seinem Notizbuch und auf einem Umschlag. Also kein Problem, außer der Tatsache, dass er schon wieder einschlafen konnte.
    Nick positionierte seine Hände, drückte die Ellbogen durch, stemmte sich ab, schwang oder quälte seine Beine über die Kante, stand. Etwas wackelig, aber das lag nur daran, dass er müde war. Wer konnte bezweifeln, dass er mit jedem Tag kräftiger wurde? Man musste sich nur ansehen, wie er jetzt, wo er sich aufgewärmt hatte, praktisch in die Küche glitt.
    Er ging zum Tisch, hatte schon die Hand ausgestreckt, als er merkte, dass Notizbuch und Umschlag nicht dort waren. Auf dem Tresen? Da auch nicht. Komisch. Musste sie mit ins Schlafzimmer genommen haben. Dann das Bad. Das Arbeitszimmer oben. Das Wohnzimmer. Wieder in der Küche. Er zog Schubladen auf, hob Kissen an, blätterte Bücher durch. Er begann von vorn, stöberte im ganzen Haus, schneller und schneller.
    »Wo habe ich sie hingelegt?«, fragte er laut. Er brauchte diese Liste. »Was zum Teufel stimmt nicht mit mir?«
    Dinge stürzten um. Lampe, Globus, Vase, Mikrowelle, Bücherschrank: jede Menge Krach. Er fühlte sich stark, vollkommen geheilt, mehr als kräftig genug, um das Haus zu demolieren, alles in Sichtweite zu zerlegen. Nick hastete zum siebten oder achten Mal durch die Küche, als sein Blick auf die Tischplatte und das Gekritzel darauf fiel, seine Linkshändernotiz: Desert HS – wo?
    Aber ja. Er erinnerte sich. Und besser noch, ihm fiel sofort die Antwort auf die Frage ein, wie die Desert High zu finden war. Nick stieg die Treppe zu seinem Büro in der Hoffnung hinauf, dass der PC noch funktionierte. Schweiß tropfte von seinem Kinn.

16
    W ie funktionierte das? Erst drückte man den Knopf mit dem kleinen Dreieck darauf. Dann ertönte ein Geräusch, das Maschinenäquivalent eines Räusperns vielleicht, und der Bildschirm erwachte flimmernd zum Leben. Es kehrte alles zurück, die Bedienung eines PC, oder hatte ihn gar nicht

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