Ausradiert: Thriller (German Edition)
hoffte, dass sie alle übrigen mit abdeckte. »Wo ist sie?«
»Glauben Sie, das würde ich Ihnen jetzt verraten?«, fragte Rummel.
»Warum nicht?«
Der Ausdruck auf Rummels Gesicht begann sich zu verändern. Zunächst in Richtung Humor, dachte Nick, dann Sarkasmus, schließlich Zorn. Aber es war nur die Haut, die sich ablöste. Rummel starb ohne ein weiteres Wort, tat seinen letzten flachen Atemzug direkt bevor schrillend die Feuerwehrwagen eintrafen.
18
D azu braucht man ganz schön Mut«, bemerkte Sergeant Gallego vom Police Department Barstow.
Nick zuckte die Achseln. Sie saßen in einem Untersuchungszimmer des Desert Regional Hospital, der Sergeant auf einem Hocker, Nick, dessen Kratzer und Schrammen desinfiziert und verbunden worden waren, auf dem Tisch. Nick mochte die Achseln zucken, aber innerlich empfand er vollkommen anders. Sein Blut floss auf eine Weise wie schon lange nicht mehr, alle Systeme liefen, normalisierten sich.
»Macht es Ihnen was aus, mir Ihr Interesse an George Rummel zu erklären?«, fragte der Sergeant.
»Ich bearbeite einen Fall.«
Sergeant Gallego wartete, Nicks Zulassung noch immer in der Hand. Für einen Sergeant sah er jung aus.
»Eine Vermisstensache«, fuhr Nick fort; und als er es in Worte kleidete, begann er selbst zu begreifen. »Ich habe geglaubt, Rummel könnte im Besitz von Informationen sein.«
»Müssen ziemlich wichtige Beweismittel gewesen sein«, meinte Sergeant Gallego, »wenn Sie deswegen in so ein Feuer gestürzt sind.«
»Ich habe nicht nachgedacht«, sagte Nick.
»Ich glaube den Leuten nie, wenn sie so was sagen«, erwiderte der Sergeant. »Nicht mal Müttern, die ihre Kinder retten.«
»In diesem Fall ist es die Wahrheit«, sagte Nick. Er hatte nicht nachgedacht, weder über Beweise noch über etwas anderes. Bedeutete das, dass er nur den Mann hatte retten wollen, dass ein tiefer und guter Instinkt ihn dazu getrieben hatte? Oder war es etwas Neues, kein Instinkt, aber ebenso gut, das ihn dazu gebracht hatte? Nick neigte zur zweiten Annahme, zu einer neuen Entwicklung. Er überraschte sich selbst.
»Trotzdem braucht man Mut«, sagte Sergeant Gallego. »Können Sie die Beweismittel beschreiben?«
»Eine gerahmte Fotografie der Desert-High-Footballmannschaft von 1950«, erläuterte Nick. »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich gern morgen früh hinfahren und danach suchen.«
»Kein Problem«, sagte Sergeant Gallego. Er schrieb etwas in sein Notizbuch. »Um wen geht es bei Ihrem Fall?«
Eine Stunde früher hätte Nick nichts dazu sagen können, mit anderen Worten, hätte nicht gewusst, was er tat. George Rummel hatte ihm die Antwort gegeben, ihn auf die Spur gesetzt. »Ich suche nach einem Mädchen namens Amanda.« Mädchen, nicht Frau. Das schloss er aus dem Volleyball.
»Entführt oder ausgerissen?«
»Ich bin nicht sicher.«
Sergeant Gallego nickte, akzeptierte die Antwort ohne weitere Fragen, offensichtlich vertraut mit dem zentralen Problem bei vermissten Kindern. Keine Notwendigkeit, Glioblastome ins Spiel zu bringen, verlorene Wochenenden, vergessene Codes. »Wenn ich Ihnen helfen kann, schreien Sie einfach«, bot der Sergeant an.
»Weiß man schon etwas über die Brandursache?«
»Wir haben auf dem Sofa in dem Hinterzimmer Zigarettenstummel gefunden, und darunter lag eine fast leere Literflasche Whiskey.« Eine weitere Erinnerung aus der verlorenen Zeit kehrte zu Nick zurück: eine Zigarette zwischen George Rummels dicken Fingern, die bis auf die nikotinverfärbte Haut hinunterbrannte. »Nicht gerade überraschend«, sagte Gallego. »Seit ich hier arbeite, ist er fünf- oder sechsmal wegen Trunkenheit am Steuer verknackt worden, und davor waren es Kneipenschlägereien. War nur eine Frage der Zeit.«
»Lebte er allein dort draußen?«
»Seine Frau ist vor etlichen Jahren gestorben«, erwiderte der Sergeant. »Ich glaube, irgendwo gibt es noch eine Tochter.«
»Wie heißt sie?«
»Das kann ich rauskriegen.« Sergeant Gallego erhob sich.
»Rotary hat einen Held-des-Monats-Club«, sagte er. »Ich habe darüber nachgedacht, Sie vorzuschlagen – man bekommt auch eine hübsche Plakette.«
»Das könnte ich nicht annehmen.«
»Wie Sie meinen«, sagte Gallego. Er streckte die Hand aus. Nick schüttelte sie mit seiner Linken. Der Rechten ging es ausgezeichnet, sie hätte es tun können, aber nicht so, wie Nick es wollte. »Ist der Arm okay?«, fragte Gallego.
»Muss ihn irgendwie verdreht haben.«
Sergeant Gallego schüttelte den Kopf. »Sie
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