Ausradiert: Thriller (German Edition)
Feuerwehrschläuchen aufzusaugen. Nick richtete seine Lampe auf den Schutt, streifte verdrehte Teile von diesem und jenem, nicht länger heiß. Er entdeckte einen Fernseher, dessen Bildschirm zersprungen war, ein gesticktes Kissen mit dem Schriftzug Willkommen in Reno, einen verkohlten Kleidersack. Nick zog den Reißverschluss auf. Darin befand sich ein Smoking in perfektem Zustand, im Schnitt einer längst vergangenen Mode. Nick las das Etikett – May Company, Chicago – und kontrollierte die Taschen, nicht, weil er etwas zu finden erwartete, sondern weil Taschen kontrollieren zu seinem Beruf gehörte.
Er fand nichts, abgesehen von der linken Seitentasche des Jacketts, wo man es am wenigsten erwartete. Darin entdeckte er ein kleines Schwarzweißfoto mit gezahntem weißem Rand, vermutlich mit einer alten Brownie aufgenommen. Selbstverständlich suchte er nach einem Foto, aber nicht nach diesem. Es zeigte drei kleine Mädchen, zwei brünette und ein blondes, auf einem gescheckten Pony mit lockiger weißer Mähne; die beiden brünetten Mädchen lächelten in die Kamera, das blonde war in Gedanken versunken. Ein kleiner Junge in voller Cowboymontur einschließlich Spielzeugcolts und einem Sheriffstern in Übergröße führte das Pony. Nick ließ das Bild in seine Tasche gleiten. Er stocherte noch ein paar Minuten im Müll herum. Kein Footballfoto, aber er fand seinen Stock, der in einem verwegenen Winkel an einer Ansammlung metallischer Trümmer lehnte. Ein Holzstock: Warum war er nicht verbrannt? Das gottverdammte Ding hatte nicht mal Brandflecken, es war vollkommen unbeschädigt. Er trat mit seinem linken Fuß kräftig auf die Mitte, brach ihn entzwei, das Geräusch so befriedigend wie nur irgendeines, das er je gehört hatte.
Wieder im Wagen, legte Nick gut gelaunt die Taschenlampe ins Handschuhfach zurück, zögerte beim Anblick der Hallmark-Karte mit dem schönen Bild – zwei Kinder in einem Blumenfeld – auf der Vorderseite. Die Art, wie sie in drei Stücke zerrissen war, zuvor bedeutsam, störte ihn jetzt. Er kramte im Handschuhfach, fand Klebestreifen, begann die Teile zusammenzukleben, klebte von hinten, damit das Bild so unberührt wie möglich blieb. Das war der Moment, in dem er entdeckte, was er viel früher hätte entdecken, wonach er viel früher hätte suchen müssen – die Beschriftung der Karte.
Hey, Rui – wir werden uns gegenseitig helfen, okay? Bis dann, Amanda.
Verbindungen. Verbindung zwischen Rui, dem Detektiv aus dem Kaliber 45, und dem Mädchen, das er suchte. Es gab vermutlich überall Verbindungen, aber sein Verstand war nachlässig. Welche Verbindung fehlte? Nachlässigkeit war inakzeptabel. Er bemühte sich, setzte alles ein, was von ihm übrig war. Die Schwierigkeit lag darin, seinen Verstand zum selben Einsatz zu zwingen. Finde das Mädchen und lebe. »Denk nach«, befahl er sich laut, ein Versuch, einen Nervenpfad zu aktivieren, der in seinem Hirn Denken auslöste. Er wartete. Es kam nichts dabei heraus.
Nick fuhr nach Hause, fiel ins Bett, als das sahnige Licht vor der Dämmerung durch die Fenster drang. In einer Ecke der Decke spann eine Spinne etwas Kompliziertes. Nick gefiel es nicht, zu schlafen, während sie direkt über seinem Kopf schwebte, aber er war zu müde, um etwas dagegen zu unternehmen. Nicht, dass es ihm an Kraft gemangelt hätte; im Gegenteil, seine Kraft kehrte eindeutig zurück. Es war nur ein ganz einfacher, gewöhnlicher, gesunder Fall von zu …
Von Elaines Schlafzimmerfenster blickte Petrov auf eine von Garagen gesäumte Gasse – von denen eine zum Wohnraum einer braunhäutigen Familie umfunktioniert worden zu sein schien – und hörte den Verkehr vom wenige Blocks entfernten Ventura Boulevard. Es war ein schäbiges Zwei-Zimmer-Apartment, zu dessen Verschönerung Elaine nichts unternommen hatte, aber Petrov war noch nie so scharf darauf gewesen, eine Wohnung zu betreten, und noch nie hatte er eine so widerwillig verlassen. Sie kam aus der Dusche, nackt bis auf das Handtuch um ihren Kopf.
»Bist du immer noch hier?«, fragte sie.
Er zuckte die Achseln, und vielleicht lächelte er auch, Achselzucken und Lächeln gleichermaßen hilflos.
»Aber ich dachte, Dmitri hätte Geburtstag«, sagte Elaine.
Petrov trat zu ihr, schlang seine Arme um sie, die Berührung ihrer Haut, so vielschichtig und überwältigend, verschlug ihm die Sprache. Er zog Elaine zum Bett, das noch zerwühlt von dem war, was sie zuvor darin getan hatten.
»Auf ein paar
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