Außer Atem - Panic Snap
beschleunigt sich mein Puls. James steht mit nacktem Oberkörper da, sein Rücken schimmert im Kerzenlicht golden, glänzt vor Schweiß. Er ist von bedrohlicher Präsenz, sein Körper wirkt groß und stark wie ein mächtig gewachsener Baumstamm, und unter seiner Haut zeichnen sich deutlich die Muskelstränge ab. Er schwingt eine Peitsche; sie ist lang und schwarz, mehrere Lederriemen hängen von dem Handstück herab. Eine Frau, die außer sehr hochhackigen Schuhen nichts anhat, steht dort an die Wendeltreppe gefesselt, die Hände hoch über dem Kopf am Schmiedeeisen befestigt, die Beine weit gespreizt, die Knöchel unten an der Treppe festgezurrt. Der schwarze Eisenhandlauf presst sich in ihren Bauch. Sie hat lange lockige rötliche Haare und rot bemalte Lippen, lange Beine und eine schmale Taille; ich sehe, dass sie keine Hilfe braucht. Beim ersten Hinschauen habe ich gedacht, dass James sie verletzt, dass er sie so schlägt, wie er mich vielleicht damals geschlagen hat. Doch jetzt sehe ich, dass das nicht der Fall ist. Es gibt kein Blut, keine verletzte Haut, keine gebrochenen Knochen. Ihr Gesicht ist von seiner Wut nicht zerstört worden, und sie duckt sich nicht vor Angst. Nein, sie lehnt entspannt an dem Handlauf und wehrt sich nicht gegen ihre Fesseln. Ihre Augen sind geschlossen, und wenn die Peitsche sie trifft, zucke ich zusammen, nicht aber sie. Ihre Lippen öffnen sich nur leicht, als ob sie einen sanften Seufzer von sich gibt. Ich kenne sie nicht. Er schlägt sie wieder, und wieder fahre ich zusammen. Es ist mir zuwider, Schmerzen mit anzusehen oder selbst zugefügt zu bekommen. Ich habe schon zu viele ertragen.
Nun legt er die Hand sanft auf ihren Rücken, beugt sich herab und flüstert ihr etwas ins Ohr. Seine Hand streichelt ihren Rücken, gleitet über ihren geröteten Hintern und weiter hinab bis zu ihrem Oberschenkel. Er trägt schwarze Hosen und einen Gürtel, doch seine Füße sind nackt. Die Frau will sich an ihn lehnen, versucht, ihren Körper an seinem zu reiben, doch er zieht sich blitzschnell zurück und schlägt zu. Diesmal zuckt sie zusammen, weil sie die Peitsche nicht erwartet hat, schnappt sichtlich nach Luft, und er schlägt wieder und wieder zu; seine Muskeln spannen sich an, wenn er ausholt, und dann entspannen sie sich wieder.
Ich zwinge mich zuzuschauen. Er wischt sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn, schlägt wieder zu. Noch immer schreit sie nicht auf und kämpft auch nicht gegen die Fesseln. Ich sehe, wie sie versucht, die Schmerzen, die er ihr zufügt, hinzunehmen. Ihr im Kerzenlicht goldfarbener Körper scheint sich seinen Schlägen zu ergeben. Inzwischen muss ich mich nicht mehr zum Zuschauen zwingen. Ich bin fasziniert von dieser Frau, von ihrer Beherrschung, davon, wie sie die Schmerzen hinnimmt. Ich muss sie einfach anstarren. Sie sieht herrlich aus.
James dagegen wirkt ganz anders. Sein Gesicht ist dunkelrot, erfüllt von einer brutalen Leidenschaft. Er scheint nichts um sich her zu bemerken, ein massiger Mann, beinahe bedrohlich, wie er so mit finsterer Miene dasteht und sich ganz auf die Frau konzentriert, auf das, was er ihr antut, wie er ihre nackte Haut peitscht, die roten Spuren seiner Leidenschaft auf ihr hinterlässt. Seine Bewegungen sind präzise und wohl überlegt, was den Eindruck erweckt, als sei er Herr der Lage, doch sein Gesicht sieht anders aus, so als fehle nicht mehr viel, dass er die Beherrschung verliert.
Beunruhigt von dem, was ich sehe, ziehe ich mich vom Fenster zurück. Ich habe zu viele Operationen hinter mir, habe zu viele Schmerzen ertragen, um nicht zu wissen, wie verletzlich die menschliche Haut ist. Gewalt ist für mich kein vager Begriff; ich weiß sehr gut, was sie anrichten kann. Und doch...
Ich entferne mich und mache mir keine Gedanken mehr darüber, dass sie mich hören könnten. Sie sind viel zu sehr in Anspruch genommen, um irgendetwas außerhalb ihrer Sphäre wahrzunehmen. Ich gehe zurück die Straße hinunter, biege um die erste Kurve, denke nach. Ich weiß nicht, was ich von der Szene halten soll, die ich gerade beobachtet habe. Eigentlich müsste ich sie ablehnen, aber das tue ich nicht. Ich habe mit Sicherheit Angst vor James, Angst vor seiner Intensität, Angst davor, dass meine Verstrickung mit ihm eine Fortsetzung finden muss. Doch während ein Teil von mir – vielleicht sogar der größere – nur Furcht vor dem Gesehenen empfindet, ist ein anderer Teil fasziniert. Zu beobachten, wie die Frau sich
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