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Außer Atem - Panic Snap

Außer Atem - Panic Snap

Titel: Außer Atem - Panic Snap Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Reese
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um zu schlafen, zu duschen und mich umzuziehen. Byblos ist mein Leben. Vergeltung ist mein Ziel. Und zwischendurch ficken James und ich.
    Gina prüft weiterhin die Flaschen und nickt zufrieden. Ihr lockiges schwarzes Haar, das sie zu einem seidigen Pferdeschwanz gebunden hat, hüpft auf und ab, wenn sie sich bewegt. Dann entdecke ich James, der hinter der Maschine kauert und seitlich am Fließband mit etwas herumhantiert. Sie werden hier noch eine Weile beschäftigt sein, denke ich. Zeit genug.
    Ich gehe zum anderen Ende des Gebäudes hinüber. Selbst hier ist der Lärm der Füllmaschine noch zu hören. Ein paar Kellereiarbeiter – Kellerratten, wie sie sich selbst nennen – tauchen unvermittelt hinter einer Reihe von Edelstahlbehältern auf. Bei dem Lärm habe ich sie nicht gehört. Sie nicken mir freundlich zu und schnipsen mit den Fingern.
    Weiter vorn sehe ich den Mann, den ich suche, um eine Ecke biegen. Er heißt Ed und ist der Kellereimeister, ein freundlicher, aber scheuer Mann, der schon seit Jahren auf Byblos arbeitet. Er ist groß und mager, hat eine rote, faltige Haut und trägt einen grauen Walrossschnauzer. Er war immer nett zu mir, von Anfang an, wenngleich wir uns noch nie länger als ein paar Minuten unterhalten haben. Ich schaue zum Abfüllraum zurück. James und Gina sind nach wie vor beschäftigt.
    Ich sehe, dass Ed das Gebäude verlässt; die Tür fällt hinter ihm zu. Ich durchquere den Raum, gehe nach draußen, schaue mich um und entdecke ihn bei dem grauen Stromverteiler, wo er einen Schalter umlegt. Dann geht er hinüber zu dem großen betonierten Platz, auf dem die Gerätschaften zur Weinherstellung lagern, deren Namen und Funktionen mir langsam vertraut sind – der Fülltrichter, ein großer v-förmiger Behälter, in den die Trauben gegeben werden, wenn sie reif sind, der Entstieler/Quetscher, der die Stiele entfernt und die Schalen vorsichtig aufbricht, und die riesige neue Diemme-Presse, mit der dem Most der Saft entzogen wird.
    Ich folge Ed durch das stählerne Gewirr der Gerätschaften, die alle viel größer sind als ich, komme an dem leeren Trichter und dem Quetscher vorbei. Ed geht zur Weinpresse hinüber und steigt die paar Stufen zur Plattform hinauf. Ich schaue mich um. Wir sind allein. Die Presse sieht aus wie eine riesige zylindrische Stahltrommel, die auf der Seite liegt. Sie ist mit schweren Stahlstreben gesichert, und oben gibt es eine metallene Plattform, von der aus die Arbeiter in die gigantische Maschine hineinklettern, wenn sie gereinigt werden muss.
    »Kann ich Sie kurz sprechen, Ed?«, frage ich, klettere die paar Stufen hinauf und halte mich am Handlauf fest. Er dreht sich um, ist überrascht, mich zu sehen.
    Ich stelle mich neben ihn auf die Plattform. »Sie sind schon zweiundzwanzig Jahre hier«, sage ich.
    Ein Lächeln taucht unter dem grau melierten Schnauzer auf. Die Fältchen um seine Augen vertiefen sich. »Einundzwanzig«, sagt er. »Nächsten Monat.«
    »Länger als alle anderen«, sage ich.
    Er nickt, nimmt einen Schraubenschlüssel aus dem Werkzeugkasten, den er mitgebracht hat, und beginnt, die Schrauben an dem Gitter vor der Presse zu lösen.
    »Dann haben Sie Anna ja wohl gekannt«, sage ich. »James' Frau.«
    Er hält inne und sieht mich an. »Ich kannte sie«, sagt er. »Und ihren Großvater hab ich auch gekannt.«
    »Niemand will mit mir über sie sprechen.«
    »Das überrascht mich nicht«, sagt er, wendet sich wieder dem Metallgitter zu.
    »Können Sie mir etwas über sie erzählen?«, frage ich. Er erwidert nichts. Ich lehne mich gegen den Handlauf und schaue ihm bei der Arbeit zu. Seine Hände sind ledrig und knorrig, seine Finger schwarz von Schmiere.
    Schließlich sagt er: »Sie kannte sich mit dem Wein aus wie kaum jemand. Hat das alles von ihrem Großvater gelernt.« Er hält inne. Ich höre Vögel tschilpen und einen Trecker durch die Weingärten rumpeln. Mehrere Minuten vergehen. Ed arbeitet an dem Metallgitter.
    »Ich mochte sie«, bricht er schließlich das Schweigen. »Sie war ein nettes Mädchen. Hatte ein nettes Lachen.«
    Wieder schweigt er.
    »Hat James sie geliebt?«, frage ich.
    »Von solchen Sachen versteh ich nichts«, erwidert er knapp. »Ich arbeite hier nur.« Er entfernt einen Teil des Metallgitters, das die Presse versperrt hat, und stellt es beiseite. Auf der Rückseite der Presse befindet sich eine kleine ovale Tür – alle nennen sie das Einstiegsloch, denn hier klettern die Arbeiter hindurch, wenn die Maschine

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