Außer Kontrolle: Thriller (German Edition)
hab’s gerade gehört! Alles in Ordnung, Gott sei Dank!«
Im ersten Moment dachte er, seine Schwester habe noch einmal zurückgerufen. » Mary?«
» Hier spricht Gia Cazzotto, Sie Depp– wollte sagen, Sie Depp, Sir«, sagte Lieutenant Colonel Cazzotto, Kommandeurin der Siebten Luftexpeditionsstaffel. » Wer ist Mary? Irgendeine junge Technikerin mit Laborkittel und großer Brille, die sich in Marylin Monroe verwandelt, sobald sie die Nadel aus ihren Haaren zieht?«
Patricks Lachen war deutlich bemüht. » Nein, nein«, antwortete er, verwirrt, dass er plötzlich einen so trockenen Mund bekam. » Mary ist meine Schwester. Sie lebt in Sacramento. Ich habe gerade mit ihr gesprochen. Ich dachte, sie hätte noch einmal zurückgerufen.«
» Sicher, na klar, hab ich alles irgendwo schon mal gehört«, behauptete Gia. » Hören Sie, Patrick, ich habe gerade von dem Angriff auf Nahla erfahren und wollte mich vergewissern, dass Sie wohlauf sind.«
» Jon und ich haben ganz schön was abbekommen, sind aber beide okay, vielen Dank.«
» Ich bin im Augenblick in Dubai, habe aber die Erlaubnis rüberzukommen, sobald sie Angehörige der Armee in den Norden lassen. Ich würde mich gern mit Ihnen treffen und herausfinden, was da vorgefallen ist.«
» Das wäre prima, Boxer, wirklich prima«, sagte Patrick. » Könnte nur sein, dass ich hier bald ausfliege.«
» Sie fliegen aus?«
» Zurück nach Washington. Ist eine längere Geschichte.«
» Ich habe jede Menge Zeit, Patrick. Nur raus mit der Sprache.«
» Ich meinte nicht ›länger‹ im Sinn von Zeit, sondern im Sinne von einer Menge Dinge, über die ich nicht sprechen kann.«
» Verstehe.« Es entstand eine kleine Verlegenheitspause, dann: » He, gerade eben ist unsere siebte Flugzeugzelle hier in den VAR eingetroffen, und die achte haben wir heute in Palmdale in Empfang genommen. Das Ding hat jede Menge seltsamer Einbauten im vorderen Bombenschacht. Da dachte ich, das muss wohl eine der Ihren sein.«
» Haben Sie sie aus der Abdeckerei bekommen?«
» Nein, sie stammt aus dem Luftfracht-Zwischenlager in Tonopah.« Das Tonopah-Testgelände war ein im südlichen Nevada gelegener Luftwaffenstützpunkt, der für geheime Waffentests benutzt wurde. » Sie hat alle möglichen Treibstoffleitungen in den Bombenschächten, kreuz und quer verlegt, und außerdem gibt es da noch so etwas wie einen Fertigungsroboter mit Armen und Greifern überall.«
» Wir hatten einmal B-1-Bomber, die imstande waren, FlightHawk-Marschflugkörper während des Fluges zu bergen, wiederzubewaffnen, zu betanken und neu zu starten. Muss wohl einer von denen sein.«
» Ach ja? Cool. Vielleicht lässt sich dieses System ja wieder montieren?«
» Ich bin sicher, ich könnte Jon Masters von Sky Masters Inc. dazu bewegen, Ihnen die Schaltpläne zu schicken.«
» Großartig. Falls Sie noch mehr von solch coolem Zeugs haben, schicken Sie es gleich mit. Die für Akquisition zuständigen Air-Force-Offiziere und kleinkarierten Budgetverwalter legen nicht mehr gleich auf, wenn ich sie am Telefon für irgendetwas um Geld anflehe. Mittlerweile scheinen sie tatsächlich daran interessiert zu sein, Bomber zu bauen.«
» Wahrscheinlich, weil man der Air Force mittlerweile alles andere wegnimmt– bis auf die Tankflugzeuge und Frachtmaschinen.«
» Bestimmt.« Wieder war es ein paar Augenblicke lang still, dann sagte Gia: » Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass ich angerufen habe.«
» Ich freue mich darüber, Gia.«
» Und ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich Sie Patrick nenne.«
» Ob Sie’s glauben oder nicht, aber das ist mein Name.«
» Machen Sie mich ja nicht an«, drohte sie lachend und fügte dann ernster hinzu: » Es sei denn, es ist Ihnen ernst damit.«
Patrick fühlte, dass er rot wurde, als hätte er in Gegenwart seiner altehrwürdigen Großmutter ein Schimpfwort in den Mund genommen. » Nein… ich…«
» Sie wollen mich nicht anmachen?«
» Nein… Ich meine, ich wollte schon…«
» Also, Sie wollen mich doch anmachen? Oh, schön.«
» Nein… Herrgott, Boxer, Sie machen mich ganz kirre.«
» Ein bisschen kirre ab und zu, das mag ich auch, aber anmachen gefällt mir noch besser.«
» Also, Colonel, das reicht jetzt, wirklich.«
» Kommen Sie mir jetzt mit dem Dienstgrad, General?«
» Wenn es nicht anders geht«, sagte Patrick. Sein gezwungenes Lachen klang wie das abgewürgte Kreischen eines Esels.
» He, Patrick.«
» Ja?«
» Ich würde Sie wirklich gern sehen.
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