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Außer sich: Roman (German Edition)

Außer sich: Roman (German Edition)

Titel: Außer sich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Fricker
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die Böden, Farbe: Anthrazit.
    Bald war ich fertig mit dem ersten Entwurf. Ich hätte ihn auch per Mail schicken können. Ich rief nicht an, ich ging einfach spontan vorbei.
    Er habe zwar keine Zeit, aber Zeit habe er ja nie.
    Es ist der Entwurf eines Entwurfs, sagte ich. Eine erste Idee, mehr nicht. Alles noch etwas unscharf. Ich war aufgeregter, als ich zugeben wollte. Als sei dies meine erste Arbeit. Lührs sagte lange nichts. Ich hatte die Skizze in eines der Fotos montiert. Es sah aus, als habe dieses Haus immer schon dort gestanden. Als sei die Landschaft ohne dieses Haus nicht vollständig. Ich wartete auf Einwände. Die Front ist mir zu offen oder der Bogen geht gar nicht. Die Fenster möchte ich konventionell, die Fassade nicht Holz, sondern Stein, womöglich Beton. Ich hatte ohne Vorgaben im Ungefähren laboriert. Lührs hatte ja keine Vorstellung haben wollen von seinem eigenen Haus; ich solle einfach mal machen.
    Lührs sah mich an. Nicht nur eine hervorragende Lage, sagte er, auch ein hervorragendes Haus. Ich wurde rot, ich glaube, ich wurde rot. Einzig die Treppe hinunter in den Garten wollte er etwas mehr an der Seite. Das gibts doch nicht. Sonst keine Einwände?
    Über die Treppe würden wir noch diskutieren müssen.
    Gratuliere, war das Erste, was Erwin sagte, als ich am nächsten Tag ins Büro kam. Gratuliere! Volltreffer. Er grinste. Er klopfte mir auf die Schulter. Ich wusste es! Was wusstest du? Sag! Das Grinsen wurde noch etwas breiter. Dass ich mich mit Lührs verstehen würde? Dass mir dieses Projekt neuen Mut geben würde? Eine Art Therapie? Ich muss los, sagte er, die Archäologen warten.
    Lange saß ich da. Am Schreibtisch. Bastian? Ich sah ihn übers freie Feld gehen, draußen vor der Stadt. Sah ihn durch die Straßen der Stadt gehen. Sah ihn durch den tiefen Sand einer Wüste stapfen. Sah ihn sich umdrehen zu mir. Kommst du? Sein gelber Schal flatterte hinter ihm her. Ich folgte ihm. Aber der Abstand verringerte sich nicht. Sosehr ich mich beeilte. Warte, Bastian, warte. Er hörte mich nicht.
    Den Schal, Sebastians gelben Seidenschal, hatte ich in der Nacht verloren.
    Was er wohl gerade machte? Einen Moment lang hatte ich Angst, dass sie ihn wieder auf dem Klo vergessen hatten. Ich überlegte, ob ich anrufen sollte. Wenn ich anriefe, würden sie sich erinnern. Quatsch, vermutlich lag er längst in seinem Bett. Ob er heute etwas gegessen hatte? Ich freute mich darauf, ihn morgen abzuholen. Ich freute mich darauf, ihm von Lührs’ Wochenendhaus zu erzählen, davon, dass die Idee in ihren Grundzügen eigentlich von ihm stammte. Sein Entwurf, während des Studiums entstanden, nie realisiert, den ich in seinem Skizzenbuch wiedergefunden hatte. Bastian, dein Haus. Ich knipste die Schreibtischlampe aus. Blieb sitzen. Unwirklich gelb und groß tauchte der Mond aus dem Dunkel der Erde. Kniff man die Augen etwas zusammen, schien es, als sei diese einzelne Wolke links neben dem Mond ein durch stille Wasser pflügendes Kutterchen. Zwei Stummelmasten, der flache Aufbau, bauchig geblähte Segel. Die Avenir war wohl unterwegs zum Meer der Ruhe, einer dunklen Senke zwischen kraterreichem, knochenweißem Gelände. Wollte sie dort Anker werfen? Es war mit bloßem Auge nicht zu erkennen, wer die drei Gestalten waren, die sich vage vom Schiffskörper abhoben. Einbildung, Fantasie. Ich hatte ja geglaubt, die Avenir sei zerschellt an irgendeinem Felsen, zerschrammt von Untiefen untergegangen. Ich hatte gedacht, Thomas habe aufgegeben und sich endgültig dem Kajakfahren und Brotbacken zugewandt. So kann man sich irren. Er hat sich aufgemacht, die Meere des Mondes zu erobern. Das sieht ihm ähnlich; niemand sonst würde ein solches Abenteuer wagen. Mit einem klapprigen Kutter die Himmelsweite zu durchsegeln! Ahoi, Capitano, sagte ich leise, halte den Kurs! Ich wartete noch, bis der Kutter mit der Fläche des Mondes verschmolz, rieb mir die Augen.
    Zu Hause machte ich eine Flasche Wein auf. Begann aufzuräumen. Ich legte mir Sebastians Jeans über den Arm, sein Hemd, seine Schlafsachen. Ich roch daran. Ich setzte mich hin.
    Jemand wirft den Anker vor dem Kiel ins Wasser. Lässt Leine, etwa fünfundzwanzig Meter, macht fest. Dreht sich um, es ist Sebastian. Hat er jetzt das Kommando übernommen? Thomas ist dabei, abzutakeln, die Segel in großen Leinensäcken zu verstauen. Als sei die Avenir nun für immer angekommen. Gemächlich misst sie ihren Spielraum aus. Treibt vom Anker weg. Wird sanft gestoppt, beginnt zu

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