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Australien 01 - Wo der Wind singt

Australien 01 - Wo der Wind singt

Titel: Australien 01 - Wo der Wind singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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einem frischen, schleimigen Haufen Schafdung. Kurz bevor Kate die Tür schloss, konnte sie noch sehen, wie ein Schaf auf der Suche nach einem Ausweg auf die geblümte Couch sprang, um aus dem Fenster zu sehen. Urin lief auf ein geblümtes Kissen.
    »Entschuldigt, dass ich euch im Pfirsichdorf einsperre, Jungs«, sagte Kate durch das Fenster zu den Schafen. »Aber ihr müsst sicher nicht allzu lange hier drinbleiben. Versprochen.« Zufrieden leinte sie ihre Hunde wieder auf der Ladefläche des Pick-ups an und fuhr dann die Zufahrt hinunter auf die tiefgraue See zu.
    Als Kate jedoch am Zufahrtstor von Bronty das »Zu verkaufen«-Schild sah, schwand die Genugtuung, die sie bei der Verwüstung des Hauses empfunden hatte. Was brachte ihr diese kindische Aktion eigentlich? Sie schalt sich dafür, dass sie wieder einmal ausgerastet war. Außerdem taten ihr die eingesperrten Schafe leid. Sie war jedoch zu verletzt und ihr Schmerz noch immer zu groß, um noch einmal zurückzufahren. Also steuerte sie den Pick-up die Küstenstraße entlang und hielt dann in den Dünen an. Sie machte die Hunde los und ging einen Pfad zum Strand hinunter. Der feine Nieselregen benetzte ihr Gesicht und ließ ihr Haar am Kopf kleben, als sie zwischen den silbernen Grasbüscheln und den Bäumen hindurch aufs Meer zuging.
    Als sie am Strand entlanglief, durchbrachen ihre Schritte die oberste Sandschicht, die nass und grau war, und ließen den trockenen, weißen Sand darunter zum Vorschein kommen. Die Hunde tollten um sie herum, hechelnd und mit heraushängenden Zungen. Sie liefen immer wieder ins Meer, so dass das Salzwasser ihr Fell durchnässte. Kate wandte dem Ozean den Rücken zu und sah über die mit Gras bewachsenen Dünen zu Bronty hinüber.

    Wie sah die Zukunft dieses Landes jetzt aus? Wenn es erst einmal verkauft war, würde der Strand in kleine Parzellen aufgeteilt werden. Kate wusste, dass die tasmanische Tradition der kleinen Strandhütten, die oftmals alt und baufällig waren, allmählich ausstarb. Die Hütten wurden durch repräsentative Strandhäuser, wie sie auf dem Festland üblich waren, ersetzt. Yuppie-Behausungen, von Yuppie-Architekten vom Festland geplant, die auf den menschenleeren, windgepeitschten Küstenstrich einfach so hingeknallt wurden. Häuser für Menschen, die zu dieser Insel keinerlei Bezug hatten. Kate stand auf einem der letzten unberührten Abschnitte von Tasmaniens Ostküste, und auch dieser sollte nun verkauft und zerstört werden. Sie konnte vor ihrem inneren Auge sehen, wie ihr Zuhause, die Farm und die Tiere, die dort lebten, durch Chardonnay schlürfende, gelangweilte Millionäre und ihren Anhang ersetzt wurden. Wie konnten die Behörden nur zulassen, dass das geschah, fragte sie sich. Wie konnte ihr Vater das nur tun?
    Sie sah zu den mit Busch bedeckten Hügeln Brontys hinauf. Welches Schicksal drohte Wills geliebten kleinen Tälern, die sich zwischen die Berge an der Küste schmiegten? Was würde mit dem Land geschehen, das die Investoren als wertlos ansahen, nur weil es keinen Meerblick hatte? Sie stellte sich den dunklen Schatten einer Plantage mit Millionen von Eukalyptusbäumen vor, die sich wie ein Monster erhob. Ihre Wurzeln, die sich in die Erde krallten und den Boden sauer werden ließen. Ihre Äste, die so hoch wuchsen, dass sie die Sonne verdunkelten und die kalten Winde kanalisierten, die aus dem Westen über die Insel bliesen.
    Sie stellte sich vor, wie sich Tausende von Wallabys und Fuchskusus in diesen Plantagen einnisteten, um dann von Schädlingsbekämpfungsmitteln getötet zu werden. Sie sah, wie Flugzeuge an ruhigen, schönen Tagen vom Meer her hereinschwebten und dann aus ihren Bäuchen Chemikalien auf die Erde fielen, um junge Bäume zu schützen, die wie fremde Soldaten in Reih und Glied standen. Wusste ihr Vater denn nicht, welchem Schicksal er dieses Land auslieferte?
    Kate dachte an den Sanierungsplan, der auf dem Beifahrersitz ihres
Pick-ups lag. Sie dachte an Will und die Träume, die sie beide für die Farm gehabt hatten: die Rückzugsflächen für wildlebende Tiere; das Geschäft mit historischen Gemüsesorten und Saaten. Saaten, in denen die Vergangenheit bewahrt wurde und auf denen sie eine Zukunft aufbauen wollten. Saaten, die dafür sorgen würden, dass auch Nells Enkeln noch gesunde Lebensmittel zur Verfügung standen.
    Henrys Plan, das Land so unüberlegt zu Geld zu machen, als wäre es ein Wohnblock in der Stadt, ließ Kate schier verzweifeln. Dieser Ort, von salzigen

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