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Australien 01 - Wo der Wind singt

Australien 01 - Wo der Wind singt

Titel: Australien 01 - Wo der Wind singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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heraus, denn sie wusste, dass ihr ein paar Stunden ohne ihre Jungen und ein kleiner Ausflug guttun würden. BH zeigte sich ihnen gegenüber in letzter Zeit oft ziemlich gereizt. Kate wusste, wie sich die Hündin fühlte, denn auch sie hatte als junge Mutter des Öfteren die Nerven verloren. Sie leinte die drei Hunde auf der Ladefläche des Pick-ups an, bevor sie auf die Straße hinausfuhr.

    Als Kate in den Zufahrtsweg nach Bronty einbog, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Panik erfasste sie. Sie bekam keine Luft mehr. Vor ihr erhoben sich zwei Pfosten aus der Erde, an die man ein Schild genagelt hatte. Zu verkaufen . Einmalige Gelegenheit. 15 Baugrundstücke direkt am Meer, zuzüglich 3000 Hektar Farmland. Bewässerungsgenehmigung für 600 Hektar. Charmantes Farmhaus. Rechtsanspruch auf weitere 3000 Hektar Busch liegt vor. Darunter befand sich ein Diagramm der Parzellierung. Kate wurde übel. Sie trat das Gaspedal durch und raste mit heulendem Motor über das Viehgitter in Richtung Haus.
    Kate schlug die Wagentür zu, stieß das Gartentor auf und rannte den Weg entlang. Sie stürmte ins Haus, bereit für den Showdown. Sie wurde von gespenstischer Stille empfangen. Nur das leise Ticken der Küchenuhr war zu hören.
    Um Kate herum begann sich alles zu drehen, als sie durch den Raum wankte und sich dabei an den Lehnen der Stühle festhalten musste. »Mama?«, rief sie verzweifelt. Plötzlich war sie wieder das kleine, barfüßige Kind, das den Flur entlangrannte und »Mama? Mama!« rief. Sie sah ihre ausgestreckte Hand vor sich – aber nein, das war nicht ihre Hand. Es war eine Kinderhand. Klein und pummelig. Kleine Finger mit Grübchen. Sie drückte eine Tür auf.
    »Will?«, hörte sie eine Stimme fragen. Es war ihre eigene Stimme,
aber es kam ihr vor, als hörte sie sich von außerhalb ihres Körpers. So als ginge ein Riss durch die Realität. Zwei Zeiten. Zwei Familien. Als die Tür aufschwang und Kate Wills Zimmer betrat, erkannte sie es nicht mehr wieder. Das Zimmer, in einer für Annabelle typischen Farbe gestrichen, war mit Adens Sachen vollgestopft. Nichts deutete mehr darauf hin, dass es Will einmal gegeben hatte. Kate merkte, dass sie zu hyperventilieren begann. Sie musste in diesem Haus irgendetwas finden, das eine Beziehung zu der Liebe herstellte, die sie hier einst erfahren hatte. Sie konnte es einfach nicht ertragen, diesen Ort für immer zu verlieren.
    Sie rannte durch den Flur und riss am Seil der Bodenluke. Die Luke öffnete sich, die hölzerne Leiter klappte herunter. Kate stand da und starrte zum Dachboden hinauf. Ein matt erleuchtetes Loch über ihrem Kopf. Sie begann die Leiter hinaufzusteigen.
    Der Schreibtisch war noch da. Daneben standen gepackte Umzugskartons. Sie waren sauber aufgestapelt. Neben den alten Samenschränken aus Holz wirkten sie jedoch überaus hässlich. Kate ging auf die Kartons zu. Sie wusste, was sich in ihnen befand. Wills Sachen. Eingepackt und mit Klebeband verschlossen. Sein Leben, auf dem Dachboden entsorgt, damit es nicht mehr im Weg war. Ein ungeheurer Zorn packte sie. Sie starrte durch das dicke alte Glas der Fenster auf das Meer hinaus. Schouten Island war hinter einer Wand dichter Wolken verschwunden. Kate versuchte sich die Parzellierung an der Küste vorzustellen. Millionen von Dollar teure Wohnhäuser, die sich entlang der Uferstraße aneinanderreihten und das Land verunstalteten. Sie drehte sich um. Dann durchmaß sie den Dachboden in seiner ganzen Länge und ließ ihre Finger dabei über die Samenschränke gleiten. Sie hakte einen Finger in einen der Griffe, öffnete die Schublade und betrachtete nachdenklich die Umschläge, die dort in ordentlichen Reihen aufbewahrt und katalogisiert waren. Sie berührte zärtlich das Papier mit der Handschrift ihrer Mutter. Tränen liefen ihr dabei übers Gesicht und fielen als dicke Tropfen auf den Holzboden. Sie ging zum Schreibtisch zurück, ließ sich in den Bürosessel fallen und stützte den Kopf in die Hände. Der Schmerz stand
ihr ins Gesicht geschrieben. Zu verkaufen ? Wie konnte er das nur tun? Sie wollte, dass ihr Vater sie liebte. Sie wollte doch die Liebe ihrer Mutter durch ihn spüren. Außerdem vermisste sie Will mehr als alles andere. Sie weinte still in sich hinein, während sie mit leerem Blick die hölzerne Schreibtischplatte anstarrte. Wie konnte es ihm nur in den Sinn kommen, Bronty zu verkaufen?, fragte Kate sich immer wieder. Wie konnte er diesen Ort einfach auslöschen? Ihr Atem kam heftig und

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