Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Australien 01 - Wo der Wind singt

Australien 01 - Wo der Wind singt

Titel: Australien 01 - Wo der Wind singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
Vom Netzwerk:
als auch Nick befanden. Ohne Will, der sie mit einem strahlenden, wunderbaren Lächeln auf seinem Gesicht in diese Welt zurückgeholt hätte, ertrug sie das einfach nicht.

    Kate zog die Steigbügel an ihren Riemen nach unten und sah gerade in dem Moment wieder auf, als Dave sich Nell einfach unter den Arm klemmte. Er trug das gackernde Kind wie einen Sack Kartoffeln die Verandastufen hinauf und dann ins Haus. Gott sei Dank hatten er und Janie angeboten, sich eine Weile um Nell zu kümmern, dachte Kate. Kate sah Nick am Rand der Menge. Felicity stand neben ihm, die Füße so sittsam geschlossen wie Dorothy in Der Zauberer von Oz . Nick hatte seine Hand auf ihren Rücken gelegt, als versuche er sie ins Haus zu schieben. Kate wandte ihren Blick von den beiden ab. Sie war sich sicher, dass Nick Nell in der Kirche gesehen hatte. Jeder hatte sie gesehen. Waren ihm Nells Augen aufgefallen? Augen, die lächelten. Metallisch blau, von dunklen Wimpern umrahmt. War ihm aufgefallen, dass sie die gleiche honigfarbene Haut und die gleichen blonden Locken wie er hatte? War das allen anderen auch aufgefallen? Aber interessierte sie das jetzt, da Will tot war, überhaupt noch? Sie fragte sich, ob sie, abgesehen von Nell, jemals wieder irgendetwas oder irgendjemand interessieren würde.
    Sie führte Matilda auf die große Koppel an der Zufahrt hinaus, während Wills Pferd Paterson aufgeregt am Zaun entlangtrabte. Kate setzte ihren Stiefel in den Steigbügel und schwang sich dann in den Sattel. Es fühlte sich merkwürdig an, in der dünnen, rutschigen Hose, die sie auf der Beerdigung getragen hatte, zu reiten. Die Lederriemen der Steigbügel drückten gegen ihre Waden, und der kalte Wind ließ den weichen schwarzen Stoff um ihre Knöchel flattern. Sie hatte, sobald sie auf Bronty angekommen waren, noch neben dem Pick-up stehend, ihre Schuhe von den Füßen geschleudert und ihre Stiefel angezogen. Sie hatte dabei jeden Blickkontakt mit den anderen Trauergästen, die aus ihren Fahrzeugen stiegen, vermieden. Dann hatte sie ihre alte Fleecejacke über ihre schwarze Kleidung gezogen und war einfach losgelaufen, um ihr Pferd zu holen.
    Kate hatte sich seit Wills Tod bei Janie verkrochen, hatte wie betäubt die Wand angestarrt, während die Zwillinge und Nell um sie herum getobt hatten. Überall lagen Bauklötzchen, während die zuckersüßen Mitglieder von Hi-5 über den Fernsehbildschirm hüpften.
Die Trauer um Will hatte sie vollkommen gelähmt. Henry hatte ein paar Mal angerufen, aber wenn Janie ihr den Telefonhörer hingehalten hatte, hatte Kate nur entschieden den Kopf geschüttelt und die Lippen fest aufeinandergepresst, während heiße Tränen in ihren Augen brannten.
    »Rede mit ihm«, hatte Janie sie immer wieder gebeten, aber Kate war jedes Mal aus dem Zimmer gerannt.
    Als sie jetzt mit Matilda den Zufahrtsweg entlangtrabte und der Seewind ihr ins Gesicht blies, spüre Kate die Trauer wie die Dünung des Ozeans durch sie hindurchfluten. Sie und Will waren diese Zufahrt unzählige Male entlanggeritten und hatten sich dabei jedes Mal gestritten, wer absitzen musste, um das Tor neben dem Viehgitter zu öffnen, das auf den Highway führte. Sie wünschte sich jetzt nichts sehnlicher, als dass sie ihn bei dieser Debatte öfter hätte gewinnen lassen.
    Sie saß von ihrem Pferd ab und öffnete das alte hölzerne Tor. Piniennadeln blieben in Matildas Mähne hängen, und Kate musste den Kopf wegen der tief hängenden Ästen einziehen. Matildas unbeschlagene Hufe klapperten über den Asphalt des Highways, dann aber, als sie auf den weichen, sandigen Boden durch die Grasbüschel ritt, die sich im Wind wiegten, waren ihre Schritte nicht mehr zu hören. Eine stürmische Brise kam von der Bucht herein, als Kate mit Matilda einen kleinen Pfad hinunterritt, vorbei an Bäumen mit tief hängenden Ästen und ein paar dürren Wüstenkasuarinen. Dann ging es hinauf über eine Düne, und schließlich standen sie auf dem strahlend weißen Sandstrand.
    Die Stute hob den Kopf und spitzte aufmerksam die Ohren. Ihre Mähne und ihr Schweif flatterten im Wind, als sie auf die weißen Schaumkronen zutänzelte, die auf der grauen kabbeligen See zu sehen waren. Der Wind strich über die Wellenkämme und nahm dabei Seewasser auf. Kate schmeckte das Salz auf ihren Lippen, als das Wasser in winzigen Tröpfchen auf ihrem Gesicht landete und sich in Matildas Mähne festsetzte. Auf dem festeren Sand, der grau wie nasser Zement glänzte, trieb sie die Stute zum Trab

Weitere Kostenlose Bücher