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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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war, raffiniert mit einem grün belaubten Zweig verdeckt hatte.
    Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass die Vorräte knapp waren.
    Der Offizierskoch gab die Essensportionen möglichst weit verteilt auf die Teller, damit es nach mehr aussah. Dieser Trick brachte Rooke auf eine interessante Rechnung: Welchen Kreisumfang konnte man mit einer gegebenen Menge Erbsen und Pökelfleisch erzielen?
    Doch ob dick oder dünn, wie lang der Kreisdurchmesser und wie interessant das Problem unter Anwendung der Zahl Pi auch sein mochte, die Essensrationen blieben kärglich, weil die versprochenen Versorgungsschiffe einfach nicht kamen.
    »Diese Mistkerle haben uns vergessen«, sagte Timpson mit gedämpfter Stimme zu Rooke, strich dabei mit dem Finger über den Teller und leckte ihn ab. »Haben uns hier abgeladen und sich gesagt, Gott sei Dank sind wir die los! Oder aber die Schiffe sind alle havariert. Ich wünschte bei Gott, ich hätte mich nie freiwillig gemeldet.«
    Für Timpson war es der allererste Einsatz, und er hatte noch nicht gelernt, sein Heimweh zu verbergen. Beim Essen träumte er gerne laut von seinen Lieblingsspeisen, vor allem von dem Fleischeintopf mit geschmortem Lauchgemüse, den seine Mutter zubereitete. Auch Rooke hatte sich schon dabei ertappt, wie er mit offenen Augen von einem Teller mit neuen Kartoffeln, Butter, Salz und Petersilie träumte, dazu ein schönes frisches Hammelkotelett.
    An der gesamten Tafel, an der nach kurzer Zeit jeder Teller weiß glänzte, saß kein einziger Mann, der glaubte, Seiner Majestät jüngste Kolonie werde von Dauer sein. Die Frage war nur, ob sie bis dahin alle gestorben sein würden.
    Als sich der Gouverneur nach dem Essen erhob, sah er so spindeldürr und eckig aus, dass er Rooke an Newtons Mathematikerbrücke erinnerte.
    »Einen schönen Abend, meine Herren, und besten Dank für die Gastfreundschaft.«
    Er blickte auf seinen Teller und zögerte, als bereue er seine Bemerkung, die auch ironisch verstanden werden konnte.
    »Ich habe die Absicht, mit einer Gruppe von Männern das Landesinnere zu erkunden, in der Hoffnung, dort irgendetwas zu finden, was für unsere Kolonie von Nutzen sein kann.«
    Von Nutzen sein kann . Ihnen allen war klar, was sich hinter dieser gedrechselten Wendung verbarg: In Sydney Cove wächst einfach nichts, und unsere Vorräte gehen zur Neige .
    »Außerdem bin ich zuversichtlich, dass wir dort auf Eingeborene treffen werden, die eher zu Gesprächen mit uns bereit sind als jene, denen wir hier begegnet sind.«
    Rooke musste an die beiden Männer denken, die an ihm vorbeigegangen waren, als wäre er ein Felsen oder ein Strauch. Jeden Morgen trat er als Erstes hinaus und sah nach, ob sie wieder da waren.
    Der Gouverneur verzog den Mund zu einem angedeuteten Lächeln.
    »Ich frage mich, meine Herren, ob sich unter Ihnen jemand befindet, der gerne mit von der Partie sein möchte.«
    Ohne zu überlegen, sprang Rooke auf.
    »Leutnant Rooke, Sir, ich komme mit.«
    Vögel – Säugetiere – Ameisen und ihre Behausungen . Hier war seine Chance, mehr von New South Wales zu sehen als das Fleckchen, das er bis jetzt kennengelernt hatte. Und falls sich eine Gelegenheit ergäbe, mit den Einheimischen Verhandlungen zu führen, wer wäre besser dafür geeignet als ein Mann, der fünf Sprachen beherrschte?
    Ein paar Sekunden nach ihm meldete sich auch Silk.
    »Hauptmann Silk steht ebenfalls zu Ihren Diensten, Sir«, rief er aus.
    Steht zu Ihren Diensten war eine weitaus bessere Formulierung. Rooke nahm sich vor, sie sich zu merken. Ich komme mit! klang wie der Ausruf eines Schuljungen. Er spürte, wie er rot wurde, doch niemand sah zu ihm hin.
    »Besten Dank, meine Herren, ich bin Ihnen sehr verbunden.«
    Als die Tafel aufgehoben wurde, zögerte Silk noch einen Moment.
    »Sapperlot, Rooke, ich dachte, ich wäre das flinkste Schachtelmännchen im Regiment, aber wie ich sehe, sollte ich mir meiner Sache nicht zu sicher sein!«
    Rooke versuchte eine Antwort zu formulieren, aber Silk wartete sie nicht ab.
    »Dornen, Sonnenbrand, Moskitos und bestimmt auch Schlangen. Vielleicht auch unfreundliche Eingeborene. Aber je schlimmer die Erfahrung sein wird, desto besser wird es sich lesen. Die Eingeborenen sind es, die ich brauche. Ihre Zurückhaltung enttäuscht mich sehr. Bei dieser Expedition ergibt sich vielleicht die Gelegenheit, mit diesen scheuen Gesellen zu plaudern. Und was auch immer sonst dabei herauskommen mag, unsere Beteiligung an dieser Expedition kann uns

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