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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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Gouverneurs vorzusprechen .
    Seine Schonfrist war vorüber, seine Zeit als Erschaffer von Sternen vorbei.
    Der Junge, dessen Gesicht von dem schnellen Lauf den Felsvorsprung hinauf gerötet war wie das eines jungen Mädchens, rasselte jedoch nur eine auswendig gelernte Nachricht herunter. Hauptmann Silk lässt Sie grüßen, Sir, und meint, es dürfte Sie interessieren zu erfahren, dass die Eingeborenen in die Siedlung gekommen sind, und er lässt fragen, ob Sie zu ihm an den Fluss hinunter kommen wollen .
    Als Rooke dem Jungen am Hospital vorbei und den Exerzierplatz entlang folgte, sah er eine Gruppe von drei oder vier männlichen Eingeborenen auf sich zukommen. Dicht hinter diesen Männern ging Silk.
    Der Kontrast zwischen den Eingeborenen, die nichts als ihre Haut am Leib trugen, und dem Hauptmann mit Jacke und Kniehose, war wie eine Summe, bei der etwas nicht stimmte. Silk sah irgendwie unwirklich aus, die Tressen und Knöpfe an seiner roten Jacke wirkten wie Flitterkram, der in keinerlei Beziehung zu dem darunter befindlichen Brustkorb stand. Kein Wunder, dass die Eingeborenen einen Beweis gebraucht hatten, dass unter dieser Hülle nicht ein Käfer oder ein Vogel steckte, sondern ein menschliches Wesen.
    Während Rooke näherkam, hörte er, wie Silk bei dem Ältesten der Eingeborenen, einem hageren Mann mit grauer Behaarung auf der Brust, eines seiner Wörter ausprobierte.
    » Budyeri? Budyeri , na komm schon, alter Knabe, beweise mir, dass du Ohren hast!«
    Der Mann reagierte nicht.
    »Meine Güte, Rooke, die sind so knauserig mit Worten wie ein Geizkragen mit seinem Geld!«, rief Silk aus. »Guten Tag übrigens. Ich dachte, du würdest dir dieses Schauspiel nicht entgehen lassen wollen. Gestern Abend sind sie auf einmal in die Siedlung gekommen, zuerst Boinbar, dann noch weitere, immer grüppchenweise. Warungin muss auch irgendwo sein. Der Gouverneur und ich sind der Meinung, dass sie eindeutig bei uns zu bleiben gedenken.«
    Rooke hatte Silk noch nie so aufgekratzt gesehen.
    »Komm, Rooke, ich will mir nicht eine Sekunde davon entgehen lassen.«
    Er nahm Rooke beim Arm und folgte den Eingeborenen, die weiter durch die Siedlung zogen. Man sah ihnen keinerlei Erstaunen über die Hütten, die Regenfässer oder den Trupp in Ketten gelegter Sträflinge an. Rooke erinnerte dieses Bild daran, wie er einmal den Herzog von Richmond und seine Gefolgschaft gesehen hatte, als man ihnen die Sehenswürdigkeiten von Portsmouth zeigte. Sie waren genauso entlanggeschlendert wie diese Männer hier und hatten dabei huldvoll und leicht gelangweilt nach rechts und links geblickt.
    Der Grauhaarige ging zu einer der Hütten hinüber. Ohne anzuklopfen oder auch nur einen Augenblick an der Türschwelle zu zögern, duckte er sich, um unter dem niedrigen Türsturz hindurchzukommen und trat, gefolgt von den anderen, ein.
    Silk ging hinüber und blieb an der Tür stehen, um hineinlugen zu können. Rooke stellte sich neben ihn. An der Feuerstelle in der Hütte stand eine Frau, die ihren Säugling fest an sich drückte, während zwei Kleinkinder die Gesichter in ihrer Schürze versteckten. Die Mutter hatte ebensoviel Angst wie ihre Kinder, nur konnte sie sich nirgends verstecken. Die Männer gingen in dem Raum umher, nahmen verschiedene Gegenstände in die Hand – eine Teetasse, eine Gabel, eine Tonpfeife – und legten sie, während sie zueinander leise Kommentare abgaben, wieder zurück. Einer nahm ein Stück Brot vom Tisch und schnupperte daran. Dann tauchte er einen Finger in den Teebecher, leckte ihn ab und verzog das Gesicht. Ein anderer hob einen Porzellanteller hoch, klopfte mit einem langen harten Nagel daran, biss mit den Zähnen hinein und stellte ihn wieder hin.
    Dies war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie eine Teetasse und eine Gabel zu Gesicht bekamen. Und das einzige Mal, dass sie versuchsweise in einen Porzellanteller beißen mussten. Es würde nie wieder das erste Mal sein. Rooke war sich bewusst, dass er gerade Zeuge von etwas Unwiederholbarem und Unumkehrbarem war. Er erlebte gerade mit, wie zwei verschiedene Welten aufeinanderprallten.
    Als die Männer genug gesehen hatten, wandten sie sich zur Tür. Rooke und Silk traten zurück, um sie durchzulassen. Von rechts und von links kamen Leute aus ihren Hütten die Straße hinuntergelaufen.
    »Die Wilden sind da!«, hörte Rooke einen Mann aus dem Fenster rufen. »Komm schnell gucken, Meg!«
    Breitbeinig, die Muskete über der Schulter und mit etwas Pelzigem, das ihm

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