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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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wasch dich selbst.«
    Sie nahm das Handtuch und tauchte eine Ecke davon in das warme Wasser ein, wie sie es bei ihm gesehen hatte.
    Während er sie betrachtete – jede einzelne Gefühlsregung war in ihrem Gesicht wahrnehmbar: ihre Überraschung über das ungewohnte Gefühl von warmem Wasser auf der Haut, Vorsicht, der Spaß, den diese neue Sache machte –, riskierte Rooke einen kleinen Scherz.
    »Wenn du dich oft genug wäschst, wirst du irgendwann weiß werden!«
    Er wusste nicht, ob Tagaran die Worte verstehen würde oder seinen Versuch, sie gestisch umzusetzen, wobei er so tat, als wasche er seinen Unterarm, und ihn dann neben ihren hielt, die weiße Haut neben die braune. Er fand das einfach nur lustig, dachte, es sei genau die Art alberne Bemerkung, die ein Kind zum Lachen brachte, und dass sie umso witziger war, weil seine eigene Haut neben ihrer so leichenblass wirkte.
    Tagaran rieb mit dem Handtuch ein paar Mal über ihren Unterarm, betrachtete ihn prüfend und schleuderte das Handtuch gekränkt zu Boden.
    » Tyerabarrbowaryaou! «
    Was, wie er vermutete, sinngemäß so etwas hieß wie Ich will aber nicht weiß werden!
    Schmollend schob sie die Unterlippe vor und nahm eine Pose ein, die Entsetzen ausdrücken sollte. Rooke erschrak und verfluchte sich für seine Ungeschicklichkeit.
    Plötzlich zwinkerte sie ihm zu, und er erkannte, dass ihr Entsetzen nicht echt, sondern nur gespielt war. Rooke hatte seine Bemerkung spaßhaft gemeint, und Tagaran hatte den Spaß weitergetrieben und ihm eine ironische Wendung gegeben.
    Als sie sah, dass sich seine Gesichtszüge vor Erleichterung entspannten, gab sie ihre schmollende Pose auf und lachte vor Vergnügen über ihr gemeinsames Spiel. Auch Rooke lachte, erstaunt über die Vielschichtigkeit.
    Aber es machte ihm auch bewusst, wie leicht etwas falsch laufen konnte. Er musste aufpassen, ermahnte er sich. So harmonisch der Umgang miteinander auch war, er musste alles vermeiden, was missverstanden werden konnte. Zu viel stand auf dem Spiel, und nicht etwa nur das historische Verdienst, als Erster die Sprache der Eingeborenen zu sprechen.
    Der Nachmittag ging zu Ende, es begann zu dämmern. Die Frauen am Lagerfeuer nahmen ihre Säuglinge hoch und riefen nach den Kindern, doch Tagaran und Worogan tuschelten miteinander und blickten dabei in Rookes Richtung. Irgendetwas führten sie im Schilde.
    » Matigarabangun nangaba «, sagte Tagaran, legte die Hand unter ihren zur Seite geneigten Kopf und deutete mit dem Finger der anderen Hand auf den Fußboden.
    Nangaba – Rooke hörte darin ein ihm schon bekanntes Wort: nanga , der Infinitiv des Verbs schlafen . Er kannte bereits die Formen nangadiou , ich habe geschlafen, und nangadiemi , du hast geschlafen. Ob nangaba die Zukunft war? Wollte Tagaran damit sagen, dass sie und Worogan bei ihm in der Hütte schlafen wollten?
    Er ging zum Lagerfeuer hinüber und versuchte, sich bei Mauberry und Barringan zu vergewissern, ob er richtig verstanden hatte. Ja, versicherten sie, Worogan und Tagaran wollten und dürften in der Hütte von Mr. Rooke schlafen. Es gab ein großes Gelächter. Rooke machte sich gar keine Hoffnungen, ihren lautstarken Kommentaren folgen zu können, war sich aber ziemlich sicher, dass es dabei um ihn ging. Vielleicht war es ganz gut so, dass er nichts verstand.
    Den Reiz, an einem ungewohnten Ort zu übernachten, kannte Rooke aus seiner eigenen Kindheit. Vielleicht war das bei allen Kindern auf der ganzen Welt so. Selbst er hatte als Junge einmal um die Erlaubnis gebettelt, eine Nacht unter der Markise in dem schmalen Garten hinter dem Haus in der Church Street verbringen zu dürfen.
    Bis vor kurzem hatte sich Daniel Rooke noch mit dem Kind verbunden gefühlt, das er einmal gewesen war. Nun jedoch kam ihm der kleine Junge von damals wie ein völlig anderer Mensch vor als der Mann, der gerade einer Gruppe lachender nackter Frauen und ihren pummeligen braunen Säuglingen zum Abschied zuwinkte und der an dieser Szene nichts ungewöhnlicher fand, als wären es seine Nachbarn in Portsmouth gewesen.
    Er teilte sein Essen mit den Mädchen, wenn er dabei auch den Eindruck hatte, dass sie es hauptsächlich deshalb aßen, weil es für sie etwas Neues war, nicht, weil es ihnen schmeckte. Ein Brocken altbackenes Brot und ein Stück gebratenes Pökelfleisch waren ja auch wirklich nicht gerade Leckerbissen. Als er dann wenigstens noch Süßtee machte – die ledrigen Blätter in den Kessel gab und sie ziehen ließ –, stießen

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