Australien 03 - Tal der Sehnsucht
werde dir eine neue Dose hinstellen. Sieht so aus, als könntest du sie brauchen. Du wirkst ein bisschen verstopft.« Er wandte sich ab, doch ehe er in seinen Pick-up stieg, blieb er noch einmal stehen und drehte sich zu ihr um.
»Ach ja. Ich wollte dir noch was sagen, bevor ich fahre … ich glaube, deine Hündin wirft.«
Mit offenem Mund sah Rosie Jim abfahren. Ihre Hündin? Warf?
»Dixie!«, rief sie aus. In ihrem Kopf herrschte Chaos. Sie schlüpfte in ein Paar Stiefel, die an der Hintertür standen, und lief zu den Hundezwingern, nicht ohne Jim bei jedem Schritt inbrünstig zu verfluchen. Er hätte ihr auch seine Hilfe anbieten können.
Im Halbdunkel konnte sie erkennen, wie die anderen Hunde an dem Hammel kauten, den Jim für sie geschlachtet hatte. Dixie lag kratzend und winselnd im letzten Zwinger. An der Gittertür hing eine Plastiktüte. Rosie band sie los und schaute hinein. Darin lag ein Buch, Die Hundefibel , und ein Fetzen Zeitungspapier markierte das Kapitel über die Geburt. Rosie öffnete das Gitter und schleifte Dixie am Halsband heraus. Ihre Pupillen waren weit und ängstlich aufgerissen, und ihre rosa Zunge hing weiter heraus, als Rosie je gesehen hatte.
»Komm schon, Mädchen. Wir suchen dir einen gemütlicheren Fleck.«
Im Stall kratzte Dixie ausgiebig an ihrem Lager, das aus ein paar alten Säcken und einer dicken Strohschicht bestand. Sie kreiste eine halbe Ewigkeit darüber und legte sich zuletzt winselnd und hechelnd nieder. Gleich darauf leckte sie ihre Flanke und begann dann von neuem zu kreisen. Hechelnd. Immerzu hechelnd. Rosie saß im Schneidersitz unter der nackten Glühbirne, die von den alten Dachbalken herabhing. Sie las konzentriert in dem Buch und legte es nur gelegentlich beiseite, um Dixies Hinterteil zu inspizieren.
Als Rosie den ersten Welpen sehen konnte, hielt sie fasziniert die Luft an. Die Hündin krümmte sich und leckte eifrig an dem winzigen Köpfchen, das zwischen ihren Beinen zum Vorschein kam. Rosie griff mit den Fingern nach der warmen, glitschigen Beule und zog sie sanft heraus. Eine Blase flutschte heraus, bis zum Platzen mit einem Kelpiewelpen gefüllt. Wie in Jims Buch beschrieben, zerrte Rosie an der zähen Hülle, während der kleine Welpe nach Luft schnappend zu zappeln begann. Er sah eher aus wie eine Ratte als wie ein Kelpie. Rosie lächelte glückselig, während Dixie den Welpen sauber leckte, ihn hin und her rollte und behutsam an der Nabelschnur knabberte. Minuten später suchte der Welpe blind, aber instinktiv nach Dixies Wärme und nach einer vollen Zitze. Rosie schaute auf ihre Uhr. Dem Buch zufolge musste sie jetzt nur auf den nächsten Welpen warten.
»Braves Mädchen, Dixie. Braves Mädchen.« Rosie streichelte Dixies silbrigen Rücken, und die Hündin schien aus ihrer Berührung Trost zu ziehen. Die Aufregung, bei der Geburt eines winzigen Kelpiewelpen zuzusehen, ließ Rosie daran denken, was sie erst vor kurzem über die Hunde auf der Warrock Station gelesen hatte. Ob die Menschen damals die Geburt eines Wurfes auch so aufgeregt verfolgt hatten?
Warrock Station, circa 1870
Während Jack auf Bailey durch den Fluss spritzte und die verirrten Schafe von der Warrock Station das Flussufer hinauftrieb, fragte er sich gespannt, wie es auf Warrock Station wohl aussehen würde. Er hatte gehört, dass George Robertson ursprünglich ein schottischer Möbeltischler aus Port Glasgow war, der während der letzten zwanzig Jahre seiner Säge und seinen Leuten kaum eine ruhige Minute gegönnt hatte. Jetzt würde Jack das Ergebnis mit eigenen Augen sehen.
Als er schließlich das Haupthaus und die Nebengebäude der Warrock Station erblickte, meinte er, in ein kleines Märchendorf geraten zu sein. Insgesamt standen hier mindestens dreißig Gebäude, allesamt mit Kreuzblumen verziert, die stolz und kunstvoll von jedem Dachgiebel vorragten. Alle Bauten waren gut proportioniert und mit glänzender Farbe, schmucken Fensterläden und dunklem Fachwerk versehen. Auf dem Weg zum Scherstall kam Jack mit seinem Trupp verirrter Warrock-Schafe an einem Lagerhaus für die Schaffelle, an einem Schuppen, in dem Zutaten für den Kaltbrand gelagert wurden, sowie einem Verschlag mit geschlachteten Schafen für die Küche der Station vorbei. Alle waren frisch gestrichen und dekoriert. Selbst die Waschräume für die Scherer wiesen beeindruckende Schnitzereien an ihren Balken auf.
Ein Mann in Dungarees trat mit hochgerollten Ärmeln aus der Dunkelheit des
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