Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
zusammen sind.«
»Ach, Meg«, sagte Emily. »Was redest du denn da?«
»Das weißt du doch, Mummy.«
Emily ging in die Hocke und nahm sie in die Arme. »Du weißt so vieles, nicht wahr, meine Kleine?«
Meg begann achselzuckend, Zahnpasta aus der Tube zu quetschen.
»Hey! Nicht so viel!«, mahnte Emily.
Als sie mit den Mädchen beim Frühstück saß, schloss sie die Augen und malte sich aus, wie alles werden könnte. Wie sie und Luke zusammenarbeiteten und gemeinsam beschlossen, welcher Teil des Gebietes bewaldet werden musste und welcher ein weiteres Jahr ruhen sollte. Welchen Bereichen ein kontrollierter Brand guttun würde und wo es problematische Flächen gab, die von Unkraut befreit werden mussten. War ein solches Leben wirklich möglich, rätselte sie. Vielleicht wollte ihr die alte Emily klarmachen, dass es funktionieren könnte. Vielleicht waren ihnen diese Berge gemeinsam bestimmt, ihr und Luke? Das sind doch Märchen, tadelte sie sich schließlich.
Ein paar Stunden später hatte Emily Tilly und Meg bei Evie abgesetzt und stand gerade wieder vor dem Spiegel, um ihr Gesicht zu begutachten, als Rousie anschlug, um ihr mitzuteilen, dass sich jemand näherte. Sie beobachtete, wie Luke in seinem alten Holden WB über den zerfurchten Weg schaukelte. Erleichtert erkannte sie, dass er keine Uniform trug. Als er ausstieg und in seinen Jeans, Stiefeln und dem wollenen Arbeitspullover vor ihr stand, wurden Emily die Knie weich.
»Morgen«, sagte er, holte seinen breitkrempigen Cowboyhut aus dem Wagen und drückte ihn auf seinen Kopf.
»Morgen«, erwiderte sie nervös. »Noch einen Tee, bevor wir losziehen?«
Luke schüttelte den Kopf.
»Nö, lass uns gleich loslegen.« Er rieb sich die Hände. »Kann’s kaum erwarten.«
»Ich habe gehofft, dass du das sagen würdest«, erwiderte Emily. »Ich hab’s auch nicht so mit dem Rumsitzen. Dann komm mit.«
»Mit Vergnügen«, erwiderte Luke breit lächelnd, und sie hörte ein leises Flirten in seiner Stimme. Es könnte tatsächlich funktionieren, sagte sie sich aufgeregt. Mit klopfendem Herzen führte sie ihn zu den Ställen.
Im Stall beobachtete sie, wie er mit seinen schönen Händen über die uralten Pfeiler strich, auf denen die Sparren unter dem luftigen Schindeldach ruhten, das außen zum Schutz mit Wellblech abgedeckt war.
»Der Bau ist unglaublich. Sieh dir diese Zimmererarbeit an!«
Emily war gerade dabei, das Zaumzeug von den Holzhaken zu nehmen, und sah auf.
»Ich weiß. Sie waren damals ziemlich geschickt.«
»Das sind sie heute auch noch, soweit ich das feststellen kann.« Er fing ihren Blick auf und hoffte, dass sie sein Kompliment bemerkt hatte.
»Granddad hat diese Ställe gebaut, und hier draußen«, erzählte sie und trat durch eine Seitentür, »hat Granny früher Ziegen gehalten.« Sie deutete auf den festen Holzzaun, der eine Ecke der Wiese vor dem Stall abtrennte. »Die alte Steinwand dort gehörte früher zum Schweinekoben. Und an dem Gestell da drüben hat Granddad früher die Kuh gemolken, als er noch ein kleiner Wicht war.«
Sie stützten sich mit den Ellbogen auf die Zaunbretter und ließen den Blick über die alten schindelgedeckten Außengebäude und das in der Mitte stehende Haupthaus der Flanaghan Station wandern.
»Die Farm ist der Wahnsinn!«, stellte Luke fest.
»Sie ist schon was Besonderes, ja. Du bist seit Jahrzehnten der erste Regierungsbeamte, der hier aufkreuzt, weißt du das? Nicht, dass wir euch eigens hergebeten hätten, aber es scheint auch niemand herkommen und sich die Farm mit eigenen Augen ansehen zu wollen. So als würde sich niemand für die Geschichte unserer Gegend interessieren. Ich glaube, es ist einfacher für sie, wenn sie so tun, als wäre all das gar nicht da.«
Sie drehte sich zu ihm um, und die Sonne wärmte ihr Lächeln. »Gut, dass endlich mal so ein Regierungsheini herkommt und aus erster Hand erfährt, was ihr mit eurem Weideverbot zerstört.«
»Emily.« Er drehte sich ihr zu und sah ihr in die Augen. »Ich bin kein ›Regierungsheini‹, und ich habe es nicht darauf abgesehen, irgendwas zu zerstören. Solange du hier bist, kann dir niemand diese Farm wegnehmen.« Er legte die Stirn in Falten. » Regierungsheini? Autsch, das tut weh.«
»Aber du bist ein Regierungsheini. Du arbeitest für den VPP .«
»Das ist ein Job, Emily. Meine Fahrkarte aus der Stadt. Ich habe ihnen nicht meine Seele verkauft. Ich wurde auch von meinem Land vertrieben, hast du das vergessen? Auch dafür war ein
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