Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
der Schulter abgerissen war, während der andere völlig durchgewetzt war. Auf einer Schulter klemmte ein zusammengerolltes Handtuch unter dem Hosenträger, offenbar um zu verhindern, dass er auf eine Verletzung drückte, die gründlich verpflastert worden war, und ihr Arm steckte in einem verschmutzten Gipsverband. Eine alte, ölfleckige Traktorfahrerkappe rundete das Bild ab. Sie sah aus wie der letzte Hinterwäldler aus einem schlechten Horrorfilm, aber unter der Kappe erkannte er das süße Gesicht der Frau aus dem Krankenhaus.
Als sie die verschmierte Kappe vom Kopf zog, blieb Luke kurz die Luft weg, so hübsch war ihr Gesicht. Trotz ihres Aufzugs war diese junge Frau atemberaubend schön. Von seinem Platz hinter dem Regal aus konnte er sie viel besser betrachten als damals, als er im Krankenhauspark neben ihr gesessen hatte.
In diesem Moment stellte Kate die Pasteten auf der Theke ab und stieß einen langen, tiefen Wolfspfiff aus.
»Mann, siehst du super aus, Emily.«
»Genau«, antwortete sie. »Eine echte Schönheit, wie? Natürlich hat Tante Flo mir gleich am Tag nach meiner Ankunft mein Pferd, meinen Sattel, meine Stiefel, meine Unterwäsche und die Reitpeitsche hochgebracht … nur nichts zum Anziehen! Ich hab schon daran gedacht, eines von diesen Omakleidern anzuziehen, aber Blumenmuster sind einfach nicht mein Ding.«
»Ich hab gehört, du bist aus dem Krankenhaus getürmt. Mal abgesehen von den Klamotten siehst du besser aus, als ich erwartet hätte«, meinte Kate. »Ich könnte dich mit einem neuen Flanellhemd und frischen Hosen ausstaffieren.«
»Danke, Kate, aber ich hol mir später was bei Dad ab.«
Luke holte tief Luft und trat hinter dem Regal hervor.
»Mann!«, schrie Kate auf. »Ich hab total vergessen, dass Sie auch noch da sind. Haben Sie mir einen Schreck eingejagt!«
»Verzeihung.« Er sah Emily an. »So sehen wir uns wieder.«
» Sie!« Ihre Augen wurden groß, als sie den gut aussehenden Jungen aus dem Krankenhaus vor sich sah. Die dunklen Locken, das abgetragene grüne T-Shirt und die Jeans, die seinen durchtrainierten Körper umschmiegten …
»Ja, ich!«
Emily musste lächeln. »Was tun Sie hier?«
Luke war noch nicht bereit, ihr zu erzählen, dass er für den VPP arbeiten würde. Er merkte, dass er immer noch das Buch in der Hand hielt. »Ähhm … Bücher kaufen?«
Emily sah, dass er das Buch über ihre Familiengeschichte ausgesucht hatte.
»Eine ziemlich gute Geschichte«, sagte sie, und ihre Augen funkelten.
»Ich fände es nett, wenn ihr uns bekanntmachen würdet«, mischte sich Sam ein, der an der Verkaufstheke lehnte.
Luke und Emily sahen sich an und lachten beide los.
»Ich würde ihn dir ja vorstellen, ich weiß nur nicht, wer er ist.«
Sam und Kate runzelten die Stirn.
»Ich verstehe«, sagte Sam.
»Ich nicht«, sagte Kate.
Emily deutete auf Sam. »Wir sind uns nur einmal vor dem Krankenhaus begegnet. Das ist mein Bruder Sam Flanaghan, und das ist Kate.«
»Sam Flanaghan?«, wiederholte Luke. »So wie der Sänger? Ich wusste , dass mir das Gesicht bekannt vorkommt.«
Sam ließ ein höfliches Lächeln aufblitzen. Er war es gewohnt, erkannt zu werden.
»Nett, euch kennenzulernen. Und wer bist du?«, fragte Luke Emily.
»Emily Flanaghan.« Sie streckte die Hand aus und genoss das Gefühl, als er sie ergriff.
»Ich bin Luke. Luke Bradshaw.«
»Es ist mir eine Freude, dich endlich offiziell kennenzulernen, Luke Bradshaw.«
»Gleichfalls, gleichfalls.« Sie hielten den Händedruck ein bisschen zu lange aufrecht und sahen sich in die Augen, bis Sam sich räusperte.
»Wir müssen los.«
»Ja, wir sehen uns«, sagte Emily und ließ Lukes Hand abrupt los. Sie wurde rot und floh aus dem Laden, weil ihr plötzlich aufging, wie sie aussehen musste.
Luke sah ihr durch das dunkle Netz des Fliegengitters nach.
»Und hast du dich entschieden?«, fragte Kate spitz.
»Ja«, sagte er. »Das habe ich.«
»Wie schön für dich.«
»Eine Pastete, bitte, mit Sauce, und das Buch hier.«
»Du willst dich über Emilys Familiengeschichte schlaumachen?«
»Wieso?«
»Das Buch. Es handelt von Sams und Emilys Familie.«
»Genial«, sagte er.
»Kann ich dir sonst noch helfen?«
Luke überlegte kurz.
»Ähm … ja. Könntest du mir sagen, wo das Büro des VPP ist?« Er sah Kate an, dass sie zu gern gewusst hätte, warum er das fragte.
»Unten an der Straße rechts. Gegenüber der Schule. Übernimmst du den Posten vom alten Darcy?«
»Ich nehme es
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