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Ausweichmanöver (German Edition)

Ausweichmanöver (German Edition)

Titel: Ausweichmanöver (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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vorgestellt, wie es sein musste, reiche Eltern zu haben, die für alles Verständnis hatten.
    „Wenn sie mal zu Hause sind. Aber das ist es ja. Die verstehen nicht, warum Julia trotz allem immer wieder zu ihren Eltern zurückgeht. Die reden immer von anzeigen und Rechte wahrnehmen.“ Philip wischte sich wieder einmal den Pony aus dem Gesicht.
    „Aber Julia will ihre Eltern auf keinen Fall verletzen“, sagte Lars und dachte daran, dass seine Eltern sich ruhig ein Beispiel an Julia nehmen könnten.
    „Ich kann sie gut verstehen. Meine Eltern drehen auch manchmal am Rad. Aber deswegen zeige ich sie doch nicht an.“
    Lars nickte beklommen.

10
    Es sah aus wie eine Schule, okay, wie eine alte Schule, es roch wie eine Schule, und das Klingeln schepperte so schrill wie in jeder Schule, die ich je besucht hatte, und ich fühlte mich so beklommen wie immer, wenn ich zum Schulleiter musste. Ich holte tief Luft und klopfte an die Tür des Sekretariats.
    Hatte ich das „Herein“ überhört? Vorsichtig öffnete ich die Tür einen Spalt.
    „Das Geschäftszimmer ist für Schüler nur in den großen Pausen …“ Da sie mitten im Satz den Kopf zu mir gedreht hatte, erkannte sie ihren Irrtum beinahe noch rechtzeitig und verwandelte das vorwurfsvolle Leiern in ein freundliches Begrüßungslächeln. „Was kann ich für Sie tun?“
    „Hauptkommissar Stefan Ollner, ich habe einen Termin mit Frau Stellmacher.“
    Wie aufs Stichwort ging die Verbindungstür auf. Eine kleine, dunkelhaarige Frau, zu der mir sofort „quadratisch, praktisch, gut“ einfiel, stürzte mit ausgestreckter Hand auf mich zu. „Herr Ollner, sehr erfreut. Kommen Sie herüber.“
    Zu ihrer Sekretärin: „Frau Fiedler, einen Kaffee für den Herrn, bitte.“
    Wieder zu mir. „Sie mögen doch Kaffee, oder?“
    Das alles, ohne meine Hand loszulassen. Im Sturmschritt sausten wir in ihr Büro. Im Nu hatte sie mich auf den Sessel in der Sitzecke bugsiert, der zwar modern und quietschrot, aber überhaupt nicht bequem war.
    Frau Fiedler servierte den Kaffee und stellte eine Schale Kaffeebohnen in dunkler Schokolade auf den Tisch. Genau in die Mitte, sodass weder Frau Stellmacher noch ich bequem herankamen. Frau Stellmacher schürzte die Lippen. „Die Milch, Frau Fiedler. Und beeilen Sie sich.“
    Jetzt kräuselten sich ihre Lippen zu einem fröhlichen Lächeln. „Sie will, dass ich abnehme.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich aber nicht.“ Sie zog die Schublade im Schrank hinter sich auf. „Was haben wir denn da? Milka Nuss. Ritter Sport Rumtraube. Lindt Praliné. Und hier, die müssen Sie probieren. Handgemacht, weiße Schokolade mit einem Hauch Kaffee.“
    Ich blinzelte überrascht.
    „Jetzt sagen Sie nicht, schwarzer Kaffee reicht Ihnen. Danach sehen Sie nämlich gar nicht aus.“
    Verschämt schaute ich auf meinen Bauch, wo das Hemd an den Knöpfen leicht spannte.
    Sie lachte vergnügt. „Machen Sie sich nichts draus. Zu jedem Mann gehört ein Bauch.“
    Frau Fiedler räusperte sich, als sie mit einem Kännchen Milch wieder in das Büro trat. Sie war wirklich schlank, dünn, dürr, und sie machte einen mehr als unzufriedenen Eindruck. Sie stellte die Milch auf den Tisch.
    „Fettarm“, sagte sie, bevor sie einen tadelnden Blick auf die weiße Schokolade in der Hand ihrer Chefin warf.
    Die lachte erneut und fragte: „Möchten Sie ein Stückchen, Frau Fiedler? Beruhigt die Nerven.“
    „Auf keinen Fall, und denken Sie bitte an Ihren Termin mit dem Bürgermeister um halb elf.“ Damit verschwand sie und schloss die Tür vollkommen geräuschlos hinter sich.
    „Wie?“ Ich biss mir auf die Zunge und schluckte die Frage herunter.
    „Sie wollen wissen, wie ich das aushalte, jeden Tag, den ganzen Tag lang?“
    Ich nickte. „Ich weiß, es geht mich nichts an.“
    Sie winkte ab. „Das ist ganz einfach. Wir respektieren uns, ja, wir mögen uns sogar. Ich finde sie zu dürr. Sie hält mich für viel zu fett. Wir haben beide recht und wollen der anderen helfen. Wenn wir uns nicht gegenseitig schätzen würden, könnten wir gar nicht zusammenarbeiten.“
    „Wahrscheinlich.“
    „Aber deswegen sind Sie nicht hier. Sie sagten am Telefon etwas von einem gestohlenen Wagen.“
    „Ihr Kollege, der Herr Oberstudienrat Harald Heckmann.“
    „Eine echte Zierde unseres Berufs“, warf sie leise ein.
    Ich war verwirrt. „Ich verstehe nicht.“
    „Egal. Fahren Sie bitte fort.“
    „Herr Heckmann hat sich am Freitag ein neues Auto gekauft.“
    „Einen Volvo,

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