Ausweichmanöver (German Edition)
bereute. Zu zweit wären sie bestimmt nicht angegriffen worden.
„Wie kommst du darauf, dass er sich gestellt hätte?“
„Er hat mich angerufen, ganz kurz nur. Er wusste von nichts. Ich hab’s ihm erzählt und gesagt, er soll mit seinem Vater zur Polizei gehen.“
„Wusstest du, wo er sich aufgehalten hat?“
„Nein, er war mit Julia zusammen. Wo, hat er nicht gesagt. Vielleicht ist er auf dem Weg zur Polizei angegriffen worden, so wie Valentin.“ Lars war aufgeregt. „Wir haben Ihnen gesagt, da hat es einer auf uns abgesehen. Sie haben uns nicht geglaubt, weil wir Kinder sind.“
„Kinder hätte ich nicht gesagt. Ihre Theorie klingt weit hergeholt, wenn es so gar kein Motiv gibt. Oder ist Ihnen inzwischen eines eingefallen?“
„Nein.“ Lars ließ den Kopf hängen. „Dabei denke ich dauernd darüber nach.“
„Dann will ich Ihnen auf die Sprünge helfen. Können Sie mir erklären, wie Ihre und Valentins Fingerabdrücke auf den neuen Wagen Ihres Lehrers kommen?“
Lars stutzte. „Klar. Valentin hat in dem Laden Praktikum gemacht. Er hat beim Reifenwechseln geholfen, bevor der Wagen ausgeliefert wurde, und ich habe Fotos gemacht für seine Praktikumsmappe.“
„Beim Fotografieren haben Sie den Wagen berührt?“
„Ich war neugierig, wegen der Bildschirme in den Kopfstützen.“
Ollner sah nicht überzeugt aus. Er fragte Lars, ob er wusste, wo das Mädchen sich aufhielt, das Valentin gefunden hatte.
Lars schüttelte den Kopf. Galt das auch als Lüge?
42
Eigentlich wollte Sebastian Frau Gambach nur mitteilen, dass er jetzt mit dem Einpacken begann und dafür den Werkstattwagen in Bucht drei fahren würde. Er konnte die Sachen schließlich nicht mit seinem Moped transportieren. Er hörte die tiefe Stimme Heckmanns schon von Weitem.
„Auf keinen Fall werde ich die Reinigung bezahlen.“
Was Frau Gambach antwortete, war nicht zu verstehen. Sie blieb ruhig, das gefiel Sebastian. Er ging näher, nicht um zu lauschen, das würde er nie wagen, er wollte nur hören, worum es ging.
„Was heißt hier keinen Beweis? Natürlich wurden die Papiere in Ihrer Werkstatt in den Wagen geschmuggelt.“
„Das wurden sie nicht. Das kann beim Transport, beim Großhändler oder sogar noch im Werk passiert sein. Ich würde jedenfalls auf den Transporteur tippen.“
Sebastian verstand nicht genau, worüber sie sprachen. Allerdings begriff er, dass er nicht zugeben musste, dass er die Papiere versteckt hatte.
„Morgens ausliefern, abends wieder einsammeln, klingt lukrativ.“
„Sehen Sie, Herr Heckmann, ich verstehe Ihre Verärgerung. Für uns kleine Händler vor Ort macht der Kundendienst den Unterschied. Wir können uns solche Aktionen nicht leisten. Das spricht sich im Nu herum.“
An der Färbung ihrer Stimme erkannte Sebastian, dass sie aufgestanden war, sich den Rock glatt gestrichen hatte und nun ganz nah vor Heckmann stand. Der sollte ihren Duft nicht einatmen.
Ohne anzuklopfen, riss er die Tür auf. Sie standen da, wie er es sich vorgestellt hatte. Ihre Brüste berührten beinahe sein Jackett. Er murmelte: „Verzeihung!“ und tat so, als wollte er wieder verschwinden.
Verärgert sagte Frau Gambach. „Sie haben uns sowieso unterbrochen, sagen Sie, was Sie auf dem Herzen haben.“
„Ich nehme den Werkstattwagen zum Ausräumen des Lagers. Bucht drei kann nicht verplant werden.“
Sie nickte erfreut. „Gut. Danke.“
Er war entlassen. Trotzdem hörte er noch ein paar Worte. „Ich kann Ihnen die Reinigungskosten nicht komplett erlassen. Die Personalkosten sind zu hoch. Aber hundert Euro könnte ich.“
„Hundertfünzig“, sagte er.
Sebastian kochte. Dieser Hurensohn. Er stellte den Wagen rückwärts in die Bucht, sodass er ihn gut beladen konnte. Ganz unten stellte er die Kiste mit den fertigen Schlüsseln hin. Darauf kamen die Rohlinge und dieses Zaubermaschinchen, das Körper abtastete und die Form in einen Code übertrug, den die Fräsmaschine verstand und in einen Schlüssel verwandelte. Er überlegte, was er noch einpacken sollte. Alles konnte er nicht mitnehmen. Schlüssel für Volvos mussten sie weiter erstellen können. Er wunderte sich immer wieder, wie viele Schlüssel die Leute so an ihrem Bund ließen, wenn sie ein Auto zur Reparatur oder Inspektion brachten. Um Ostern, wenn die Sommerreifen aufgezogen wurden, machte er an manchen Tagen mehr Scans und Abdrücke als er verarbeiten konnte. Manche waren sogar beschriftet. Bei anderen dauerte es eine Weile, oftmals mehrere
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