Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
zum Schwimmen ans Südufer der Insel gegangen, wo der Strand eine sandige Bucht aufwies. Plötzlich wurden die Erwachsenen durch laute Hilfeschreie der Kinder aus ihrem Dämmerschlaf gerissen. Alle sprangen erschrocken auf und rannten los. Lediglich Roland Kinsel drehte sich um und brummte mürrisch.
"Verdammte Bälger, nicht einmal mittags können die Ruhe geben.“
Bernd Take, der das noch hörte, platzte der Kragen.
“Sie blöder Idiot. Wenn jemand um Hilfe ruft, ist es ein Notfall. Und wenn Kinder um Hilfe rufen, ist es ein großer Notfall. Wenn alle Kinder um Hilfe rufen, ist es eine Katastrophe. Aber schlafen Sie ruhig weiter. Dann spüren Sie wenigstens das schlechte Gewissen nicht, das Sie normalerweise drücken müsste.“
Damit drehte er sich um und rannte den anderen, die schon in die Richtung losgelaufen waren, aus der die Hilferufe gekommen waren, hinterher.
Patricia Kimm, die noch nicht sicher schwimmen konnte, hatte sich zu weit ins Wasser gewagt und war plötzlich untergegangen.
“Wo habt ihr sie zuletzt gesehen?“, schrie Henry, von Panik erfasst, die Kinder an.
“Dort, ungefähr zwanzig Meter vom Ufer entfernt“, antwortete Klara Brink und wies mit dem Finger auf eine Stelle im Wasser, wo sie Patricia zum letzten Mal gesehen hatte. Sofort sprangen alle in Wasser, um nach ihr zu suchen.
“Halt!“, brüllte Heinz ihnen hinterher. “Sucht weiter östlich! Wir haben eine Westströmung. Sie ist bestimmt nicht mehr dort, wo sie unter gegangen ist.“
Anita stand mit angstverzerrtem Gesicht am Ufer und wurde von Rita Take und Anna Breuer gestützt.
“Mein Gott, wie konnte das passieren? Sie war doch sonst immer so vorsichtig.“
“Mach Dir keine Sorgen“, tröstete sie Anna. “Sie werden sie bestimmt finden.“
Bernd Take hatte sich inzwischen von Hermann die Taucherbrille genommen und durchschwamm mit kräftigen Zügen das Wasser, wobei er ständig nach allen Seiten blickte. Noch niemals zuvor hatte er sich so schnell unter Wasser bewegt und noch niemals zuvor hatte er unter Was-ser so lange die Luft angehalten. Beim zweiten Tauchgang erblickte er in etwa zehn Meter Entfernung einen Schatten, der hilflos im Wasser trieb. Obwohl ihm bereits die Luft ausging, schwamm er wie ein Besessener auf den Schatten zu, packte ihn und zog ihn mit sich nach oben. Im ersten Augenblick konnte er selbst nicht begreifen, dass er Patricia tatsächlich gefunden hatte. Er sprach deshalb auch kein einziges Wort und rannte mit dem leblosen Körper aufs Ufer zu.
Rita war die erste, die begriff.
“Er hat sie. Seht, Bernd hat sie gefunden!“
Alle bemühten sich, auf schnellstem Weg wieder aus dem Wasser zu kommen. Vor allem Heinz, der wusste, dass jetzt seine ärztliche Kunst gefragt war, hatte es besonders eilig. Obwohl er immer wieder in alte Wurzelstöcke trat, die mit dem Seegrund verwachsen waren, lief er weiter, ohne auf die Schmerzen zu achten, welche die teilweise scharfkantigen Wurzeln an seinen Füßen verursachten. So war er nach Bernd auch der nächste, der das Ufer erreichte. Er packte Patricia ziemlich unsanft an den Füßen und, riss sie nach oben, um auf diese Weise das Wasser aus ihren Lungen zu bekommen. Aus ihrem Mund, den er durch Bernd hatte öffnen lassen, schoss eine Wasserfontäne, die sich auf den schmalen Sandstreifen am Ufer der Insel ergoss.
Anita stand da und weinte, unfähig, in dieser Situation irgendwie helfen zu können. Auch Henry wusste nicht, wie er mitwirken sollte, und Heinz war es ganz recht, dass beide nicht den Versuch unternahmen, ihm hilfreich zur Seite zu stehen. Eltern machen in dieser Lage meist mehr Fehler, als sie zur Unterstützung beitragen und so war er froh, dass ihm lediglich Bernd Take assistierte. Heinz hatte Patricia mittlerweile auf den Boden gelegt und mit den Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen.
“Lebt sie noch?“, fragte Henry, wohl wissend, dass er in diesem Augen blick gar keine Antwort auf seine Frage haben wollte. Lieber im Moment im Ungewissen bleiben, als durch die grausame Wahrheit vor dem Unveränderbaren zu stehen.
Heinz hatte keine Zeit, auf die Frage zu reagieren und Bernd verstand nichts davon. So blieb seine Frage unbeantwortet, und Henry gab sich damit auch zufrieden. Wohl kaum einer bekam richtig mit, welche Anstrengungen Heinz unternahm, um das junge Leben zu retten. Alle waren viel zu aufgeregt, und teilweise begriffen sie auch gar nicht, was Heinz
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