Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
Versteck geblieben, bevor wir es gegen Abend dann verlassen haben. Wir ließen jegliche Vorsicht fallen und rannten, was wir konnten, nur um möglichst schnell von der Stelle fort zu kommen, an der wir uns die Lebensmittel angeeignet hatten. Dann versteckten wir uns abermals, um uns erst einmal richtig satt zu essen. Nach vielen Wochen, hatten wir so viel Brot und Schinken, wie wir nur wollten. Natürlich haben wir uns zurückgehalten und nicht wahllos in uns hineingeschlungen. Aber wir haben wesentlich mehr zu uns genommen, als wir das gewohnt waren. Es war das mit Abstand beste Mahl, das ich in den vergangenen Jahren erhalten hatte.
Dann sind wir weiter gezogen, ohne Plan und ohne zu wissen wohin. Wir wollten nur aus der Stadt hinaus. Nach vier Tagen hatten wir plötzlich den Starnberger See erreicht. Hier schien alles wesentlich friedlicher zu sein. In Starnberg selbst trafen wir keine Menschenseele. Auch dort ist alles ausgestorben und die Menschen, die noch leben, werden sich verstecken, so wie wir uns versteckt haben. Gestern Nacht sahen wir von Kempfenhausen aus einen deutlichen Feuerschein, der aus Richtung Possenhofen kam. So schien es jedenfalls. Genau konnte man das aus dieser Entfernung nicht feststellen. Auf jeden Fall war klar, dass hier Menschen leben, und nachdem sie so offen mit dem Feuer umgingen, konnte man nur vermuten, dass sie nichts zu verbergen hatten und deshalb friedfertig sein würden. Am heutigen Morgen zogen wir dann los, und was anschließend passiert ist, haben sie ja selbst miterlebt. Wenn Sie nicht gewesen wären, hätten uns diese Verbrecher umgebracht.“
Gertraud hatte sich inzwischen zu ihrem Mann gesetzt und fing plötzlich an, zu weinen. Die Strapazen und der Schock des gerade Erlebten brachen jetzt erst hervor. Jochen nahm sie in den Arm und versuchte, sie zu trösten. Heinz wusste, dass Ablenkung am besten geeignet war, um Gertraud auf andere Gedanken zu bringen und stellte Fragen, deren Antwort ihn eigentlich gar nicht interessierte.
“Sagen Sie einmal Frau Taler, und ich frage bewusst Sie, weil ich weiß, dass Frauen besser beobachten als Männer“, - dabei zwinkerte er mit den Augen Jochen zu - “was glauben Sie, wie viele Menschen in München noch leben?“
Gertraud wischte sich die Tränen aus den Augen.
“Nun, das ist sehr schwer zu schätzen. Wenn ich an Schwabing denke, würde ich sagen, dass dort mit Sicherheit nicht mehr als 200 Menschen leben. Das ist eher zu hoch als zu niedrig gegriffen.“
Die Insulaner waren entsetzt. Das einst so quirlige Schwabing - und jetzt nur noch von 200 Menschen besiedelt! Heinz bohrte weiter.
“Bedeutet das Ihrer Meinung nach, dass in ganz München, wenn man von Schwabing ausgeht und hochrechnet, nur noch zwei- bis dreitausend Menschen existieren?“
“Ich glaube nicht, dass es mehr sind; eher weniger. Mehr haben die Epedimien bestimmt nicht überlebt. Und außerdem: Die Seuchen sind noch nicht vorüber. Noch immer gibt es Pest- und Cholerafälle, wenn sie auch seltener geworden sind.“
“Wie kommt es denn, dass Sie diese Epidemien überlebt haben?“
“Gegen Cholera waren wir geimpft worden. Warum wir die Pest nicht bekommen haben, kann ich mir auch nicht erklären. Alle um uns herum starben und wir blieben verschont. Ich habe keine Ahnung warum.“
“Nun, damit Sie uns jetzt nicht noch die Pest bekommen, werde ich Sie nachher auf der Insel gegen diese Krankheit impfen.“
“Heißt das, dass Sie meinen Mann und mich bei sich aufnehmen?“
Heinz sah kurz zu den anderen und konnte die Antwort in deren Gesichtern lesen.
“Wir werden Sie doch nicht mehr ziehen lassen! Sie müssen sich erst einmal erholen und wieder zu Kräften kommen. Außerdem brauche ich meinen teuren Verbandsstoff wieder, wenn Ihr Mann genesen ist. Oder denken Sie, ich lasse Sie einfach damit abhauen?“
“Ich würde Sie auch gar nicht gehen lassen“, mischte sich Henry ein. “Schließlich möchte ich miterleben, wie dieser Stümper“ - und dabei deutete er auf Heinz - “diese miserablen Knoten, die er am Arm Ihres Mannes verbrochen hat, wieder löst, wenn er die Fäden zieht. Immer vorausgesetzt, die Knoten sind bis zu diesem Augenblick überhaupt noch vorhanden, was ich sehr stark bezweifle. Ich habe bei dem noch nie einen Knoten gesehen, der längere Zeit gehalten hätte.“
Gertraud musste herzhaft lachen und vergaß ihren Schmerz ganz schnell wieder.
“Wir danken
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