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Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Titel: Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Doll
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Hausdächer deiner Modelleisenbahn, sagte sich Wollner. Modelleisenbahn - wie lange hatte er schon keine Zeit mehr gefunden, sich damit zu beschäftigen!
     
    Tretjakow meldete sich über den Bordlautsprecher und erklärte, dass sie in wenigen Minuten Wien überfliegen würden, was aus den Fenstern der rechten Sitzseite bestens zu beobachten sei. Rudi Wollner saß zufälligerweise auf dieser Seite und blickte nach unten. Schon häufig hatte er Wien aus der Höhe von rund 9800 Meter, wie der Pilot die Flughöhe angab, gesehen, und deshalb war das für ihn nichts Neues. Aber er hatte heute einfach keine Lust zum Lesen und bevorzugte es, die weit entfernt vorbeiziehende Landschaft aus der Vogelperspektive zu betrachten.
     
    Rudi sah gerade die Stadtgrenze von Wien in seinem Gesichtsfeld erscheinen, als das Geräusch der Turbinen abrupt abbrach. Gleichzeitig fielen überall die Sauerstoffmasken herunter. Sekunden später bat Trejakow, die Ruhe zu bewahren und gab bekannt - da es sich nicht verheimlichen ließ - dass sämtliche Triebwerke der Maschine ausgefallen seien. Er werde versuchen, in den Gleitflug überzugehen und eine Notlandung auf dem Wiener Flughafen zu machen. Zunächst herrschte tatsächlich völlige Ruhe in der Kabine. Das war der Schock, den diese Nachricht verursachte. Doch nach wenigen Sekunden brach allgemeine Panik aus. Alles schrie durcheinander und niemand hörte mehr auf die verzweifelten Aufforderungen der Stewardessen, sitzen zu bleiben und die Gurte festzuschnallen. Viele rannten zu den hinteren Sitzreihen, wohl in der Annahme, im Falle eines Absturzes hier größere Überlebenschancen zu haben.
     
    Rudi war viel zu bestürzt, um überhaupt reagieren zu können und blieb deshalb wie angenagelt sitzen. Angeschnallt war er ohnehin noch und selbst, wenn er gewollt hätte, der Schock hatte ihn unfähig gemacht, sich zu bewegen. Immer wieder hatte er sich auf seinen vielen Flug reisen überlegt, wie er wohl reagieren würde, wenn eines Tages das Flugzeug, das er gebucht hatte, abstürzen würde. Jetzt hatte er die Antwort. Er reagierte überhaupt nicht. Aus Überraschung, aus Angst, aus Feigheit, das spielte im Moment keine Rolle.
     
    Am Anfang konnte Tretjakow die Maschine wirklich im Gleitflug halten und noch den Mayday-Notruf absetzen. Aus irgendeinem Grund kam sie dann aber plötzlich ins Trudeln und schoss im Sturzflug nach unten. Er und der Copilot probierten alles, um das Flugzeug wieder abzufangen. Kurz vor dem Aufprall war ihnen das fast gelungen. Tretjakow sah noch die Donau, die munter dahin floss und Menschen, die gemütlich in den Weinlauben saßen und den milden Abend genossen. Viele werden sterben, dachte er sich. Dann gab es einen gewaltigen Knall. Die Maschine war mitten in Grinzing abgestürzt. Sie explodierte und eine lodernde Flammenfontäne schoss mindestens fünfzig Meter in die Höhe. Mehrere Häuser gingen sofort in Flammen auf. In Bruchteilen von Sekunden war ein unbeschreibliches Inferno ausgelöst.
     
    Helga Wollner hatte ungefähr noch zwanzig Kilometer zum Flughafen zu fahren und immer noch lief der Motor ihres Autos ohne jede Störung. Ich glaube, ich habe Glück, freute sie sich. Im Radio wurden wieder einmal die neuesten Meldungen durchgegeben. Sie hörte kaum noch hin, da es ständig das Gleiche war: Ausfall fast aller Fahrzeuge, Ausfall des gesamten öffentlichen Verkehrsnetzes, Ausfall lebensnotwendiger Versorgungseinheiten und mittlerweile Tausende von Toten und Verletzen. Auf der Autobahn war sie an einigen Auffahrunfällen vorbei gekommen, aber entweder war es nur bei Blechschäden geblieben oder man hatte die Verletzten - wie auch immer - bereits abtransportiert. Sie wollte gerade das Radio wieder abschalten, als die Nachricht durchgegeben wurde, dass ein Flugzeug auf dem Weg von Bukarest nach München über Wien abgestürzt sei. Weiteres sei noch nicht bekannt, aber man werde darüber berichten, sobald man selbst mehr in Erfahrung gebracht hätte.
     
    Helga ließ vor lauter Schreck das Lenkrad für einen Augenblick los und wäre fast gegen einen Brückenpfeiler gerast. Es gelang ihr gerade noch, das Steuer wenigstens so weit herumzureißen, dass sie den Pfeiler lediglich mit der Stoßstange touchierte und dadurch wieder auf die Fahrbahn zurückgeworfen wurde. Sie blieb stehen, ließ aber den Motor vorsorglich im Standgas weiterlaufen.
     
    “Mein Gott, Rudi“, schluchzte sie, “das war Dein Flug.“
     
    Wie in einem Film sah sie sich in Trauerkleidung

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