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Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Titel: Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Doll
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nahm inzwischen stündlich zu.
     
    Die Ärzte selbst waren alle zu einem sehr frühen Zeitpunkt gegen Cholera geimpft worden. Man war sich irgendwann einmal im Klaren darüber, dass Arzte eine der wesentlichen Stützen in diesen ausweglosen Tagen sein würden und hatte deshalb staatlicherseits verfügt, dass sich alle der Choleraimpfung zu unterziehen hatten. Bei Heinz Breuer war diese Impfung nicht nötig gewesen, da er erst einige Wochen vor dem mysteriösen Stromzusammenbruch mit seiner Familie in Indien im Urlaub gewesen war und dadurch bereits mit dem Impfschutz versehen war. Trotzdem hatte er den für ihn vorgesehenen Impfstoff genommen und sich aufgehoben, um damit irgendwann einem Menschen zu helfen, der ihn dringend benötigte. Bald schon sah er ein, dass eigentlich jeder Mensch dafür in Frage gekommen wäre und es niemanden gab, der wichtiger oder weniger wichtig gewesen wäre. So verabreichte er letztlich einem guten Freund die Impfung, der als einziger in seinem Bekanntenkreis noch nicht immunisiert worden war.
     
    Breuer machte zweimal vormittags und zweimal abends die Runde durch seine Station. Hinzu kamen noch zwei Visiten während der Nacht, die es ihm nahezu unmöglich machten, zu schlafen. Die Visiten hatten ohnehin kaum einen Effekt. Sie dienten in erster Linie dazu, die unheilbar Erkrankten von denjenigen zu trennen, die noch eine Überlebenschance hatten. Und die Zahl der letzteren wurde immer kleiner. Er kämpfte jedoch um jedes Menschenleben, und da er auch sehr gut in der Natur- heilkunde bewandert war, konnte er erstaunlich viele Menschenleben retten, die von seinen Kollegen an Ermangelung gewohnter Heilmittel bereits aufgegeben waren. Bald schon hatte man ihn den Spitznamen “Dr. Eisenbart“ gegeben, was in diesen Tagen keineswegs eine Beleidigung, sondern ein ernst gemeintes Lob war. So rettete Dr. Breuer/Eisenbart viele Leben, was dazu führte, dass sein Krankenhaus die niedrigste Sterblichkeitsquote aller Münchener Krankenhäuser hatte. Doch irgendwann gingen selbst die naturheilkundlichen Präparate aus, wodurch auch dieser letzte Rettungsanker für die kranken Menschen verloren ging. Und so dauerte es nicht mehr lange, und das Krankenhaus von Breuer hatte genauso viele Sterbefälle zu beklagen, wie alle anderen Krankenhäuser auch. Es war ein Freitag und der 13. Kalendertag des Monats, als Dr. Vulpius, der Chefarzt, alle Mediziner zusammenrief.
     
    “Meine Herren“, begann er, “ich muss Ihnen eine betrübliche Mitteilung machen. Sie wissen, die Medikamente, die wir zur Behandlung Krankheiten benötigen, gehen nun langsam zur Neige. Heute Morgen haben wir die letzten Packungen Thalamyd ausgegeben. Ich brauche ihnen allen nicht zu erklären, was das bedeutet. Ohne Thalamyd können wir keine Cholerafälle mehr behandeln. Was erschwerend hinzu kommt, ist die immer knapper werdende Personaldecke. Jede Woche bleiben mehr und mehr Kollegen ihrem Dienst fern und auch unser Pflegepersonal hat zahlenmäßig drastisch abgenommen.“
     
    Dr. Vulpius hatte Recht. In der Tat waren viele von Breuers Kollegen nicht mehr zum Dienst erschienen, und vom Pflegepersonal war seiner Schätzung nach nur noch die Hälfte anwesend. Viele hatten die Hoffnung auf eine Änderung der Situation aufgegeben und sahen deshalb auch in ihrer Arbeit keinen Sinn mehr.
     
    “Wir haben uns deshalb entschlossen“, fuhr Vulpius fort, “und damit meine ich wirklich schweren Herzens entschlossen, ab morgen keine weiteren Cholerafälle in unser Krankenhaus aufzunehmen. Wir können ohnehin nicht mehr behandeln und mit neuen Aufnahmen gefährden wir nur die Heilungschancen derjenigen, die aus anderen krankheitsbedingten Gründen in unseren Zimmern liegen. Zu ihrer Beruhigung kann ich ihnen versichern, dass wir mit dieser Maßnahme nicht die Ausnahme sind. Alle Krankenhäuser und Kliniken in München werden morgen den gleichen Schritt vollziehen. In anderen Städten haben sie das schon längst gemacht.“
     
    “Was können wir denn überhaupt noch behandeln?“, wollte ein Kollege von Breuer wissen.
     
    “Eine gute Frage“, meinte Vulpius. „Viel ist in der Tat nicht mehr übrig geblieben. Wir sind noch in der Lage, einfache Operationen durchzuführen. Sie wissen selbst, uns steht zur Narkotisierung lediglich Äther zur Verfügung. Bitte fragen sie mich nicht, wie lange noch. Und ohne die medizintechnischen Hilfsmittel sind unsere Möglichkeiten relativ begrenzt. Selbst Sauerbruch hatte mehr Geräte zur

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