Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
einer seiner Petroleumlampen an, reinigte mit etwas Wodka, den er mitgenommen hatte die bereits nicht mehr blutende Wunde und wickelte eine Mullbinde darum. Anschließend holte er ihr Rad herbei. Der vordere Reifen war platt. Er montierte ihn aus der Gabel heraus, entfernte den Mantel und pumpte dann den Schlauch auf, um festzustellen, an welcher Stelle die Luft entwich. Bei dem spärlichen Licht, das der Mond verbreitete, war das nicht ganz einfach, aber er fand dennoch den kleinen Riss, der fünf Zentimeter neben dem Ventil den Schlauch verletzt hatte. In wenigen Minuten war alles repariert und der Reifen wieder in den Rahmen eingebaut. Karin war sichtlich erleichtert.
“Ich hätte das nicht gekonnt, abgesehen davon, dass ich gar kein Flickzeug bei mir habe.“
“Werden Sie denn überhaupt Radfahren können, mit Ihren Verletzungen?“, wollte Franz wissen.
“Einfacher wäre es natürlich ohne meine Prellungen, aber es geht auch so, wenn wir nicht allzu schnell fahren.“
“Keine Sorge“, lachte Kerler, “ich kann selbst nicht besonders schnell fahren. Ehrlich gesagt, habe ich schon ganz schöne Schwielen am Hintern. Ich war überrascht, dass ich überhaupt noch Radfahren kann. Außerdem habe ich noch den Karren im Schlepptau, und da muss ich mich sowieso etwas gemächlicher bewegen. Also kommen Sie, machen wir uns auf den Weg!“
Er half Karin beim Aufstehen und übergab ihr das Rad. Dann setzten sie langsam den Weg fort. Franz hatte den Dynamo an seinem Rad eingeschaltet, so dass sie die Straße ziemlich gut ausleuchten konnten. Besonders notwendig war das beim Autobahndreieck Starnberg, da hier die meisten PKWs ineinander gefahren waren und viele Blechteile quer über die Fahrbahn verstreut lagen. Aufgrund dieser Massenkarambolage, die alles blockiert und ein durch Weiterkommen für Autos unmöglich gemacht hatte, war hinter dem Dreieck Starnberg die Autobahn dann relativ problemlos befahrbar. So kamen sie in Folge gut voran. In dem letzten Waldstück, nach dem die Autobahn in einem Ianggezogenen Abhang nach Starnberg hineinführte, bremste Franz Kerler so abrupt, dass Karin, die hinter ihm herfuhr, fast auf seinen Karren aufgefahren wäre.
“Was ist denn los?“, fragte sie erschrocken. “Fast hätte ich nicht mehr bremsen können.“
“Es tut mir leid“, entschuldigte er sich, “aber irgendetwas warnt mich, weiterzufahren. Ich kann das nicht einmal begründen. Es war einfach eine plötzliche Eingebung. Ich wollte gar nicht bremsen, aber es ging nicht anders. Es war, als hätte jemand meinen Fuß gezwungen, auf die Rücktritts-Bremse zu steigen. Ehrlich gesagt, bin ich genauso erschrocken wie sie. Mir ist so etwas noch nie passiert. Ich glaube meine Nerven fangen jetzt auch schon an, verrückt zu spielen. Kommen Sie, fahren wir weiter!“
“Halt“, protestierte Karin, “wenn Sie das Gefühl haben, dass sie irgendetwas am Weiterfahren hindern will, dann sollten wir vorsichtig sein. Gefühle funktionieren manchmal besser als der Verstand. Und wenn Ihnen das noch nie passiert ist, dann sollten wir doppelt vorsichtig sein.“
“Gut, schieben wir also unsere Räder langsam weiter.“
Franz schaltete den Dynamo wieder aus, um sich nicht durch sein Licht zu verraten, falls tatsächlich irgendwo Gefahr drohte. Sie waren noch keine zwei Minuten gegangen, als sie wenige hundert Meter vor sich einen schwachen Lichtschein wahrnahmen.
“Irgendetwas ist da vorne“, stellte Karin fest.
“Zweifellos“, stimmte Franz zu. “Die Frage ist, wollen wir uns überzeugen, was dort los ist oder wollen wir dem einfach aus dem Weg gehen. Aus dem Weg gehen, hieße die Räder und den Karren über die Leitplanke zu heben und durch den Wald zu marschieren. Das ist äußerst mühsam, und ob wir dazu noch genügend bei Kräften sind, wage ich zu bezweifeln. Ich werde mich ganz leise anschleichen, um zu sehen, was sich dort vorne an dem Licht abspielt. Vielleicht ist alles ganz harmlos und wir können unseren Weg wie geplant fortsetzen. Sie bleiben hier stehen, und wenn mir wirklich etwas passiert, was Sie an der vermutlich zunehmenden Lautstärke deutlich erkennen werden, drehen Sie um und machen sich schnellstens aus dem Staub!“
Kerler hatte sein Rad mittlerweile an eine Leitplanke gelehnt und wollte sich gerade auf den Weg machen, als er aus einem liegen gebliebenen Auto, das sich kurz vor ihnen am Straßenrand befand, flüsternd angesprochen
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