Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
Krankheit erfahren, werden einige lieber den Freitod wählen. Und wie uns die Geschichte des Mittelalters lehrt, werden auch viele Menschen sterben, weil sie von anderen getötet werden. Man wird die Häuser derer abbrennen, von denen man vermutet, dass die Bewohner von der Krankheit befallen sind. Ganz gewiss wird man dabei kaum lange untersuchen, ob die Vermutung zutrifft oder nicht. Wenn es darum geht, das eigene Leben zu retten, haben sich die Menschen noch nie mit langen Untersuchungen aufgehalten. Falls alles so eintritt, wie ich es befürchte, und bin davon überzeugt, dass es so eintreten wird, können nach meiner Meinung höchstens zehn Prozent der Menschheit überleben.“
Erst Jahrzehnte später, als alles schon Geschichte war, wusste man, dass Heinz Breuer nicht übertrieben und die Entwicklung ziemlich präzise vorausgesehen hatte. Henry Kimm runzelte besorgt die Stirn.
“Außer der Gefahr von Krankheiten sehe ich noch ganz andere Probleme auf uns zukommen. Wenn erst einmal jeder vom Ausbruch der Pest informiert ist, werden viele die Stadt verlassen. Und bestimmt kommen dann noch andere auf die Idee, dass die Roseninsel eine gute Überlebenschance bietet. Wir dürfen uns nicht einbilden, dass wir die einzigen bleiben. Es gibt genügend Segler, die das Gebiet hier am Wochenende als Ankerplatz gewählt haben. Damit geht das Problem los. Selbst wenn wir die Wiese vor der alten Villa als Ackerfläche nutzen, kann die Insel maximal 25 bis 30 Personen ernähren. Die Villa bietet höchstens 20 Menschen Platz. In den Sommermonaten könnten notfalls auch einige auf ihren Booten übernachten, denn die meisten werden zweifellos mit ihren Booten kommen. Was jedoch geschieht in der kalten Jahreszeit? Wir wären gezwungen, dann eine Hütte bauen. Vielleicht auch zwei. Und was geschieht, wenn mehr als 30 Personen auf die Insel wollen? Dann beginnt auch für uns der Kampf ums Überleben, denn mehr als 30 Menschen können wir nicht zulassen. Aber es könnten auch noch andere Schwierigkeiten auf uns zukommen. Die Insel ist vom Ufer aus leicht zu erschwimmen. Die 170 Meter, die uns vom Festland trennen, sich leicht zu bewältigen. Da muss man noch nicht einmal ein Rettungsschwimmer sein. Unsere Boote sind hier am Steg fest gemacht und könnten leicht für jeden eine Beute werden, der sich darin Nahrungsmittel erhofft. Die Yachten sind für uns bisher mehr oder weniger nur Vergnügungsboote gewesen. Wir werden sie sehr bald zum Fischen benötigen und notfalls sind sie auch ein letztes Mittel zur Flucht. Das heißt, unsere Schiffe sind für uns also lebensnotwendig und wir müssen sie deshalb schnellstmöglich in Sicherheit bringen. Das wiederum bedeutet, wir müssen sie weiter draußen im See verankern. Nur so sind sie einigermaßen vor Diebstahl geschützt. Wir haben ja die Möglichkeit, sie schnell und problemlos mit unseren Beibooten zu erreichen.“
Heinz nickte zustimmend.
“Du hast recht. Toll, dass Du wirklich an alles denkst. Mir wäre das erst aufgefallen, wenn es zu spät gewesen wäre. Man sollte fast meinen, Du hättest so etwas schon einmal mit gemacht. Man muss wirklich befürchten, dass früher oder später noch andere Menschen zur Insel kommen. Wir sind hier relativ gut gegen die Seuchen geschützt. Nicht optimal, aber gut. Es gibt keine Ratten und ich habe noch ausreichend Impfstoff gegen die Pest. Dennoch bin ich völlig Deiner Meinung: Unsere vordergründigste Aufgabe ist es, die Anzahl derer, die wir auf die Insel lassen, zu beschränken. Mag sein, dass dies überheblich klingt, doch bleibt uns nichts anderes übrig. Und so schlimm es klingt: wir müssen sie notfalls verteidigen. Ich hasse es, sich als Herr über etwas aufzuspielen, das uns noch nicht einmal gehört, aber anders haben wir keinerlei Chance, unser Leben, das Leben derer, die als nächstes kommen und das Leben unserer Familien zu schützen. Was schlägst Du vor? Wie viele Menschen verträgt die Insel?“
“Ich sagte es ja schon. Mehr als 30 Menschen sind nicht möglich. Alles andere wäre glatter Selbstmord.“
“Also beschränken wir die maximale Bewohnerzahl auf dreißig. Gott gebe, dass uns dies gelingt.“
Erst einige Monate später war klar, dass die Sorgen des heutigen Abends unbegründet waren. Die Einwohnerzahl der Insel erreichte niemals die dreißig und sie waren auch nie gezwungen, andere Menschen aus diesem Grund weiterzuschicken oder gar mit Gewalt zu vertreiben.
“Sagt einmal, Ihr
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