Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
zu lange einnimmt, hatte Los Angeles seine Wirkung auf mich verloren. Ich hatte immer damit gerechnet, dass das passieren würde, doch dass es so schnell kommen würde, hätte ich nicht gedacht. Ich war erst zwei Wochen hier, und ursprünglich hatte ich geplant, einen Monat zu bleiben. Na ja …
Mir war sehr deutlich bewusst, dass ich nicht hierher gehörte.
Doch wohin gehörte ich dann? Mein »Zuhause« existierte ja nicht mehr. Dennoch, in Irland gab es so vieles, dem ich mich stellen musste, dass ich mich früher oder später dazu durchringen müsste zurückzukehren – und angesichts meiner Kränkung, die ich durch Troy erfahren hatte, wäre ich am liebsten sofort zum Flughafen gefahren. Ich sah zu meinem Koffer; weil im Schrank nicht genug Platz war, hatte ich das meiste nicht ausgepackt, und es würde keine zehn Minuten dauern, bis ich meine Sachen zusammengesucht hätte und abhauen könnte. Die Vorstellung, mich in ein Flugzeug zu setzen, hatte etwas Tröstliches, wie ein Pflaster auf einer Blase.
Aber was war mit Emily? Wäre es nicht sehr egoistisch, sie in dieser nervenaufreibenden Zeit im Stich zu lassen? Widerstrebend kam ich zu dem Schluss, dass ich bleiben sollte, bis wir von Larry Savage gehört hatten. Entweder würde er ihr Drehbuch kaufen und sie wäre aus dem Schlamassel raus, oder er würde es ablehnen, und ihre Abenteuer im Lalaland wären damit zu Ende. So oder so, wir würden es bald erfahren.
Nachdem ich die Entscheidung getroffen hatte, rief ich meine Eltern an und sagte ihnen, dass ich auf dem Weg nach Hause sei. Diese Handlung allein gab mir das Gefühl, auf dem Weg zu sein.
Dad war am Apparat, wie gewöhnlich von Panik ergriffen. »Welche von euch ist es denn? Ach du, Margaret.« Ich wartete darauf, dass er, überwältigt von den giftigen Dämpfen, die das Telefon ausströmte, den Hörer an meine Mutter weitergeben würde, aber zu meiner Überraschung tat er es nicht. »Warst du schon in Disneyland?«, fragte er.
Nein.
»Du solltest hinfahren. Es ist wunderbar! Und es gibt noch andere Parks, die so ähnlich sind. Irgendwas mit Six Flags. Ich habe gehört, dass es dort die höchste Achterbahn gibt.«
»Denk an dein Genick«, sagte ich streng. »Woher weißt du das mit den Six Flags?«
»Hab im Netz drüber gelesen.«
»In was für einem Netz?«
»Im Internet-Netz.«
»Was machst du denn im Internet?« Ich konnte meine Überraschung nicht verbergen. Überraschung, die schon fast Entrüstung war.
»Helen hat es eingerichtet.«
»Er geht überhaupt nicht mehr raus«, war Mums Stimme am zweiten Apparat zu hören. »Er surft im Netz und sucht nach Pornographie.«
»Das stimmt überhaupt nicht!«
»Du brauchst nicht gleich zu schreien«, sagte Mum. »Ich weiß ganz genau, was in dem Netz da alles los ist.«
»Ich schreie gar nicht, es klingt nur so laut, weil du ganz in der Nähe bist. Außerdem gibt es andere Sachen im Netz außer Pornographie.«
»Zum Beispiel?«
»Reiseangebote.«
Ein Pause, dann fragte ich misstrauisch: »Flüge etwa?«
»Ja, Flüge.«
»In sonnige Gegenden?«
Ich wusste, und es war kein angenehmes Gefühl, wohin das führen würde, und beschloss, das Unternehmen im Keim zu ersticken. »Ich komme bald nach Hause. In ein paar Tagen.«
»Wirklich ?« Schrill, gereizt und in perfektem Gleichklang.
Wie ich vermutet hatte. Na, hoffentlich hatte ich es ihnen gründlich verdorben.
Später erzählte ich Emily davon. »Ich hatte das schlimme Gefühl, dass Mum und Dad eine Reise nach Kalifornien planen.«
»Red keinen Unsinn«, sagte Emily.
»Nein, ich meine es ernst.«
»Ich auch«, sagte sie. »Haben sie schon jemals etwas unternommen, was sie nicht sechs Monate im Voraus gebucht haben? Sie sind ja nicht gerade besonders spontan, oder? Ich meine, in ihren Augen ist es verrückt und völlig ausgeflippt, wenn sie sich eine Wochenendtour für nächstes Frühjahr vornehmen.«
Ich war beruhigt und ließ meine Befürchtungen fallen.
Aber ich hatte nicht mit Helen und ihrer Surfer-Manie gerechnet, und drei Stunden später kam die Sache zu einem schrecklichen Höhepunkt.
»… Flüge über das Internet-Netz gebucht«, erklärte Mum. »Man braucht gar nicht zu einem Reisebüro, man gibt einfach alle Einzelheiten ein, und dann bekommt man eine Liste von Möglichkeiten. Eine tolle Erfindung, das Netz!«
»Aber ich will nach Hause kommen.«
»Das geht jetzt eben nicht«, sagte sie freundlich. »Du musst uns alles zeigen. Und ein paar Tage mehr, was
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