Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
und beugte mich zu ihr, um sie zu küssen. Es war ein keuscher Kuss – also ohne Zunge –, aber süß und verlockend, und als wir die Augen wieder aufmachten und uns zu den anderen drehten, war um uns herum etwas entstanden, was man nur als »Atmosphäre« beschreiben konnte: Troy, Kirsty, Emily und Shay starrten uns ungläubig und verdutzt an.
»Oh, Mann«, stöhnte Ethan und ordnete sein Gehänge.
Nachdem alle gegangen waren, stürzte Emily sich auf mich. »Was soll das mit Lara und dir?«
»Ich weiß es nicht. Es ist nichts.« Aber der Ehrlichkeit halber fügte ich hinzu: »Noch nicht.«
»Noch nicht? Maggie! Hast du etwa vor…?«
Ich nickte. »Ja, vielleicht. Wahrscheinlich.«
»Aber du bist hetero!«
Nach einer kurzen Pause zwang ich mich zu sagen: »Ich weiß es nicht genau, verstehst du?«
»Was zum Teufel meinst du damit?«
»Also …« Es war nicht leicht, das zu erklären. Eher sehr schwer. »Also, weißt du«, sagte ich und schluckte, »du weißt doch, wie es in Pornofilmen ist, oder?«
Emilys Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Obwohl wir praktisch über alles andere in unserem Leben sprachen, war Pornographie ein Thema, das wir bisher ausgelassen hatten.
»Guck mich bitte nicht so an!«, bat ich. »Es ist nicht so, wie du denkst. Ich habe keine Pornofilme, aber wenn Garv und
ich in einem Hotel sind, wo man so ein Programm einschalten kann, dann …«
»Hmm.«
»Ich habe das bisher nie zugegeben, aber die Männer in solchen Filmen haben mich nie interessiert.« Ich sah sie an und erhoffte mir Ermutigung von ihr, aber ihr Gesicht blieb ausdruckslos. »Sie sehen einfach wie Plastik aus mit ihren muskelbepackten Körpern. Ehrlich gesagt, ich finde sie ziemlich abstoßend.«
»Das liegt daran, dass sie abstoßend sind, mit ihren Frisuren und den buschigen Schnurrbärten.«
»Woher weißt du das?«
»Sie sehen alle so aus.«
»Wirklich? Na gut. Also, ich habe das nie jemandem erzählt, aber …« Ich brach ab und wusste nicht, wie ich es sagen sollte. Dann hätte ich mich beinah verschluckt, als ich fortfuhr: »Emily, ich wollte mir nur die Frauen ansehen. Ich fand sie attraktiv.«
»Du findest sie nicht attraktiv«, sagte Emily voller Verzweiflung. »Du willst nur so sein wie sie! Das geht jedem so. Das ist normal!«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube das nicht. Ich glaube, ich bin lesbisch. Oder zumindest bin ich bi.«
Emilys Empörung verschwand, und sie sah mich bekümmert an. »Maggie, ich mache mir Sorgen um dich. Ich meine das ernst. Überleg doch mal, was du in letzter Zeit alles verloren hast. Es ist kein Wunder, dass du dich nach Liebe sehnst, oder nach Zuneigung, was auch immer. Besonders, nachdem Troy dich zurückgestoßen hat.«
»Troy hat mich nicht zurückgestoßen.«
»Entschuldigung. Das war falsch ausgedrückt. Er hat dich nicht … Er hat beschlossen …«
»Er hat mich nicht zurückgestoßen, weil man nur jemanden zurückstoßen kann, der das zulässt.« So etwas Ähnliches hatte ich kürzlich gehört, und es hatte mir gefallen. Leider hatte ich das Gefühl, dass ich irgendwas durcheinander gebracht hatte. Troy hatte mich eindeutig zurückgestoßen.
»Gut, aber was ich sagen will, Maggie, nach allem, was du
durchgemacht hast, ist es nicht verwunderlich, wenn du nicht weißt, was du willst. Letzte Woche war es Troy –«
»Das war ein klarer Irrtum.«
» – und jetzt glaubst du, du willst Lara, aber das stimmt nicht.«
»Und da irrst du dich.«
»Ich irre mich nicht. Du bist einfach verwirrt.«
»Das stimmt nicht. Hör zu, Emily. Lara hat mich heute Abend angelächelt, und das hat in mir etwas Gutes bewirkt, denn zum ersten Mal seit Ewigkeiten habe ich mich …« Ich suchte nach dem richtigen Wort. »… habe ich mich lebendig gefühlt. Es tut mir Leid, dass es schwer für dich ist, und ich verstehe das auch. Du hast mich immer für heterosexuell gehalten, und du hast selbst homophobe Neigungen …«
»Einen Moment mal, ja! Lara ist eine meiner besten Freundinnen und ich liebe sie zum Zerspringen. Und bloß, weil ich im Bett nicht das tun möchte, was sie macht, heißt das nicht, dass ich es missbillige. Ich meine, ich bin auch nicht scharf auf Analverkehr, aber ich habe nichts dagegen, wenn andere das machen.«
Emily schlug die Hände vors Gesicht. »Ich bin an allem schuld. Ich habe dir gesagt, du sollst dich ausleben.«
»Und darüber bin ich froh. Ich habe mich viel zu lange an die Regeln gehalten.«
»Hör auf damit«, flehte
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