Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
zu.
Emily improvisierte ihre Präsentation, und gelegentlich driftete eine Bemerkung in meine Richtung.
»… Emily«, hörte ich Troys sanfte Stimme, »so verkaufst du es mir nicht …
»… du solltest es nicht mit Gnadenlos schön vergleichen …«
Irgendwann klingelte das Telefon, und im nächsten Moment stand Emily neben mir.
»Bist du wach?«, fragte sie. »Irland am Apparat.« Etwas in ihrer Stimme ließ mich hochfahren, zu schnell. Es war doch Garv, oder?
Es war nicht Garv, sondern mein Dad. Ich wollte schon aufstehen und in ein anderes Zimmer gehen, um ungestört sprechen zu können, doch dann ließ ich es. Schließlich war es nur mein Dad. Aber ich hätte gleich merken müssen, dass etwas im Argen lag, denn Dad war das Telefon verhasst, und normalerweise verhielt er sich so, als würde es gefährliche Gase absondern. Warum rief er mich also an?
Er habe mir etwas zu sagen, begann er zögernd und betroffen.
»Aber vielleicht weißt du es ja schon.«
»Erzähl!« Mein Herz klopfte immer noch, weil ich erwartet hatte, mit Garv zu sprechen.
»Wir kamen heute Abend im Auto nach Hause …«
»Heute Abend?« Ach so, natürlich, Irland war acht Stunden voraus. »Erzähl weiter.«
»… und ich habe Paul … also … Garv gesehen. Er war mit einer jungen Frau zusammen, und die beiden sahen, irgendwie sahen sie …« Er sprach nicht weiter. Ich hielt den Atem an und wünschte, ich wäre mit dem Telefon ins Schlafzimmer
gegangen. Dazu war es jetzt zu spät, ich war vor Angst wie gelähmt.
»Sie sahen aus, als würden sie sich, ehm, mögen«, fuhr Dad fort. »Deine Mutter meinte, es würde nichts nützen, wenn ich es dir erzähle, aber ich dachte, du solltest es besser wissen.«
Er hatte Recht. Gewissermaßen. Die Vorstellung, dass ich von jemandem zum Narren gehalten wurde, behagte mir nicht sonderlich. Und ich hatte es schließlich sowieso gewusst. Doch ein starker Verdacht ist nicht das Gleiche wie die Bestätigung des Verdachts.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er beklommen.
Ich sagte ja, aber ich war mir nicht sicher, ob das stimmte.
»Hast du die Frau erkannt?« Mein Herz begann unwillkürlich, schneller zu schlagen.
»Nein, erkannt habe ich sie nicht.«
Ich stieß laut die Luft aus. Wenigstens war es nicht eine von meinen Freundinnen.
»Es tut mir unglaublich Leid, Liebes«, sagte er unglücklich.
Garv, du Mistkerl , dachte ich. Er tat es nicht nur mir an, sondern auch meinem Vater.
»Mach dir keine Sorgen, Dad, wahrscheinlich war es seine Cousine.«
»Glaubst du wirklich?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Nein«, seufzte ich. »Aber es ist nicht wichtig, wirklich.«
Ich legte völlig benommen auf. Was zum Teufel meinte er mit: »Sie schienen sich zu mögen«? Was haben sie gemacht? Haben sie auf der Straße geknutscht?
Ich sah auf und hatte vor mir ein erstarrtes Tableau der besorgten Gesichter. Sogar Desiree hatte den Kopf mitleidvoll auf die Seite gelegt. »Was ist passiert?«
Ich stand zu sehr unter Schock, um auszuweichen, worauf ich sofort von Mitleidsbekundungen überhäuft wurde. Lara goss mir einen Drink ein, Emily zündete mir eine Zigarette an, Justin massierte ein Paar Druckpunkte an meiner Schläfe, Troy empfahl tiefe Atemzüge, und Desiree leckte mir mitfühlend das Bein.
»Ihr hattet euch schon getrennt?«, fragte Lara.
»Das ja, aber …«
»Ich weiß. Ja, aber …«, wiederholte sie verständnisvoll. »Das haben wir alle schon durchgemacht.«
Während sie noch mit mir beschäftigt waren, klingelte das Telefon wieder und Emily nahm ab. Tiefstes Bedauern war in ihrer Miene zu lesen. »Deine Mum.«
Ich ging mit dem Telefon ins Schlafzimmer.
»Margaret?«
»Hallo, Mum.« Ich machte die Tür hinter mir zu.
»Ich bin’s, deine Mutter.«
»Ich weiß.« Und ich weiß auch, warum du anrufst.
»Wie geht es dir so? Ist es immer noch sonnig?«
»Ja. Und ich bin immer noch nicht in den San-Andreas-Graben gefallen.«
»Ich muss dir was erzählen, und ich will das ohne Umschweife tun. Was soll ich mich lange winden, was raus muss, muss raus …«
»Mum …«
»Es hat mit diesem Paul zu tun, deinem Mann«, platzte sie heraus. »Wir sind heute Abend in der Stadt an ihm vorbeigekommen. Er war in der Dame Street, und er war mit einer … einer Frau zusammen. Sie schienen ziemlich verliebt.«
Jetzt sind sie also schon »verliebt«. Dass sie sich offensichtlich mochten, war schon schlimm genug. Ich hatte Mühe zu schlucken. Dieser Mistkerl. Dieser mistige
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