Ausziehen!
anbrüllen. Wie, sagten Sie, ist Ihr Name?«
Die Stimme reduzierte sich auf ein leiseres Schreien.
»Mr. Solberg, entschuldigen Sie bitte vielmals, aber Ms. McMullen ist heute nicht im Haus.« Sie richtete den Blick ihrer strahlend grünen Augen auf mich und sah mich unschuldig an. »Soso, sie hat also Ihren Porsche gestohlen. Ich bin mir ganz sicher, dass da ein Missverständnis vorliegt, Mr. Solberg.« Ihr Tonfall war eine perfekte Mischung aus absoluter Sicherheit und leichter Brüskierung, was mich überraschte, da ich sie schon bei diversen Vorsprechen erlebt hatte. Sie würde definitiv keine neue Meryl Streep werden. Tatsächlich hatte nicht einmal Pamela Anderson etwas zu befürchten. »Wie Sie sicher wissen, ist Ms. McMullen die Professionalität in Person. Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer hinterlassen, werde ich dafür sorgen, dass sie Sie so schnell wie möglich zurückrufen wird.«
Eine halbe Minute später hatte er ihr sechs verschiedene Möglichkeiten mitgeteilt, wie sie ihn erreichen konnte, und ihr zwei Heiratsanträge gemacht. Das war bei Elaine immer so.
Sie legte den Hörer auf und verschränkte die Arme über der Brust, die sich vehement der Schwerkraft widersetzte. »Schieß los.«
»Ich habe ihn mir lediglich ausgeliehen«, erklärte ich, aber in meinem Magen meldete sich ein leises Schuldbewusstsein, das in mir den Appetit auf Bitterschokolade weckte. Da mir die Schokolade aber gerade ausgegangen war, schlenderte ich in mein Behandlungszimmer hinüber und versuchte, die Stelle zu ignorieren, an der Bomstads Leiche gelegen hatte.
Elaine folgte mir. »Ich will die ganze Geschichte hören, und zwar bis ins kleinste Detail!«
In meinem Kopf hämmerte es. »Es gibt nichts zu erzählen.«
»Christina Mary McMullen! Nichts ist das, was in diesem Jahr mit dir los war. Dagegen ist es schon etwas, wenn du den Porsche von so einem Typen mitgehen lässt und ihn dann hier mitten vor deiner Praxis parkst!«
Ich zog kurz in Betracht, alles abzustreiten, und hatte schon den Mund geöffnet, um genau das zu tun, aber schließlich ließ ich meinen Kopf auf die Tischplatte fallen und stöhnte auf. »Verdammt, Elaine, ich sitz echt tief in der Scheiße!«
Sie nahm sich einen Stuhl und zog ihn zu sich heran. Ich konnte hören, wie die Beine über den Boden schabten. »Wegen des Porsches oder des toten Kerls?«
Wieder stöhnte ich, aber im gleichen Augenblick klingelte es an der Praxistür, was meine Selbstmitleidsorgie jäh unterbrach. Dabei hätte es eine so gute werden können!
Sie hob einen Finger, als würde sie mich dazu auffordern, meinen letzten Gedanken festzuhalten, wechselte in ihre professionelle Rolle, als würde sie sich eine Federboa umlegen, und stolzierte durch die Tür hinaus.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie, aber die folgende Stimme ließ meinen Kopf wie einen Hecht an der Angel nach oben fahren.
»Lieutenant Rivera.« Es folgte eine kleine Pause. Ich nahm an, er zeigte ihr seine Dienstmarke. Er hatte einen Hang dazu, das Ding wie eine Olympiamedaille zu zücken. »Ich muss dringend mit Ms. McMullen sprechen.«
»Lieutenant … Rivera, ist das richtig?«
»Ja, Ma’am.«
»Es tut mir leid, aber sie fühlte sich nicht gut genug, um heute in die Praxis zu kommen.«
»Das ist durchaus verständlich.« Seine Stimme war unverwechselbar und klang so tief und dunkel wie in meinen Albträumen. »Sie hat ja auch einen ganz schönen Schock erlebt.«
»Ja, was für eine Schande. Ich bin übrigens Elaine Butterfield«, sagte sie. Ich konnte mir genau vorstellen, wie sie ihm gerade ihre schmale Hand reichte, und ich fragte mich, ob er wohl in Ohnmacht fallen würde, wenn sie dabei einen Arm gegen ihre Brust pressen würde. Mit ihrer Begrüßung hatte sie schon ganz andere Männer dazu gebracht, aus den Latschen zu kippen. »Elaine Butterfield.«
»Sie sind Ihre Sprechstundenhilfe?« Also hatte er das Händeschütteln schadlos überstanden. Ich war beeindruckt, setzte aber immer noch auf Elaine. Früher in der Schule hatte man sie Streberin genannt. Als sie dann Brüste bekam, ließen sich die Jungs anderes einfallen, was weniger mit ihren geistigen Fähigkeiten zu tun hatte. Wer zuletzt lacht, lacht am besten, und das tat Elaine: Sie ging ausschließlich mit Jungs aus, die außerhalb unseres Schulbezirks wohnten, da sie der festen Überzeugung war, es käme einem Inzest gleich, mit Klassenkameraden etwas anzufangen.
»Sprechstundenhilfe und Schauspielerin«, berichtigte sie ihn, wobei
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