Ausziehen!
seinem Beispiel folgen wollte. Nachdem Solberg fertig war, stöhnte er. Ich hörte, wie er auf dem Gehweg neben dem Gebüsch zu Boden ging, und wagte einen Blick in seine Richtung. »Vielleischt hättisch nisch den ganzen Schnaps trinken solln, bevor isch disch abgeholt hab.«
Ich glaube, es herrscht eine allgemeine Übereinkunft darüber, dass Genies die dümmsten Menschen auf der ganzen Welt sind. »Kopf hoch. Wir müssen jetzt erst mal sehen, dass wir dich hineinbefördern«, sagte ich und versuchte krampfhaft, nicht zu den Azaleen hinüberzusehen, aber er hatte sich schon auf die Seite und mitten hinein gerollt.
Einen Moment lang starrte ich ihn ungläubig an, fluchte innerlich und sah mich um. Wir befanden uns in einer guten Wohngegend, und die Nacht war schön und warm. Da, wo er jetzt war, lag er ganz gut, redete ich mir ein. Mein Bruder Pete war einmal bewusstlos in die Pfingstrosen gefallen. Ich hatte ihn dort direkt neben dem Schrein der Heiligen Mutter Gottes liegend aufgefunden, als ich nachsehen wollte, ob bei uns im Garten jemand herumknutschte, und ich befand, dass es ein durchaus akzeptabler Ort für ihn war, um die Nacht dort zu verbringen.
Meine Mutter war da leider vollkommen anderer Meinung gewesen, und mein Hintern konnte sich immer noch sehr gut an die Lektion erinnern, die mir daraufhin erteilt worden war. Im McMullen-Clan kann man sich gut und gerne bis zur Besinnungslosigkeit betrinken, aber es grenzte fast schon an ein Verbrechen, den eigenen Bruder mit dem Kopf nach unten im Garten liegen zu lassen und ihn so am nächsten Morgen dem Tratsch der Nachbarn auszuliefern. Die Ironie des Ganzen war mir damals genauso klar wie heute, und dennoch fühlte ich mich verantwortlich dafür, den kleinen, vollkommen fertigen Hacker-Fritzen hier wieder auf die Beine zu bekommen.
»Los, komm schon«, keuchte ich, während ich meinen Arm um seine Hüfte schlang und ihn stützte. »Wach werden! Ich brauche deinen Sicherheitscode!«
Er schaffte es gerade noch, die Zahlenkombination zu nuscheln, bevor sein Kopf auf meine Brust plumpste. Ich dachte einen Augenblick lang darüber nach, ihn auf den Betonweg fallen zu lassen, um zu überprüfen, ob er das mit Absicht getan hatte. Aber da er allem Anschein nach seinen Schädel von innen betrachtete, ließ ich ihn gewähren und stieß die Tür mit meiner Fußspitze auf. Ein Kronleuchter aus Chrom und Kristall strahlte in der gigantischen Eingangshalle. Das gesamte Haus erschien mir monochrom und steril, und ich konnte weder ein Sofa noch eine Decke finden.
»Wo ist das Schlafzimmer?«, fragte ich ihn.
Er antwortete nicht. Ich schüttelte ihn ein wenig.
»Schlafzimmer!«, wiederholte ich lauter. Bei dem Wort schienen ein paar zerfetzte Nervenstränge aufeinander zu prallen.
»Oben«, krächzte er. Ich betrachtete die gewaltige Treppe, und wir setzten uns in Bewegung. Oben angekommen, war ich trotz Solbergs geringem Gewicht und meiner eigenen unglaublichen Fitness vollkommen aus der Puste.
Als ich ihn den Flur entlangschleppte, fiel mir auf, dass er mit nur einem Fuß auftrat, während er den anderen wie eine tote Ente hinter sich herschleifte. Ich stieß die Schlafzimmertür auf und ließ ihn auf die Matratze fallen.
Blöderweise zog er mich mit sich hinunter, und mit der treffsicheren Präzision eines Betrunkenen landete seine Hand genau auf meiner rechten Brust.
»Baby!«, murmelte er und drückte zu.
Mit einem Schlag bekam ich wieder genügend Luft. Ich schoss hoch, und es war durchaus möglich, dass ich ihm vors Schienbein getreten hatte, aber schließlich hatte ich seinen knochigen Hintern ohne ein einziges Wort des Dankes die ganze Treppe hinaufgeschleppt.
Ich entdeckte ein Telefon auf seinem gläsernen Nachttisch. Als ich jedoch den Hörer abnahm, um mir ein Taxi zu rufen, fiel mein Blick auf den Porsche. Im Laternenlicht schimmerte er kobaltblau und sah einfach nur sexy und ultranobel aus. Aber wirkte er nicht auch ein wenig einsam? So allein da unten? Vielleicht sollte ich ihn mit nach Hause nehmen. Natürlich müsste ich dann damit rechnen, dass Solberg nochmals auftauchen würde, um ihn sich zurückzuholen, womit mir eine neuerliche Begegnung der dritten Art bevorstand.
Auf der anderen Seite, so grübelte ich, könnte ich ihn vielleicht davon überzeugen, genauere Untersuchungen anzustellen, wenn sich sein Auto in meinem Besitz befand, obwohl ich seinen Fantasien bisher noch nicht ganz gerecht geworden war.
Die Wahrheit war, dass ich
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