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Ausziehen!

Ausziehen!

Titel: Ausziehen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Greimann
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rechtfertigen. Er starrte mich einfach nur an. Und das gefiel mir gar nicht.
    Ich zog meine Hände zurück, ohne dass er meinem Beispiel folgte. Nicht dass es ihm gefiel, mich zu berühren, es war wohl eher so, dass er befürchtete, ich würde ihm eine volle Ladung seines Pfeffersprays ins Gesicht sprühen, wenn er mich losließe. Ich muss zugeben, dass mir der Gedanke bereits gekommen war.
    »Deshalb dachte ich, ich könnte …« Ich sah weg. Es fiel mir schwer, seinem Blick standzuhalten, selbst in der Dunkelheit und obwohl ich mich für nichts schämen musste. Schließlich hatte ich Bomstad nicht umgebracht. Und wenn Solberg das Sicherheitssystem abschalten wollte, was konnte ich … Einen Moment mal. Vielleicht hatte Rivera es abgestellt, und Solberg hatte damit nichts zu tun? In diesem Fall war ich ihm keinerlei Gefallen schuldig, und Elaine hätte keinen Grund, mich bis zum Ende meines Lebens zu hassen. So, wie sich die Dinge gerade entwickelten, wäre das echt toll, da ich viele Freunde brauchen würde, um mich im Knast zu besuchen.
    »Was haben Sie gedacht?«, fragte er mich und schüttelte mich leicht. »Dass Sie in Bombers Haus einbrechen und sich hier einen netten Abend machen könnten?«
    »Das ist nicht -«, fing ich an, aber in genau diesem Moment leuchtete das Licht hinter ihm auf. Ich wollte fortfahren, aber mein Leben war mit einem Schlag merkwürdig surreal geworden.
    »Ist es das Tagebuch?«, fragte er. »Wollten Sie danach suchen? Was steht in dem verdammten Ding drin, McMullen?«
    Das Licht! Es war in einem Fenster zu sehen gewesen. Da war ich mir ganz sicher. Jetzt war es wieder weg. Nein. Da war es wieder! Nein. Weg.
    Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien, und starrte angestrengt in die Dunkelheit.
    »Was zum Teufel haben Sie gemacht, um -«
    »Da ist ein Licht!«, krächzte ich.
    »Jetzt hören Sie mal auf mit diesem -«
    Ich wand mich aus seinem Griff. »Ein Licht!«, zischte ich, und endlich setzte mein Gehirn seine Tätigkeit fort. »Ich habe das Fenster nicht aufgebrochen. Und ich gehe mal schwer davon aus, dass Sie es auch nicht waren.« Ich fuchtelte wild in der Luft herum. »Da war jemand anders am Werk!«
    Er starrte auf das Haus, zischte dann leise durch die Zähne und schob mich ins Gebüsch. »Sie bleiben hier. Haben Sie verstanden? Sie rühren sich nicht von der Stelle! Seien Sie still, und stellen Sie um Himmels willen keinen Blödsinn an!«
    Noch ehe ich etwas erwidern konnte, war er fort. Mein Herz pochte laut. Dann hörte ich noch etwas: ein Geräusch aus dem Inneren des Hauses. Jemand kam. Vielleicht hatte derjenige nach genau der gleichen Sache gesucht wie ich. Vielleicht hatte derjenige es längst gefunden.
    Mit angehaltenem Atem und zitternden Knien schlich ich näher, das Pfefferspray fest in der Hand. Ich vermisste meine Taschenlampe. Sie spendete zwar nicht viel Licht, aber es war angenehm, außer Schweiß noch etwas anderes in der linken Hand zu haben. Auf der Höhe des Fensters hielt ich an. Ich duckte mich wie ein verschüchtertes Kätzchen und wartete, und wirklich, jemand tauchte im Fenster auf - in dem schwarzen Loch, das von zackenförmigen Glasscherben umrahmt war. Mein Hals brannte vor Spannung. Wo steckte bloß Rivera?
    Plötzlich durchschnitt ein Lichtstrahl die Dunkelheit und leuchtete durch die Fensteröffnung. »LAPD! Stehen bleiben!«
    Für den Bruchteil einer Sekunde konnte ich einen Blick auf weiße Haut und dunkle Kleidung werfen, dann machte die Person einen Satz. Ich sah, wie Rivera bei dieser Attacke zu Boden ging. Der Lichtstrahl wirbelte durch die Dunkelheit. Ich vernahm ein Grunzen. Knochen trafen auf Fleisch. Jemand fluchte krächzend, dann kam der Eindringling auf die Beine und machte sich aus dem Staub.
    Im Rückblick kommt es mir so vor, als sei die Begegnung wie in Zeitlupe abgelaufen, aber in Wirklichkeit passierte alles Schlag auf Schlag, innerhalb eines Atemzuges. In einem Augenblick hockte jemand am Fenster, im nächsten Augenblick liefen Schritte an mir vorbei, hinein in die Dunkelheit.
    Rivera hustete. Verzweifelt sah ich zu ihm hinüber, dann richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Einbrecher. Eine verrückte, unbeschreibliche Sekunde lang dachte ich ernsthaft darüber nach, ihm zu folgen. Wie ich meinen Patienten zu sagen pflegte: Selbst die vernünftigsten Menschen haben wahnsinnige Momente. Mein Anfall von Wahnsinn ging zum Glück schnell vorbei. Ebenso schnell, wie die schwarze Gestalt verschwunden war, löste

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