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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Madame Colette und rettet mich vor dieser bescheuerten Lektion.
    «Pflaume, in meinem Büro warten die Direktorin und Rosy auf dich.»
    «Da hast du wohl eine Riesendummheit angestellt», sagt Simon.
    «Nein, Pflaume hat nichts angestellt. Er nicht.»
    Simon macht ein ganz komisches Gesicht.«Und was heißt das?»
    «Das, was es heißt. Aber jetzt geht es um Pflaume. Du kommst später dran.»

    Madame Papineau sitzt auf dem Stuhl der Psychologin, Madame Colette sitzt auf ihrem Schreibtisch, und Rosy sitzt auf dem Sitzkissen, das uns Kindern gehört.
    Es fällt ihr schwer, mit ihrem dicken Po auf dem Kissen im Gleichgewicht zu bleiben, und ich muss mir Mühe geben, vor all diesen ernsten Blicken ernst zu bleiben.
    «So, mein Kleiner, wir wüssten gern, wie das Wochenende bei dem Gendarmen war», beginnt Madame Papineau.
    «Seid ihr deshalb alle drei hier?»
    «Ja, mein Kleiner.»
    «Habe ich nichts angestellt?»
    «Nicht dass ich wüsste», antwortet Madame Papineau und schaut Rosy an, die mit den Händen nein sagt.
    «Dann brauchen Sie mich auch nicht Kleiner zu nennen: Ich bin schon fast zehn.»
    «Das stimmt, du bist ein großer Junge, Icare, aber das Wort Kleiner ist nicht böse gemeint, sondern liebevoll.»
    «Ich bin kein Baby mehr.»
    Und ich denke an Raymond, der auch Kleiner zu mir sagt, aber bei ihm ist es etwas anderes, er kann mich nennen, wie er will.
    «Außerdem heiße ich Pflaume.»
    Die Heimleiterin verdreht die Augen zur Decke.
    «Wir hören.»
    «Es war supercool», sage ich und kein Wort mehr.
    Ich weiß nicht, warum, aber ich habe das Gefühl, dass ich nicht alles erzählen darf, und deshalb muss ich überlegen, und das dauert seine Zeit.
    «Woran denkst du, Pflaume?», fragt die Psychologin.
    «Oh, ich habe an das Restaurant am Wasser gedacht, an den Spaziergang mit den Enten und an die Blumen im Garten von Raymond, die Jazzmusik hören.»
    «Blumen, die Jazzmusik hören? Was ist das denn?», fragt Rosy.

    «Na ja, die Blumen wachsen, wenn Musik gespielt wird. Manchmal sollte man wirklich meinen, dass du in einer Cromagnon-Höhle zu Hause bist.»
    «Und was noch, Icare?»Madame Papineau verliert allmählich die Geduld.
    «Wir haben in einem großen Bett geschlafen.»
    «Wer?»
    «Victor und ich. Camille hat in dem Bett von Victor geschlafen. »
    «Und hat es ihm nichts ausgemacht, ihr sein Zimmer zu überlassen?»
    «O nein, Victor ist sehr nett. Nur dass es lange gedauert hat, bis ich einschlafen konnte, weil er die ganze Zeit geredet hat.»
    Und ich denke mir, dass ich in diesen ganzen Lügen sicher den Überblick verlieren werde, vor allem wenn Madame Papineau Raymond die gleichen Fragen stellt.
    Ich darf nicht vergessen, ihn anzurufen und ihm einzuschärfen, dass er auch lügt.
    «Was hat er dir erzählt?», fragt Madame Colette.
    «Dass er Camille und mich beim Nintendo ausgetrickst hat.»
    «Beim Nintendo?», sagt Rosy so angeekelt, als ginge es um Kalbskopf.
    «Das ist normal in ihrem Alter», sagt Madame Papineau.
    «Normal vielleicht, aber diese Spiele sind nicht gut. Die Kinder verlieren den sozialen Kontakt.»
    «Rosy! Sie sind zu konservativ! Wenn man die Kinder einen ganzen Abend damit spielen lässt, dann haben Sie vielleicht Recht, aber ansonsten ist es gut für ihr Reaktionsvermögen.»
    «Was heißt konservativ?», frage ich, um sie daran zu erinnern, dass ich auch noch im Zimmer bin.
    «Altmodisch», antwortet Rosy.

    «Altmodisch?»Ich verstehe nur Bahnhof.
    «Ja, mein Pfläumchen. Die Direktorin will damit sagen, dass ich nicht mehr durchblicke.»
    «Das habe ich nicht gesagt, Rosy.»
    «Doch, Geneviève, das haben Sie. Aber ich schäme mich nicht, dass ich Wiegen- und Schlummerlieder diesen schwachsinnigen Spielen vorziehe. Und die Kinder haben sich noch nie beschwert. Stimmt’s, Pflaume?»
    «Ja, Rosy.»Auf eine Lüge mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an …
    «Zurück zu unseren Schäfchen. Und was habt ihr am Sonntag gemacht?»Die Stimme von Madame Colette ist so hart wie eine alte Brotkruste.
    «Wir waren im Monsterpark», sage ich,«und Camille hat sich in der Russischen Bergbahn ein bisschen gefürchtet, und deshalb habe ich sie beschützt, und hinterher habe ich mit dem Gewehr geschossen und einen Riesenteddybären gewonnen.»
    «Raymond hat dich mit einem Gewehr schießen lassen?», fragt Madame Papineau, und sie sieht aus, als hätte man sie mit einer Nadel gepiekt.
    Ich habe nicht lange genug überlegt.
    «Das war nicht seine Schuld», sage

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