Autobiografie einer Pflaume - Roman
ein freundliches Wort für uns oder für Rosy, die sich schließlich mit ihr anfreundet. Man muss gesehen haben, wie sie sich stolz wie die Pfauen vor Michel und François präsentieren. Simon hat mir erzählt, dass Michel versucht hat, sich mit Charlotte anzufreunden, und dass es keine gute Idee war, ihr an den Hintern zu fassen und dafür eine Ohrfeige zu kassieren. Seitdem hält er sich auf Abstand, und Eierkopf, der sich sowieso vor Frauen fürchtet, steckt dauernd mit Michel zusammen, und Rosy sagt:«Ach, diese Männer!», und Charlotte antwortet:«Männer? Wo?», und wir lachen und lassen unsere Muskeln spielen, die wir nicht
haben außer Simon, der viel Sport treibt, und der Bärtige spuckt auf den Boden, und François sagt:«Ist schon gut», und Rosy:«Und benehmen tun sie sich wie die Schweine, diese Lumpenkerle! »
«Ich habe eine Taschenlampe dabei», sagt Charlotte zu uns.«Und ich glaube, wir sollten Rosy wecken, damit wir zu viert nach Ahmed suchen können.»
«Super!», sagen wir, Simon und ich, weil wir schon Angst hatten, dass sie verlangt, dass wir wieder ins Bett gehen, obwohl wir uns extra angezogen haben.
Wir gehen auf Zehenspitzen mit ihr zu Rosy, um die anderen Kinder nicht zu wecken.
Ich denke an Camille, aber ich denke mir auch, dass ich es mir mit Charlotte nicht verderben darf.
Und außerdem kann ich Camille in meinen Gedanken mitnehmen.
Simon und Charlotte und ich müssen lachen wie die Irren, als wir Rosy mit ihrer Schlafmütze und ihrer Gesichtsmaske sehen und ihr Schnarchen hören, das durch die Tür dringt. Sie ist noch schwerer zu wecken als Charlotte und braucht noch länger, um sich anzuziehen, und wir müssen noch mehr lachen.
Zuerst suchen wir Ahmed in Fontaines. Wir machen alle Türen auf und finden niemanden.
«Das kann doch nicht wahr sein», sagt Rosy.«Wo kann der Kleine nur hingegangen sein?»
Sie dreht sich zu uns um und streckt den Zeigefinger wie einen Pfeil aus.«Oder habt ihr ihn etwa in einem Schrank versteckt? »
«Dann hätten wir Charlotte nicht geholt», sagt Simon.
«Ach so, ich dachte nämlich …», sagt Charlotte.
«Das erkläre ich dir gleich», unterbricht sie Rosy.«Aber wie ist er zur Tür hinausgekommen? Die ist immer abgeschlossen.»
«Da», sage ich und zeige auf das große offene Fenster, und wir stürzen nach draußen.
«Großer Gott», stöhnt Rosy.«Wenn Ahmed in den Wald gelaufen ist, müssen wir die Polizei rufen.»
«Das kann ich mir nicht vorstellen», sage ich.«Er fürchtet sich doch immer davor, in eine Pfütze zu fallen, oder davor, dass die Zweige sich wie in einem Film um ihn legen.»
«Welcher Film ist das?», fragt Charlotte.
«Ach, irgend so ein Film, den wir mal montags gesehen haben, als wir das falsche Programm erwischt hatten, aua!», sage ich, weil Rosy mich am Ohr zieht.
«Das ist der Dank dafür, dass ich euch die Zeichentrickfilme allein anschauen lasse, aber es wird mir eine Lehre sein. Wo kann der Kleine nur stecken … Oh! Da drüben, ganz nah am Wasser, da sehe ich etwas! Schnell!»
Aber Rosy täuscht sich. Es ist nur ein großer Holzklotz, und wir können suchen, so viel wir wollen, Ahmed finden wir nicht.
«Er war sicher nicht in der Nähe vom Wasser», sagt Simon,«dafür hat er viel zu viel Angst. Ich glaube, dass er auf der Stra ße unterwegs ist.»
Und schon sind wir auf der ganz dunklen Straße mit Charlottes Taschenlampe, die kaum unsere Füße beleuchtet, und das auch nur, wenn sie gerade funktioniert, und uns ist ganz schön mulmig zumute. Am Wasser hat uns wenigstens der Mond als Licht geleuchtet, aber hier ist es«so finster wie nachts im Kohlenkeller», wie Simon sagt. Wir gehen unter der Brücke durch, wo wir mit dem Bus zur Schule fahren.
«Hier finden wir ihn nicht», jammert Rosy.«Wir sollten lieber zurückgehen und die Polizei anrufen.Wir verlieren nur Zeit. Es ist zu gefährlich auf der Straße mit den Autos, die uns nicht sehen.»
Niemand antwortet. Wir sind damit beschäftigt, aufzupassen,
wohin wir gehen, damit wir nicht mitten auf der Straße landen oder im Straßengraben und in den Brennnesseln.
«Vorsicht!», ruft Charlotte.«Ein Auto! Kinder, geht zur Seite!»
Man sollte meinen, wir wären wild darauf, uns überfahren zu lassen.
Das Auto fährt an uns vorbei, und Simon schreit mir ins Ohr:«Da drüben, schaut nur, Ahmed im Scheinwerferlicht!»
Und es ist tatsächlich Ahmed im Schlafanzug und mit gewaltigem Vorsprung. Aber da er uns weder hört noch sieht
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