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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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deshalb kriegt sie eine Spritze von euch?»

    «Eine Spritze? Sie ist doch kein Hund. Wer hat dir denn diesen Bären aufgebunden?»
    «Simon hat gesagt, dass die Erwachsenen die Kindergeburtstage vergessen, weil sie den Hunden und den Großmüttern Spritzen geben müssen.»
    «Simon hat zu viel Phantasie, mein Junge. Und die Erwachsenen vergessen keine Geburtstage, schon gar nicht die ihrer Kinder, das kannst du mir glauben.»
    «Aber ich bin nicht dein Kind. Das ist Victor. Vergisst du dann meinen Geburtstag?»
    «Für Victor und mich bist du wie mein eigenes Kind, und vergessen werde ich deinen Geburtstag keineswegs, ganz im Gegenteil. Das wirst du am Samstag sehen, aber jetzt gib mir bitte Madame Papineau, mein Junge.»
    «Geneviève, für dich», sage ich und gebe ihr den Hörer und gehe schnell aus dem Zimmer, als wollte ich zu meinen Freunden laufen.
    Das ist eine Sioux-Kriegslist.
    Ich bleibe hinter der Tür stehen und höre nur, was die Direktorin sagt.
    Sie sagt:«Ja?»
    «Wie geht es Ihnen?»
    «Danke, ausgezeichnet.»
    «Monsieur Clerget schlägt Montag um fünf Uhr nachmittags vor.»
    «Ja, sicherlich, er wird da sein.»
    «In seinen Amtsräumen.»
    «Gut.»
    «Das wird ihn überglücklich machen.»
    «Auf Wiedersehen, Raymond.»
    «Ja, gewiss, am späten Vormittag, denke ich.»

    Ich frage mich, wer überglücklich sein wird und warum Raymond und Madame Papineau sich mit dem Richter verabredet haben.
    Natürlich sieht Monsieur Clerget nicht so aus wie die Richter im Film. Er hat keinen Hammer, blickt nicht streng und schickt niemanden ins Gefängnis, denn schließlich hat er mit Kindern zu tun.
    Ich fürchte mich ein bisschen vor ihm, vor allem, wenn er wütend ist. Obwohl es nur um die Hexe geht, würde ich nicht wollen, dass er mich so anschreit wie sie. Mit uns, den Kindern aus Fontaines, spricht er, als wären wir lauter Unschuldsengel, und deshalb erzählen wir ihm alles, und manchmal kommt er auf einen Satz oder ein Wort zurück, und seine Warums dringen wie Nadeln in uns ein, und nur Boris und Antoine macht das nichts aus. Boris sagt, dass Monsieur Clergets Name«im Dienst der Kirche»bedeutet, und es stimmt, dass Monsieur Clerget etwas vom lieben Gott hat. Er entscheidet darüber, wie lange wir hier bleiben, und er kann Ahmed nach Amerika schicken oder der Mama von Béatrice verbieten wiederzukommen oder uns in ein anderes Heim bringen lassen, wenn wir zu viele Dummheiten machen. Manchmal spielen wir oder trinken gerade den Nachmittagskakao, und Madame Colette kommt uns holen, weil der Richter mit uns sprechen will, und dann hat keiner von uns mehr Lust auf den Kakao oder auf das Spielen, und alle warten supertraurig darauf, dass der Übeltäter zurückkommt, als hätten wir Angst, ihn nicht wiederzusehen. Ich weiß, dass der Richter uns zuhört und nicht gegen uns ist. Und wenn er etwas tut, was uns nicht gefällt, dann ist es etwas«zu unserem Besten», wie er findet.
    Und ich frage mich, warum die Erwachsenen alles für uns entscheiden müssen und ob es daran liegt, dass wir weniger als andere Kinder wissen, was uns erwartet, wenn wir einmal sehr alt sein werden. Rosy sagt, dass der Richter Ahmed nicht
nach Amerika schicken wird, wenn Ahmed es nicht will. Und sie hat nichts von dem Revolver von der Mama von Béatrice gesagt, und Béatrice hat auch nichts gesagt, weil sie ihre Mama zu lieb hat. Und als Monsieur Clerget sie wie einen Unschuldsengel behandelt hat, da hat Béatrice einfach am Daumen gelutscht, als die Warums des Richters ihr wehgetan haben, und Monsieur Clerget hat nur gemerkt, dass es«brenzlig»wurde, wie Simon sagt, der selber einer«brenzligen»Lage entwischt ist.
     
     
    Beim Aufwachen schließt sich meine Faust, und das ist logisch, denn es ist Samstag, und ich muss keine Tage mehr abzählen, bis ich Geburtstag habe.
    Jetzt bin ich zehn Jahre alt, und alles ist wie immer, und das finde ich enttäuschend.
    Keiner spricht mit mir, weder Simon noch Ahmed, noch Rosy, nicht einmal Camille, und ich hätte zu weinen angefangen, wenn nicht Ferdinand, unser Koch, mir ins Ohr geflüstert hätte:«Stimmt es, dass du heute Geburtstag hast?»
    «Woher weißt du das?», frage ich ihn.
    «Das hat mir mein kleiner Finger erzählt.»
    «So ein Blödsinn, dein kleiner Finger kann doch nicht sprechen. »
    Ferdinand lacht und sagt:«Aber Pflaume, jeder weiß, dass du heute Geburtstag hast. Hier, das ist für dich, aber sag es nicht weiter.»
    Und er gibt mir einen ganz kleinen

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