Autobiografie eines Lügners
Erscheinen. James sagte: »Machen Sie sich keine Sorgen, lieber Junge, Sie können den Nächsten haben –, Alistair wird es Ihnen zeigen«, und ging davon, um im Nur für Chirurgen Autocar zu lesen. Nach der Operation kam Alistair heraus. Ich hatte wie besessen Anästhesie für Medizinstudenten von Gordon Ostlere (s. S. 102 , Anm. 2 ) gelesen und fragte Alistair, was ich zum Teufel tun sollte, wenn der nächste Patient reinkam. Er erklärte es. Es kam mir ziemlich einfach vor. Er sah glücklicher aus, ordentlich stolz auf seine erste Betäubung. Ich machte mir etwas von seiner und etwas von James’ Zuversicht zu eigen. »Der Mann muß mir vertrauen«, dachte ich. »Ich mach mal lieber keinen Fehler.« Und außerdem, wenn tatsächlich was schiefging, war James ganz in der Nähe.
Ich injizierte haargenau die richtige Menge Brietal und Suxemethon, stopfte dem Patienten einen Schlauch in den Hals, schob ihn stolz in den Operationssaal und schloß ihn an die Gasmaschine an. Auf halbem Wege durch die komplizierte Unterbauchoperation fing mein Patient an zu zucken. Der Chirurg musterte mich argwöhnisch. Ich drehte das CO 2 auf, weil ich in dem Buch gelesen hatte, daß dies den Schluckauf unterdrückt. Es klappte. Die Krise war vorüber, und ich hatte die Situation voll unter Kontrolle. Ich schlug unterwürfig vor, der Chirurg könne fortfahren. Dann zuckte der Patient plötzlich hoch wie ein Taschenmesser, und der Chirurg fragte mich höflich, was verdammtescheiße denn nun schon wieder sei. Ich ließ Alistair an der Gasmaschine und ging James suchen, wobei ich erwartete, daß er loswetzte, um uns zu retten. Ich traf ihn in die Lektüre des Fachblatts der Beaglezüchtervereinigung (für West-England) vertieft bei einer Tasse Kaffee und einem Gurkensandwich an. »Die Betäubung des Patienten scheint etwas nachzulassen, Sir«, sagte ich.
»Verstärken Sie sie, lieber Junge, verstärken Sie sie.«
Die Logik war zwingend. Ich ging zurück, gab einen Zacken mehr Stoff, und weder vom Chirurgen noch vom Patienten kamen weitere Klagen.
Eine von James’ größten Leistungen, im gesellschaftlichen wie im anästhetischen Bereich, war die Formel für einen neuen Punsch: 34
Es ist ein sehr elegantes Präparat, ein exzellentes Stück Pharmazeutik. Der Alkohol ist aus leicht ersichtlichen Gründen drin –, ein simples Änästhetikum. Der Honig kaschiert die Stärke der Mischung und erleichtert das Schlucken. Das Koffein im Tee läßt jeden vergessen, daß er sich gerade betrinkt, nach zwei pints von der Medizin fällt jeder hintüber, schläft ein und wacht zeitweise blind wieder auf. Die Wirkmächtigkeit des Elixir Jacobi Grimsdaecii läßt sich durch mehrere Referenzen belegen:
»Besser als das Zeug von Collis Browne.« H. Nilsson
»Ich habe mir vor Freude meinen Fußboden auf den Kopf gehauen.« Tim Brooke-Taylor
»Gansch groosche Klasche … Bwoa-ey! Oh, tut mir leid, das mit dem Blumenbeet, mein Alter.« Alan Bailey
»Kann mir um des lieben Jesulein willen mal jemand aufhelfen?« Alan Bailey
»Wer hat die Lichter ausgeknipst?« Alan Bailey
VORSICHT: Für dieses Präparat gibt es kein bekanntes Gegenmittel. Allgemeine stützende Maßnahmen und Auspumpen des Magens bieten die einzige Hoffnung auf Genesung.
Einen Monat war ich Student in der Hals-, Nasen-, Ohren-Abteilung. Ich erinnere mich, wie eines Morgens nach dem Boat Club Dinner der zuständige Krankenhausarzt zum Dienst erschien, grün und zerbrechlich. Es gehörte zu unseren Aufgaben, Patienten mit chronischem Heuschnupfen, Stirnhöhlenkatarrh usw. durch Ausbrennen der Nasenschleimhaut von übelriechendem Schorf und unangenehmen Ausscheidungen zu befreien. Ich hatte gerade mit meiner Zange in den Nasenlöchern einer netten alten Dame herumgeforscht, und in meiner Nierenschale befanden sich schuppige gelbe Klümpchen als ziemlich lohnende Ausbeute. Neben mir versuchte der Krankenhausarzt, einem Patienten in den Hals zu blicken. Ich stellte meine Schale auf den Tisch zwischen uns, und meine Patientin ging mit der Anweisung, in vier Wochen wiederzukommen, glücklich davon. Dann warf, während er durch einen Zahnarztspiegel ins Hintere der Kehle eines Patienten sah, der Kassenarzt einen flüchtigen Blick zur Seite und bemerkte die eiterverkrusteten Abschabungen. Sein Patient würgte, als müsse er sich übergeben, aber der Krankenhausarzt war Erster und göbelte ihn tüchtig voll.
Mein geschlechtliches Leben am St Swithin’s bestand darin, daß ich mit Frauen
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