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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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Idee! Ich spring auch mal kurz rein«, sagte der Mann und schoß hinter ihm her.
    John muß vierhundert Meter unter Wasser geschwommen sein, ohne zum Luftholen hochzukommen, und als er es doch tat, geschah dies neben dem Obstler aus Nottinghamshire. Keiner von uns konnte hören, was gesagt wurde, aber der stämmige Mann aus den Midlands schien von seiner Luftmatratze aus Stierkampftechniken zu demonstrieren. John schwamm hinaus aufs Meer und wurde nie wieder gesehen. (Außer manchmal.)
    Ich verbrachte die nächsten zwei Wochen auf einem cleeselosen Ibiza und suchte nach etwas, was, wie ich wußte, wahrscheinlich sehr sexy war. Ich hatte meine Freundin angerufen, und sie »schaffte es wohl nicht runterzukommen«, was eine kleine Erleichterung für mich war, weil ich ziemlich halbherzig beschlossen hatte, sie zu heiraten. In der Villa kam ein Telegramm für »Dr G. Chapman« an, und mir wurde klar, daß ich die Abschlußprüfungen bestanden hatte.
    Unglücklicherweise wurde das auch allen anderen auf Ibiza klar. Nicht einmal die Einheimischen trauten den beiden Ärzten auf der Insel: dem Humanmediziner in San Antonio nicht, der kleinere Wunden verband, indem er gleichzeitig rauchte und einen skrofulösen schwarzen Labrador tätschelte; und einem Chirurgen in der Inselhauptstadt nicht, der sich weigerte, während des Frühstücks, des zweiten Frühstücks, des Mittagessens, nachmittags bei Kaffee und Kuchen, während des Abendessens oder des Nachtessens Notfälle zu versorgen. Aber der menschliche Körper verfügt über bemerkenswerte Kräfte der Selbstheilung, und soweit ich weiß, starben nur vier Menschen aus Mangel an äskulapëischer Zuwendung, während im selben Zeitraum mindestens acht von Nonnen umgebracht wurden, die als medizinisches Hilfspersonal posierten. Die Apotheker übernahmen den Rest. Die Bauern konnten Zahnpasta mit Penicillin kaufen –, eine Garantie für rasende fungale Zahnfleischentzündung, gegen Kopfschmerzen bekamen sie Barbiturate und Zäpfchen mit Wachtelgeschmack gegen alles andere. Empfängnisverhütende Mittel waren für selbstdrehende Könige und Päpste gegen eine Schutzgebühr von 350 Neufundländischen Kopeken im Doppelpack ganz leicht erhältlich.
    Deshalb bekam ich mehrere Patienten (alberne Beschwerden), und während ich Pippa Sherman die Kniescheibe verband, wurde mir vollends klar, daß ich Arzt war und mich vielleicht wegen einer psychologischen Beschwerde selbst konsultieren sollte. Warum sah ich jede Nacht sehnsüchtig zu den Sternen auf? Warum ging ich in so viele Bars? Warum mied ich die Gesellschaft der anderen, ging gleichwohl auf der Suche nach Gesellschaft aus? Warum begehrte ich meines Nächsten Ochs?
    Es war der Quatorze Juillet, und nachdem ich mindestens catorce Cuba Libres intus hatte, saß ich im Freien vor einer Bar, rauchte meine Pfeife und fragte mich, ob ich den Ochsen sehen würde. Das begehrte Vieh kam vorbei, eine neunzehn Jahre alte Schönheit, klein und schlank, aber stark gebaut, mit Beinen wie ein russischer Ballettänzer, glatter brauner Haut, großen dunkelbraunen Augen, provokativen Lippen, einer retroussierten oder Stülpnase und Ohrläppchen, die sich der Beschreibung sperren.
    Er warf einen flüchtigen Blick in meine Richtung. Er warf flüchtige Blicke in jedermanns Richtung. Ich dachte: »Der taugt aber was, wenn ich je was gesehen habe, das was getaugt hat«, was ich nicht hatte (zumindest nicht männlich). Nonchalamment warf ich meinen Daily Telegraph zu Boden und folgte bummernden Herzens dem Ochsen in diskreter Distanz. Er ging in Richtung des Campingplatzes von San Antonio, ich versuchte, alle Gedanken an den Daily Telegraph und mein Fahrrad hinter mir lassend, auszusehen, als wollte ich ihn gar nicht einholen. Der wissende kleine Flirt blieb auf der Brücke über einen winzigen Bach stehen. Das war es, meine katechumenen Amine hatten den Zenit meines Lebens erreicht ….
    Klick. Machte der Rückspielknopf am Tonbandgerät, und David sagte:
    »Es war der 14 . Juli, und der Campingplatz war voller französischer Betrunkener, die gerade weggingen, als ich zurückkam. Ich stand gern früh auf und ging gern früh wieder schlafen, weil ich die Sonne lieber mag als Diskos voller Tippsen aus Birmingham. Zurück zum Campingplatz ging ich über die lange Straße, die von Pappeln und festlichen Lampen gesäumt ist, von Geckos gefleckt, die ein warmes Plätzchen suchen. 46 Ich sagte allerseits ›Gute Nacht‹, in allen Sprachen, jeweils in der

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