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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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sowieso an dem Tag nicht dabei war, weil längst zu Schiffe abgereist. Da war John, der Fußgänger, elterlicherseits zum Anwalt bestimmt, der sich zum radelnden hummerroten Schriftsteller und Vortragskünstler gewandelt hatte und eine kurze Schlabberhose, Turnschuhe, kein Hemd, eine Sonnenbrille mit weißem Nasenschutz aus Plastik und einen Khaki-Schlapphut trug. (»Herrje! Welch ein Wandel«, dachte ich, während wir einen Schlenker machten, um einem sterbenden Esel auszuweichen.) Doch begann diese Insel auch auf mich zu wirken. An meinem ersten Tag war ich zum Strand gegangen und hatte halboffene Haferlsandalen, Schwimmshorts aus Tweed, eine Dr-Scholl-Bakelit-Sonnenbrille und eine Sherlock-Holmes-Mütze aus Stroh getragen, jetzt dagegen nur noch abgesägte Jeans. Was geschah mit mir? Der Gedanke an diese tiefgreifende Veränderung ließ meine linke Hand schwitzen, als sie ein Exemplar des Daily Telegraph 44 zusammengerollt gegen die Lenkstange drückte.
    Von hinter uns erklang ein lautes Dröhnen, mit ohrenbetäubendem Gehupe gestreckt. Wir retteten uns rutschend an den Straßenrand, um dem monströsen Vehikel zu entkommen. Ein SEAT 600 glitt vorüber und kam quietschend in einem Gestöber aus Sand und Eselslosung zum Stehen. Marty Feldmans Kopf schoß durch das offene Verdeck wie Marty Feldmans Kopf durch ein offenes Verdeck. Als der berühmte Autor der Radio-Comedy Round the Horne hatte er eine solche Angst davor, erkannt zu werden, daß er gezwungen war, keine Schuhe, ein lila Bikini-Unterteil, einen halblangen orangefarbenen Kaftan mit lila Stikkerei, eine Halskette aus goldenen Gebetsschellen, eine Jarmulke und das Nasen-Glanzlicht »Nasolube« von Helena Rubinstein, subtil appliziert, zu tragen. Er rief: »Habt ihr den Unfall gesehen?«
    »Meinst du diesen?« sagte John und zog sein Fahrrad aus einem Busch.
    »Nein.«
    »Den mit dem Esel?« wagte ich mich vor 45 und dachte, daß es mindestens 25 . 062 Wörter her sein mußte, daß das jemand getan hatte.
    »Nein –, dieser alte Krauter, der aus dem Brunnen gezogen wurde. Ich erzähl’s euch an der Strandbar.«
    »Wramm«, machte sein SEAT 600 .
    Die nächste Woche hatten wir alle vielvielvielviel Spaß, indem wir tagsüber an den Strand gingen, abends versuchten, neue teure Restaurants zu finden, und geistvolle, irrsinnig komische Unterhaltungen führten. Eine typische Strandszene war Johns Doktor-Scholl-Sonnenbrille mit Nasenschutz, wie sie den Daily Telegraph von vorn bis hinten durchlas –, offenbar wollte sie verzweifelt alles über Politik, Fußball und Cricket erfahren; Tim Brooke-Taylor, wie er im Sand herumlief; Loretta, mit Tesafilm bedeckt, grimmig bestrebt, die Rinnen in ihren Krähenfüßen genauso braun werden zu lassen wie das übrige Gesicht, dabei literweise O-Saft mit Sekt trinkend; sowie Marty, wie er sich und die anderen amüsierte, indem er John ärgerte. Er verbrachte einige Zeit mit der Suche nach dem langweiligsten Menschen am Strand und fand ihn. Einen Gemüsehändler aus Nottingham. Er war etwa 1 , 73 groß, trug ein Strandhemd mit passender Hose, und auf dem Hemd standen die Worte SKOL, CHEERS, SALUD, UP YOURS MATE!, SANTÉ, PROUST, EIΣ HΓEIA und ein ziemlich unerklärliches DAMON RUNYON direkt unter der linken Titte. Vermutlich hatte ihn sogar der Hemdenbedrucker langweilig gefunden.

    Der Daily Telegraph vom Vortage
    Marty sagte ihm, er habe am Strand einen Freund mit einem Exemplar des Daily Telegraph vom Vortage (somit die neuesten Cricket-Ergebnisse und Informationen über den World Cup), der sich leidenschaftlich für Stierkampf interessiere, allerdings noch nie einen gesehen habe. Er fand sein Ziel in John wie eine ferngesteuerte Rakete, die darauf programmiert wurde, Frank Sinatra zu verwunden. Er wärmte sich mit detaillierten Erkundigungen über das dritte Rückspiel auf, dem eine vernichtend feinzahnige Analyse von Englands Aufstellung für den World Cup folgte. John beantwortete all seine Fragen sehr höflich, es war aber am Braunrotwerden der kahlen Stelle an seinem Hinterkopf deutlich abzulesen, daß ihn der Großhandelsobstmann mit seinen gemüsigen Aufmerksamkeiten zunehmend irritierte.
    »Waren Sie schon mal bei einem Stierkampf?« fragte der Mann.
    »Nein«, kreischte John und rannte Richtung Meer davon, wobei er erklärte, er habe seinem Tantchen versprochen, er werde regelmäßig baden, und bitte, bitte, behalten Sie den Daily Telegraph , und morgen werde er wahrscheinlich noch nicht zurück sein.
    »Gute

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